Rosenrot, rosentot
verdammt froh, dich zu sehen. Frauen mit Platten, mit gerissenen Zahnriemen, was auch immer. Dann bist du ihr edler Ritter. Sie hüpfen in deinen Truck, und schon ist die Sache klar. Du hast gleich einen Stein im Brett und kommst mit ihnen ins Gespräch.«
»Aber es kommen doch sicher auch viele Frauen in die Werkstatt.«
»Klar, aber da bin ich nur noch der Typ, der ihnen zu viel Geld abknöpft.«
»Versuch’s doch mal mit Match.com oder so. Da lernst du Frauen kennen, die kein Problem mit ihrem Auto haben.«
»Jeder hat Probleme mit seinem Auto«, widersprach Toby. »Irgendwann. Außerdem sage ich ja nicht, dass ich verzweifelt bin.«
»Nein, so hatte ich es auch nicht verstanden. Ich weiß nur von einigen Leuten, dass sie auf diese Art jemanden kennengelernt haben.«
Verlegen schweigend tranken wir unser Bier. Ich ärgerte mich darüber, dass ich das mit dem Online-Dating erwähnthatte. Langsam wurde ich zu einer dieser überheblichen verheirateten Frauen.
»Also ... hat die Polizei schon mit dir geredet?«, fragte Toby.
»Nein«, antwortete ich überrascht. »Die wissen doch gar nicht, dass ich in der Stadt bin.«
»Das vielleicht nicht, aber sie haben überall in Fox Hill herumgefragt.«
»Ach ja? Davon hat Charlotte gar nichts erzählt.«
»Neulich haben sie mit meinem Bruder gesprochen.«
»Aha. Und mit dir auch?«
»Nee, für mich interessieren die sich weniger. Joe war damals gewissermaßen mit Rose befreundet, aber ich war erst elf.«
»Ich ebenfalls«, erinnerte ich ihn.
»Schon, aber du bist was Besonderes.«
Ich nippte an meinem Bier. »Ich bin nichts Besonderes, Toby.«
»Klar bist du das. Du warst die Letzte, die sie gesehen hat.«
»Ja. Trotzdem kann ich denen gar nichts sagen. Ich bin zwar inzwischen älter, und Rose wurde tot aufgefunden, aber das ändert nichts an dem, woran ich mich aus der Zeit erinnere.«
» Die Letzte, die sie lebend sah «, zitierte Toby kopfschüttelnd. »Das muss ganz schön hart für dich gewesen sein.«
Ich nahm noch einen Schluck Bier. Dieser Titel fing an, mir gewaltig auf die Nerven zu gehen.
»Ich kann mir Schlimmeres vorstellen«, erwiderte ich achselzuckend.
Toby verdrehte die Augen. »Was nicht bedeutet, dass es nicht trotzdem hart war. Okay, erzähl. Bist du hergekommen, um mit ein paar alten Geschichten abzuschließen?«
»Wer bist du? Dr. Phil?«
»Nein, ich bin nicht Dr. Phil, sondern bloß neugierig.«
»Ehrlich gesagt weiß ich selbst nicht, was ich mir dabei gedacht habe. Anscheinend habe ich gar nicht groß nachgedacht, als ich beschloss, hierherzukommen.«
»Tja, das ist schon okay«, meinte Toby und tutete in seine Bierflasche. »Nachdenken wird manchmal auch überbewertet.«
Diese typische Toby-Reaktion brachte mich zum Kichern. Offenbar wollte er das Thema abhaken.
»Stimmt.«
»Ihr seid beide komisch, weißt du das? Vielleicht kitzelt ihr das gegenseitig aus euch heraus.«
»Wer?«
»Du und Charlotte. Erinnerst du dich noch daran, wie ihr mich bestochen habt, damit ich Rose’ Kater kidnappe? Ihr dachtet, er würde euch dabei helfen, sie zu finden, oder so.«
»An eine Bestechung erinnere ich mich nicht.«
Toby zögerte. »Charlotte gab mir eine Zweiliterflasche Pepsi.«
»Na, eine Flasche Pepsi war nichts für sie. Ihr Dad hatte immer einen Riesenvorrat von dem Zeug, einen ganzen Schrank voll. Und ich wusste gar nicht, dass ihr zwei einen Deal hattet.«
»Du glaubst gar nicht, was für ein Akt das war, das kleine Mistvieh zu Charlotte zu schaffen! Tagelang bin ich um das Banks-Haus herumgeschlichen, bis ich ihn endlich zu packen kriegte. Das erste Mal, als ich ihn hochhob, kratzte er mir die Arme und den Hals blutig und hätte mir fast ein Auge ausgehauen.«
»Hoffentlich nicht dein gutes Auge.«
»Egal, er hat mich ja nicht erwischt. Und am Ende bekam ich ihn. Ich stülpte ihm einen dicken Müllsack über und schnürte ihn ein.«
»Wie furchtbar!«, rief ich. »Er hätte ersticken können.«
»Unterwegs habe ich den Sack immer wieder aufgemacht, damit frische Luft reinkam. Ihr Mädchen wolltet diesen Kater unbedingt. Und Katzen kommen nun mal nicht, wenn man pfeift. Ihr müsst gewusst haben, dass es haarig wird.«
»So dringend wollte ich ihn gar nicht.«
»Charlotte schon.«
»Hätte sie gewusst, dass er beinahe erstickt wäre ...«
»Das wusste sie.«
»Wirklich?«
»Oh ja! Sie hat mir doch aufgemacht, als ich mit dem zuckenden Müllsack bei ihr ankam. Bis dahin hatte das Vieh den Sack schon halb
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