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Rosenrot, rosentot

Rosenrot, rosentot

Titel: Rosenrot, rosentot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emily Arsenault
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daran, dass ich die vierte Klasse wiederholen musste?«
    »Ja.«
    »Zum Teil war es, weil meine Großmutter gestorben war und ich in dem Jahr, als ich die Lungenentzündung hatte, so viel gefehlt hatte – nur, falls du das nicht mehr weißt. Aber, seien wir mal ehrlich, ich war auch ein kleiner Holzkopf.«
    »Oh nein, fang bloß nicht so an ...«, begann ich und stellte entsetzt fest, dass ich wie meine Mutter klang. Anscheinend reichte es, wenn ich geografisch in ihrer Nähe war, und schon veränderte sich mein Sprachmuster.
    »Aber sie hat sich nicht über mich lustig gemacht, im Gegensatz zu fast allen anderen.«
    Ich schwieg. Vermutlich zählte ich zu »fast allen anderen«. Zumindest hatte ich Toby nie in Schutz genommen.
    »Ich weiß noch, wie sie und mein Bruder mit mir redeten und versucht haben, mich zu trösten. Rose wollte es so hinstellen, als wäre es etwas Gutes, und meinte immer wieder: ›Was du durchgemacht hast, war schwerer, als die anderen es sich vorstellen können. Und sobald du dieses Jahr geschafft hast, wirst du etwas haben, was sie nicht haben – und nicht mal verstehen. Du wirst besser sein als sie, tougher als sie, weil du nämlich weißt, dass du in der Lage bist, so etwas durchzustehen.‹ Das ist natürlich kein wörtliches Zitat, aber bei ihr klang es trotzdem immer, als wäre Sitzenbleiben so etwas wie eine Auszeichnung. Und ich kaufte es ihr ab. Na ja, ich war halt nicht besonders klug.«
    »Trotzdem fühltest du dich dadurch besser, stimmt’s?«
    »Ja«, gab Toby mir recht. »Rose hatte wirklich eine Menge Quatsch auf Lager.«
    Ich nickte zwar, aber nur verhalten, denn im Grunde dachte ich das nicht von ihr. Doch wie es sich anhörte, hatte sie eine vollkommen andere Seite von sich gezeigt, wenn sie mit Jungen zusammen war. Ich war so in Gedanken versunken, dass ich nicht einmal bemerkte, dass die Kellnerin unsere Rechnung brachte. Toby schnappte sie sich, bevor ich ihn aufhalten konnte.
Mystische Stätten
Oktober 1990
    Mystische Stätten war eins meiner Lieblingsbücher aus Charlottes schwarzer Reihe. Nicht dass mich Atlantis besonders interessiert hätte, aber ich mochte die Bilder zu den anderen Artikeln – von den ägyptischen Pyramiden und Stonehenge. Vor allem Stonehenge. Die Pyramiden fand ich zwar eindrucksvoll, aber letztlich nicht mehr besonders rätselhaft, seit wir in der vierten Klasse ägyptische Geschichte durchgenommen hatten. Ganz anders sah es bei Stonehenge und den Druiden aus. Sie umgab eine Aura des Verbotenen, denn über sie verloren die Lehrer kein Wort. Mir fiel auf, dass die Pyramiden auf den Bildern immer von einer gleißenden Wüstensonne beschienen waren, Stonehenge hingegen fast immer unter einem sich verdunkelnden Himmel zu sehen war. Und während die gemalten Ägypter so gut wie nichts anhatten, waren die Druiden in unheimliche Umhänge gehüllt. Ich hatte große Achtung vor den Ägyptern, aber ich fürchtete und verehrte die Druiden.
    Charlotte mochte Mystische Stätten nicht so gern, ließ mich den Band aber herausholen, wenn wir unsere Reise planten –die Weltreise, die wir machen würden, wenn wir achtzehn wären, gleich nach dem Schulabschluss. Dann wäre Rose bereits dreiundzwanzig – was schier unvorstellbar war –, doch sie würde mit uns kommen, falls sie bis dahin nicht selbst schon Kinder hätte. Charlotte hatte Wochen zuvor in der Bücherei unscharfe Kopien von der Weltkarte gemacht und sie zusammengetackert. Nun hing sie an ihrer Pinnwand, und kleine rote Papierfähnchen markierten unsere Reiseziele. Stonehenge war auf mein Drängen hin hinzugefügt worden. Es passte sowieso zu unserer Reiseroute, weil die Spukschlösser in Irland und Schottland, die Charlotte erforschen wollte, nicht weit davon entfernt waren.
    Während wir noch unsere Fähnchen in Großbritannien verteilten und immer wieder die Ortsnamen überprüften, so gut wir konnten, wurde es Rose bereits langweilig. Sie holte sich Unheimliche Begegnungen mit Außerirdischen aus Charlottes Stapel und blätterte darin herum.
    »Können wir zum Bermudadreieck?«, fragte Charlotte, als wir fertig waren.
    Rose sah blinzelnd von ihrem Buch auf.
    » KÖNNEN WIR ZUM BERMUDADREIECK ?«, wiederholte Charlotte zu laut.
    »Sei nicht so ungezogen, Charlotte. Ich habe dich schon beim ersten Mal verstanden.«
    »Und wieso antwortest du dann nicht?«
    »Weil ich nachgedacht habe.«
    »Nein, das hast du nicht! Du hast gelesen.«
    Trotzig las Rose noch ein paar Zeilen, bevor sie Charlotte

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