Rosenrot
entging. Wie unprofessionell man im Grunde war.
›Dafür gibt es heutzutage gute Medikamente‹.
Anschließend ging Hjelm auf die Ereignisse in der Wohnung in Flemingsberg ein. Da gab es nichts Neues. Ein längerer Wortwechsel endete damit, dass Kerstin sagte: ›Ich glaube nicht, dass Winston Modisane überhaupt geschossen hat.‹ Und Dag Lundmark sah sehr zufrieden aus.
Diese Zufriedenheit ließ Hjelm und Holm Blicke austauschen. Sie wechselten die Richtung. Die improvisierte Anklageerhebung kam in Gang. Sie endete weit später mit der Schlussfolgerung, dass Lundmark sich des Versuchs schuldig gemacht habe, ›einen Mord hinter einem geringeren Verbrechen zu verbergen‹.
Dag Lundmarks Lächeln sah unbestreitbar ein wenig hohler aus. Er sagte – und seine Stimme klang spürbar besorgt: ›Heißt das, dass der Staatsanwalt eingeschaltet ist? Dass ihr vorhabt, mich über Nacht in Arrest zu nehmen?‹
›Nein‹, sagte Paul Hjelm. ›Aber wir wollen uns morgen weiter mit dir unterhalten.‹
Dazu kam es nie.
Paul und Sara blickten sich an. Was war der nächste Schritt? Und würden sie es schaffen, ihn zu tun? Gab es überhaupt noch die Möglichkeit? Es war Freitagabend, neun Uhr. Es war wohl an der Zeit, nach Hause zu fahren, trotz allem.
Nach Hause zur Liebe. Stark wie der Tod und feurig wie eine Flamme des Herrn.
Auch wenn es sich nicht immer so anfühlte.
Und es wurde Abend, und es wurde Morgen, der dritte Tag.
32
Es war schwer, mit dem Finger genau auf den Punkt zu zeigen, an dem Gunnar Nyberg genug bekam. Wahrscheinlich war es, als Chavez sein drittes warmes Würstchen mampfte.
Er stieß die Wagentür auf und stürzte hinaus in den strömenden Regen.
Verdammte, blöde Scheiß-Karotten. Beschissener, stinkender, ekliger Sellerie. Schweinisch muffiger, beschissener Kack-Kaffee.
Allerdings musste man es wohl eine Projektion nennen.
Er war weniger wütend auf die Diät als auf Carl-Ivar Skarlander. Dessen Villa zwanzig Meter vor ihnen lag. So dunkel wie die stockdunkle Nacht.
»Jetzt gehen wir rein«, sagte Gunnar Nyberg.
Chavez sah ihn an und warf einen Blick auf die Uhr. »Ich habe getan, was ich konnte«, sagte er. »Ich kriege Hultin nicht zu fassen. Er ist nicht im Präsidium und nicht zu Hause. Seine Frau schien sich nicht besonders zu sorgen. Und es ist schwierig, ohne eine richtige Autorität spät am Freitagabend einen Staatsanwalt aufzutreiben. Und jetzt ist es drei. Komm rein und setz dich. Schlaf eine Weile. Ich kann aufpassen.«
»Nein«, sagte Gunnar Nyberg. »Ich geh rein.«
»Hör schon auf«, sagte Chavez. »Was willst du machen, wenn wir etwas finden? Jeder Beweis wird für ungültig erklärt.«
»Dann melden wir einen Einbruch im Björnhagsväg«, sagte Nyberg und trabte los, dem Haus zu. »Anonym«, rief er über die Schulter.
Chavez mühte sich aus dem Wagen und sah sich um. Niemand in der Nähe. Weit bis zu den Nachbarhäusern. Kein Zeuge.
Immerhin etwas.
Nyberg war bereits an der Haustür. Da saß eine raffinierte Alarmanlage. Das war weniger gut. Vielleicht gab es sogar Überwachungskameras. Er blickte um sich. Es waren keine zu sehen. Anderseits war genau das der Sinn der Sache.
»Schaffst du die?« fragte er Chavez.
Chavez betrachtete die Alarmanlage und seufzte. »Natürlich nicht.«
»Ich schlage vor, wir haben einen Tipp erhalten«, sagte Nyberg. »Wir waren gezwungen, auf einen Tipp hin zu handeln. Es war dringend.«
»Wie meinst du das?« fragte Chavez.
Eine Sekunde später verstand er.
Nyberg trat die dicke Tür ein. Alle Lampen im Haus blinkten wild. Ein prächtiger Einbruchsalarm bohrte sich in ihre Trommelfelle. Nyberg ging ins Haus und schoss die ganze Alarmanlage herunter. Leerte das Magazin in die kleine weiße Box. Sofortige Stille. Und pechschwarze Dunkelheit.
»Na, wer sagt‘s denn«, murmelte er und knipste die kleine Taschenlampe an, die an seinem Schlüsselbund hing. Dann begann er, durchs Haus zu gehen.
Es waren viele Zimmer, absurd viele Zimmer. Hier wohnte also ein einzelner Mann. Und in Stockholm herrschte akuter Wohnungsmangel.
Chavez fand eine Kerze, die er mit einem Streichholz aus einer Schachtel auf dem Esstisch anzündete. Mit dieser Kerze in der Hand wanderte er im Haus herum. Er fühlte sich nicht besonders professionell dabei.
»Du bist vollkommen wahnsinnig«, murmelte er und versuchte, die kleine Flamme nicht erlöschen zu lassen.
Während sie mit gezogenen Dienstwaffen von Zimmer zu Zimmer gingen, sagte Nyberg: »Wir
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