Rosenrot
das ›Plejehjem‹ in Slangstrup.«
»Slangerup«, sagte Hjelm und wanderte zur Toilette.
»Whatever«, sagte Söderstedt in seinem Rücken.
»Fertig«, sagte Nyberg in der Toilette. Er trat einen Schritt zurück und betrachtete sein Meisterwerk. Ein paar Teile fehlten. Sie waren heruntergespült worden. Aber aus den übrigen war eine zusammenhängende Fotografie entstanden.
Sie stellte Dag Lundmark und Anders Sjöberg dar.
Sie hatten die Arme umeinander gelegt und lachten. Sie hatten Hüte aus Zeitungspapier auf dem Kopf. Im Hintergrund waren Bäume zu sehen. Als stünden sie an einer Waldlichtung.
Es war kein gutes Gefühl.
Ganz und gar nicht.
36
Samstagnachmittag, der achte Dezember. Nichts. Keine Spur. Der Energiekick war von einem enormen Vakuum abgelöst worden.
Alle versuchten, etwas zu tun, und alle taten wirklich etwas – doch nichts brachte sie voran. Sie traten auf der Stelle. Der Samstag verging. Der Sonntag verging ebenso.
Dead end.
Sackgasse.
Lotte Kierkegaard in der Thorsgade in N0rrebro nahm nicht ab. Es war Samstag. Bestimmt war sie unterwegs und amüsierte sich. Wie alle vernünftigen Menschen.
Nach vielem Hin und Her gelang es Sara Svenhagen, ihren Arbeitsplatz ausfindig zu machen. Sie war Bibliothekarin an der Universitätsbibliothek in Kopenhagen. Nach einer Reihe von Anrufen hatte sie endlich eine Handynummer in Erfahrung gebracht.
Es war halb fünf, als sie zu ihr durchkam, mitten in weinseligen Festvorbereitungen auf dem Lande. Wie sich zeigte, nicht weit von Slangerup entfernt.
»Sie haben dort also ein Sommerhaus?«
»Ja, in Lystrup Skov«, sagte Lotte und machte »Pschscht!«. Im Hintergrund war wüster Lärm zu hören.
»Haben Sie Kerstin dorthin gebracht?«
»Am Ende der Schwangerschaft fuhren wir hier hinaus. Ich wusste, dass die Klinik eine Viertelstunde mit dem Auto entfernt lag. Wir hatten geplant, dass ich sie hinfahre, wenn es soweit wäre. Reingehen musste sie selbst, obwohl die Fruchtblase schon geplatzt war. So wollte sie es. Keine Spuren.«
»Wie haben Sie sich kennen gelernt?«
»Kerstin war ziemlich viel in Kopenhagen, als sie zur Polizeihochschule ging. Am Anfang mit einer Freundin, später allein. Wir lernten uns in einer Kneipe kennen, ganz einfach. Sie war damals eine ganz wilde Hummel. Aber ich verstehe nicht richtig, was passiert ist. Ist sie irgendwie in Schwierigkeiten?«
»Sie ist möglicherweise in Gefahr. Versuchen Sie bitte, sich zu konzentrieren. Am 15. April dieses Jahres hat Sie also ein Mann angerufen und sich nach Kerstins Entbindung erkundigt?«
»Ein schwedischer Mann rief an. Er stellte sich als hoher Polizeichef vor und war sehr autoritativ. Es war schwer, ihm nicht zu glauben. Ich versuchte zu lügen, wie wir es verabredet hatten, aber ich glaube nicht, dass es mir richtig gelang. Es war das erste Mal seit 94, dass ich überhaupt daran dachte, und ich war nicht darauf vorbereitet zu lügen. Kerstin und ich haben uns danach aus den Augen verloren. Ich studierte und heiratete, und sie ging in ihre Richtung. Welche das auch war.«
»Was geschah dann?«
»Er fragte mich, ob bei mir im Winter 93/94 eine Polizeiassistentin Kerstin Holm gewohnt habe. Ich verneinte das. Er sagte, er kenne meine Wohnung in der Thorsgade und mein Sommerhaus auf dem Land, und es sei absolut notwendig, dass ich wahrheitsgemäß antworte. Kerstin sei in großer Gefahr. Genau, was Sie sagen, aber viel eindringlicher. Ich wollte weiter alles abstreiten, aber ich fürchte, dass ich ein bisschen ins Schwimmen geriet. Ich merkte, dass er sich vor allem für Lystrup Skov und Slangerup interessierte.«
»Warum haben Sie Kerstin nicht angerufen und ihr von diesem Mann und seinem Anruf erzählt?«
»Ich habe es versucht, aber ich konnte sie nicht erreichen. Sie wohnte nicht mehr in Göteborg. Es ging nicht. Und ich selbst steckte gerade mitten in einer aufreibenden Scheidung. Es ging im Chaos unter.«
»Okay. Und heute hat also Kerstin selbst angerufen?«
»Ja. Ich habe ihre Stimme nicht wiedererkannt. Sie hat sich irgendwie fremd angehört. Und sie hat etwas ganz Sonderbares gefragt.«
»Was denn?«
»Ob sie ein Kind geboren habe.«
Sara betrachtete einen Moment den Hörer. Dann fragte sie: »Und was haben Sie geantwortet?«
»Ich glaubte, jemand wollte mich zum Narren halten, aber es gelang ihr, mir zu beweisen, dass sie tatsächlich meine alte Kerstin war. Es ging um einen Streitruf, den wir einander zuriefen, wenn wir gepunktet
Weitere Kostenlose Bücher