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Rosenrot

Titel: Rosenrot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arne Dahl
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können verdammt noch mal nicht da draußen sitzen und auf Dag Lundmarks Angriffe warten. Und er wird angreifen. Er ist nachtragend, glaub mir, ich weiß es. Er wird nie vergeben. Ich weiß, was für ein Typ
    das ist. Ich war selbst so einer. Ein mieser Scheiß-Bulle. Und Angriff ist die beste Verteidigung.«
    »Aber warum sollten wir hier etwas finden? Skarlander ist abgehauen, ganz einfach. Er weiß, dass er entlarvt ist. Er hat gravierende Verbrechen begangen, und er will nicht ins Gefängnis. Er ist nach Guam geflogen und sitzt bei einem Drink mit Ananasscheiben und vier kleinen Sonnenschirmen am Pool. Und ich wette, er plätschert mit den Füßen im Wasser. Während wir festgenommen und suspendiert werden.«
    »Feigling«, sagte Gunnar Nyberg.
    »Blödmann«, sagte Jorge Chavez.
    Die Weisheit war mit Händen zu greifen.
    Das große Haus war vollständig schwarz. Die kleinen Lichter tasteten in der Finsternis. Küche. Bibliothek. Zimmer auf Zimmer von unbestimmbarer Funktion. Wenn man seine Zimmer nicht mehr benennen kann, weiß man, dass man auf großem Fuß lebt. Trainingsraum. Der Heimtrainer sah im schwachen Licht aus wie ein geklönter Roboter. Krafttrainingsgeräte verschiedener Art. Völlig leere Zimmer, ohne das geringste Einrichtungsstück. Als hätte die Phantasie einfach gestreikt. Kein Gedanke daran, auch nur vorzuspiegeln, dass das Zimmer genutzt wurde. Verschiedene Gerüche von Abgestandenheit, Verlassenheit. Scheidungsgerüche.
    Im Erdgeschoss waren sie fertig. Mit dem Keller warteten sie, der kam zuletzt. Die Vorstellung, die enge Betontreppe hinunterzusteigen, war wenig einladend. Etwas sträubte sich dagegen.
    Statt dessen die Treppe in die oberen Stockwerke. Im ersten lagen die Schlafzimmer. Sie warfen in jedes einen Blick. Die Lichter begannen zu flackern. Nyberg schüttelte seine Taschenlampe immer wieder. Die Batterie neigte sich dem Ende zu. Und Chavez‘ Kerze drohte die ganze Zeit im Luftzug auszugehen. Er bereute, dass er die Streichholzschachtel auf dem Esszimmertisch liegengelassen hatte. Die Schlafräume waren leer und unbenutzt. Nur einer schien benutzt zu sein. Ein Duft ging davon aus. Frisch, kräftig, gesund.
    Sie traten ein. Die Tür stand zu drei Vierteln offen. Chavez flackernde Flamme ließ ihren schwachen Widerschein über die Stuckatur wandern. An den Fensterscheiben perlte der Regen hinab. Der unbestimmbare Duft war plötzlich sehr stark.
    Auf dem Fußboden vor dem Kleiderschrank lag ein halb gepackter offener Koffer.
    Und im Bett lag ein Mensch ohne Kopf.
    Chavez schrie auf und ließ die Kerze fallen. Sie zischte und erlosch. Nyberg ging instinktiv ein paar Schritte näher ans Bett. Der kleine Lichtkegel seiner Taschenlampe flackerte auf. Er schüttelte sie. Der Lichtschein stabilisierte sich.
    Es war nicht gerade ideal, um ganz ohne Licht zu sein.
    Das halbe Bett war rotgefärbt. Der Körper lag auf dem Rücken, mit ordentlich gefalteten Händen. Er trug einen Anzug und einen mit Pillen verzierten Schlips, Arzneimittel in allen Farben des Regenbogens.
    Der Duft kam vom Blut. Frischem Blut.
    »Herrgott«, sagte Chavez.
    Nyberg schwieg. Seine kleine schwache Lampe näherte sich der Halsregion. Der Lichtkegel zitterte.
    »Hier steckt etwas drin«, sagte er heiser.
    »Steckt drin?« sagte Chavez schrill. »Was steckt da drin?«
    »Inder... Kehle.«
    Nyberg beugte sich vor. Es gelang ihm, einen Plastikhandschuh aus der Innentasche zu zerren und ihn über seine rechte Hand zu ziehen. Inzwischen näherte sich sein Blick der enormen Wunde. Schließlich blickte er direkt in die durchschnittene Kehle hinein. In den Körper.
    Die behandschuhte Hand fasste den Gegenstand und zog ihn heraus. Dabei entstand ein schlürfendes Geräusch, das keiner von ihnen jemals vergessen würde.
    Es war eine Zigarrenhülse aus Metall. Ein verschlossener Aluminiumzylinder. Nyberg versuchte, den Korken zu fassen. Es ging schwer. Seine Hände zitterten. Zu keinem Augenblick versuchte Chavez, ihn zur Eile anzutreiben. Der kleine und der große Mann standen dicht zusammen in dem dunklen Zimmer.
    Plötzlich gab der Korken nach und flog durchs Zimmer. Sie sahen in die kleine Hülse. Darin lag ein zusammengerolltes Stück Papier. Wie eine Flaschenpost.
    »Nimm du es heraus«, sagte Nyberg. »Mein Handschuh ist blutig.«
    Chavez zog sich einen Handschuh über. Er saß falsch herum, der kleine Finger steckte im Daumenloch. Das spielte keine Rolle. Er angelte das Papier heraus. »Leuchte mal«, sagte

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