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Rosenrot, rosentot

Rosenrot, rosentot

Titel: Rosenrot, rosentot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emily Arsenault
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Außerdem war – nachdem ich ihn gesehen hatte – die Aussicht, mit Toby herumzuknutschen, zu einem traurigen Trostpreis verkümmert.
    Heute kam mir das blödsinnig vor. Als die beiden nebeneinandergesessen hatten, war mir aufgefallen, dass sie außer den dunklen Haaren und dunklen Augen kaum etwas gemeinsam hatten – und Toby schien sich weit besser gemacht zu haben als Joe. Aber vielleicht würde ich es auch anders sehen, wenn ich Joe an einem besseren Tag erlebte.
    »Schieli«, begann ich. »Hör mal.«
    Toby zupfte an dem Haar über seinem Ohr. »Es ist schon eine Weile her, dass mich jemand so genannt hat.«
    »Es tut mir ehrlich leid wegen der Nacht damals. Nach dem Ball, meine ich, weißt du noch?«
    Toby schüttelte den Kopf und trank von seinem Bier. »Lass es gut sein, Nora. Das ist jetzt wie lange her? Zehn Jahre?«
    »Neun.«
    »Okay, dann eben neun. Manche Dinge erledigt die Zeit, und man muss nicht mehr über sie reden. Auch wenn ich es damals nicht richtig verstanden hab, heute verstehe ich es.«
    »Okay. Tut mir leid, dass ich davon angefangen habe.«
    »Muss es nicht. Weißt du, was ich glaube? Dein Problem ist, dass du nie wieder hier warst. Vielleicht denkst du unbewusst, dass hier alles stillgestanden hat, seit du gegangen bist. Dudenkst, jeder fährt noch dasselbe Auto, hört noch denselben Radiosender ... Du denkst, dass ich immer noch Schieli bin – und immer noch dicke Eier von der Nacht habe ...«
    Ich wurde wieder rot und glotzte auf mein Bier.
    »Jetzt lach doch mal!«, forderte Toby mich auf. »Das war ein Scherz! Heute ist das alles doch nur noch witzig.«
    »Danke«, sagte ich. »Ja, ich weiß. Ich bin bloß ein bisschen langsam.«
    Toby zuckte mit den Schultern und trank sein restliches Bier.
    »Wie kommen denn die Banks mit alldem zurecht?«, lenkte ich das Gespräch wieder auf Rose. »Was glaubst du, wie es ihnen geht?«
    »Bis jetzt haben sie sich nicht sehr verändert. Mr. Banks wirkt ein bisschen traurig, aber seit er im Ruhestand ist, scheint ihn das Gärtnern glücklich zu machen. Und Mrs. Banks ... die ist immer noch umtriebig. Hast du gewusst, dass sie jetzt Autoverkäuferin bei Honda ist?«
    »Nein, das wusste ich nicht.«
    »Sie ist sogar die beste Verkäuferin dort, was im Grunde keinen wundert. Es liegt ihr einfach, Leute zu bequatschen.«
    Ich nickte. Als die Banks noch ihr Restaurant gehabt hatten, war Mrs. Banks immer von Tisch zu Tisch gegangen, hatte mit allen geplaudert und jedem Gast das Gefühl gegeben, ein beliebter Stammgast zu sein. Das »Popovers« war ein bisschen schicker und deutlich teurer gewesen als die meisten anderen Restaurants in der Stadt, die zudem meist altmodischer waren. Sie hatten es ungefähr ein Jahr nach Rose’ Verschwinden geschlossen.
    »Redest du öfter mit ihnen?«, fragte ich.
    »Mit Mr. Banks manchmal. Ich habe ihm bei seiner Weihnachtsbeleuchtung geholfen. Aber er ist eher ein ruhiger Typ. Und Mrs. Banks ist nicht viel zu Hause. Oder zumindest nicht im Garten. Seit dieser letzten Geschichte mit Rose habe ich mit keinem von ihnen gesprochen, falls du das meinst. Ich wüsste auch gar nicht, was ich zu ihnen sagen sollte.«
    »Ja, das kann ich mir vorstellen.«
    Wieder ertönte ein Lachen von Joes Barhocker, und wieder dachte ich dabei an den älteren Elvis. Joes Lachen erinnerte mich an jene Aufnahme, bei der Elvis es nicht durch den Text von »Love Me Tender« schafft und dauernd Witze reißt oder lacht, weil er high oder auf eine andere Art weggetreten ist.
    »Ist alles okay mit ihm?«, fragte ich Toby.
    »Ja. Die letzten paar Wochen waren nur hart für ihn. Er hat sich von seiner Freundin getrennt, deshalb wohnt er im Moment bei mir. Und diese Sache mit Rose ... Du weißt ja, dass die beiden befreundet waren, als Kinder zumindest. Das trifft ihn schon irgendwie.«
    »Und dann so kurz nachdem euer Dad ...«, ergänzte ich mitfühlend.
    Toby nickte und blickte von seinem Bier zu mir auf. Seine Augen verblüfften mich; ich hatte vergessen, wie es war, ihm in die Augen zu sehen. Auf der Highschool hatte ich es bei den meisten Leuten schwierig gefunden, sie direkt anzusehen – nicht so bei ihm. Da sein eines Auge stets leicht abgewandt war, kam es einem sowieso vor, als würde er einen gar nicht richtig angucken. Das hatte mir an ihm gefallen.
    »Woran denkst du?«, fragte ich.
    »An Rose«, antwortete er ein wenig traurig. »Ich war ein bisschen in sie verschossen, fand sie unglaublich cool.«
    »Ich auch.«
    »Erinnerst du dich

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