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Rosenrot, rosentot

Rosenrot, rosentot

Titel: Rosenrot, rosentot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emily Arsenault
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versucht, machten eine Zeit ab, wenn ihre Eltern schliefen. Allerdings nahmen wir keine Taschenlampen, sondern schalteten einfach das Licht an und aus. Im Morse-Rhythmus. Ich weiß noch, wie wir ein paar Stunden lang hier hockten und darauf warteten, dass sie uns Zeichen schickte.«
    »Das war ein bisschen unheimlich«, fügte Toby hinzu. »Denn sonst gingen wir nachts nie in dieses Zimmer.«
    »Wie niedlich«, fand ich.
    »Ja«, pflichtete Joe mir bei. »Aber das ist noch nicht die ganze Geschichte. Rose wurde die Sache rasch zu langweilig. Einige Monate später standen wir dann an der Bushaltestelle, und sie sagte plötzlich: ›Wo wart ihr beide denn letzte Nacht? Ich habe euch zwei Stunden lang SOS gemorst.‹ Als würden wir jede Nacht unterm Dach darauf warten, dass sie vielleicht mal wieder Lust hätte, uns Lichtzeichen zu schicken.«
    »Wie seltsam. Denkt ihr, dass sie in Schwierigkeiten war?«
    »Schwierigkeiten? Nein. Sie war ein bisschen traurig, weil ihre Eltern sich stritten, aber nicht in Schwierigkeiten. Rose dramatisierte ganz gerne mal.«
    Du bist so eine hysterische Ziege, Rose. Weißt du das? Ich dachte an Aaron und Rose an der Straßengabelung.
    »Tja, trotzdem ist es eine nette Geschichte«, sagte ich.
    »Ja.« Joe runzelte die Stirn. »Ich glaube, ich brauche jetzt eine Zigarette.«
    Mit diesen Worten wandte er sich vom Fenster ab und stieg die Treppe hinunter.
    »Früher war er oft hier oben«, flüsterte Toby. »Gleich nachdem Rose verschwunden war. Vielleicht hoffte er, dass ihr Wohnzimmerlicht doch mal wieder blinkt.«
    »Mein Gott, Toby, wie traurig!«
    Toby sah eine ganze Weile stumm aus dem Fenster, ehe er sich zur Treppe umdrehte.
    »Ja, das ist es«, stimmte er mir zu.
    »Toby?« Er drehte sich zu mir um.
    Auch ich hatte die Stimme nun zu einem Flüstern gesenkt. »Denkst du, dass Joe und Rose jemals ... mehr als Freunde waren?«
    Toby kam näher. »Ja«, antwortete er leise. »Ja, ein bisschen mehr vielleicht.«
    »Ein bisschen mehr?«
    »Na ja, sie sind nie zusammen ausgegangen. Das hätte auch nicht funktioniert, weil sie ja so beliebt war und so. Außerdem war sie den größten Teil ihrer Highschoolzeit mit diesem Aaron zusammen, oder? Ja, aber ich glaube, da war mal eine Schwärmerei, auf beiden Seiten. Das war ziemlich offensichtlich.«
    »Hm.«
    »Wieso fragst du?«
    »Mir kam nur so der Gedanke. Wahrscheinlich wegen der Art, wie er von ihr spricht. Sonst nichts.«
    Toby musterte mich. »Hat die Polizei mit dir geredet?«
    »Ja.«
    »Haben sie nach meinem Bruder und Rose gefragt?«
    »Nein. Im Grunde haben die mich überhaupt nicht viel nach irgendetwas gefragt.«
    Er nickte, klopfte mir freundschaftlich auf die Schulter und stieg die Treppe hinunter.
    Ich folgte ihm in Joes Zimmer. Kurz bevor wir hinausgingen, hob er instinktiv eine Hand, um das Licht auszuschalten, zog sie allerdings schnell wieder zurück, denn es war bereits aus. Bei seiner Handbewegung fiel mein Blick auf die Tapete über dem Lichtschalter. Der cremefarbene Hintergrund war fleckig vom Zigarettenqualm, doch bei genauerem Hinsehen bemerkte ich, dass die violetten Muster darauf gar keine Blumen waren. Es waren Blaubeeren.
    »Blaubeertapete«, murmelte ich und trat hinter Toby auf den Flur, wo er stehen blieb.
    »Ja«, sagte er. »Die muss damals ein Schnäppchen gewesen sein, denn diese Tapete hängt hier, in meinem Zimmer, unten im Bad und im Wandschrank.«
    Ein Stück weiter schaute ich noch einmal in Tobys Zimmer. Er hatte natürlich recht. Ich sah hinüber zu dem Bett, auf dem wir vor so vielen Jahren herumgeknutscht hatten.
    »Daran habe ich mich gar nicht mehr erinnert. Also warst du das mit der Blaubeertapete.«
    »Und?«
    Ich trat in das Zimmer und berührte eine der winzigenBlaubeeren. Die Blaubeertapete wurde in einem der Gedichte im Looking Glass erwähnt, und je mehr ich darüber nachdachte, umso unwahrscheinlicher kam es mir vor, dass Sally Pilkington etwas mit den Gedichten zu tun haben könnte.
    »Ich war doch in diesem Zimmer. Wie kann ich das nur vergessen haben?«
    »Das eine Mal, das du hier oben warst, waren wir ein bisschen beschwipst – aber wiederum nicht betrunken genug, als dass wir herumgesessen und die Tapete angestarrt hätten.«
    »Kann ich so verrückt gewesen sein?«, fragte ich Toby. »Kann ich das wirklich vergessen haben?«
    Toby strich sanft über meine Hand, nur für einen kleinen Moment. »Was meinst du? Verrückt, weil du die Tapete vergessen hast?«
    »Nein, nicht bloß

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