Rosenrot
Polizeikommissar Ernst Ludvigsson. Aber niemand sagte jemals etwas anderes als Lubbe.
Lubbe seufzte schwer und sah aus, als sehnte er das Wochenende herbei.
»Dagge, ja, weiß der Kuckuck«, sagte er. »Er hat gut reingepasst. War ein bisschen eine Art Leithammel für die Jüngeren. Hat gern das Kommando übernommen. Für mich war das ganz okay. Ich kann mir kaum vorstellen, dass er sich etwas anderes zuschulden kommen lassen würde als Nachlässigkeit.
Das kann ich mir allerdings vorstellen. Er hat ein bisschen was von einem Schlamper.«
»Wie ist es abgelaufen, als dieser Einsatz vorbereitet wurde?« fragte Kerstin Holm. »Erzähl bitte so genau wie möglich.«
Lubbe blickte auf einen handgeschriebenen Zettel. Er hatte sich gut vorbereitet. »Um 14.06 Uhr kam ein Gespräch für mich. Der Anrufer nannte sich Mattson und sagte, er arbeite bei der Migrationsbehörde. Er hatte einen Tipp. Fünf abgewiesene afrikanische Asylbewerber, die untergetaucht waren. Er sagte die Adresse und legte auf. Ich habe die Sache mit Dagge diskutiert.«
»Warum gerade mit Dag Lundmark?«
»Er war am nächsten. Er stand hier draußen, vor der Glastür, und machte Kaffee. Er war frei, der Auftrag ging natürlich an ihn und Bosse.«
»War Bo Ek dabei?«
»Nicht in dem Moment. Er kam vielleicht zehn Minuten später. Hatte irgendwas am Auto in Ordnung gebracht, glaube ich.«
»Was habt ihr diskutiert?«
»Wir haben eine Weile darüber gesprochen, ob es notwendig wäre, von der Migrationsbehörde eine Bestätigung zu bekommen. Aber wir einigten uns darauf, es als anonymen Tipp zu behandeln, weil die Behörde inzwischen ziemlich vorsichtig geworden ist und nicht mehr gern als Hinweisgeber in Erscheinung tritt.«
»War das deine Idee oder Lundmarks?«
»Darauf lief unser Gespräch hinaus, wie gesagt. Dann kam also Bosse, und wir fanden, zwei Mann wären etwas zu wenig für fünf desperate Afrikaner. Dagge schlug vor, noch eine Streife hinzuzuziehen. Brittan und Steffe. Das war gegen halb drei. Sie waren die ersten, die reinkamen.«
»Britt-Marie Rudberg und Stefan Karlsson. Dann fiel also Dag Lundmark plötzlich ein, dass er zum Zahnarzt musste?
Wäre es nicht in dem Fall logisch gewesen, ihn gegen jemand anders auszutauschen?«
»Er wollte gern dabei sein. Und es war ja nicht direkt dringend. Während wir warteten, besorgte ich einen Grundriss der Wohnung. Um kurz nach halb vier war Dagge zurück. Dann planten wir den Einsatz.«
»Du warst also beteiligt, als beschlossen wurde, die Vorschrift außer acht zu lassen und die Tür einzuschlagen?«
»Nein, das war ... eigenmächtig ...«
»Okay, mach weiter.«
»Kurz vor vier fuhren sie los. Um zwanzig nach vier teilte Steffe über Polizeifunk mit, dass geschossen worden sei. Ich fuhr hin. Nichts deutete darauf hin, dass eine Unregelmäßigkeit vorgekommen war. Und es fällt mir weiterhin schwer, das zu glauben. Könnte es sein, dass ihr versucht, Dagge loszuwerden? Ich habe den Eindruck, dass das schon früher versucht worden ist.«
»Das ist nicht beabsichtigt, nein«, sagte Kerstin Holm und fühlte sich noch müder als Lubbe.
»Man kann den Eindruck bekommen.«
»Noch eins. Das Gespräch von der Migrationsbehörde kam also direkt zu dir? Nicht über die Vermittlung?«
»Das stimmt.«
»Gehen wir noch einmal zu dem Anruf zurück. War es eine männliche Stimme?«
»Ja.«
»Der Anruf kam also von einem Mann namens Mattson bei der Migrationsbehörde. Er hat sich nicht näher vorgestellt? Mit Vornamen zum Beispiel?«
»Es war ein sehr kurzes Gespräch. Er hat nur die Information ausgespuckt und wieder aufgelegt.«
»Also ihr habt gar kein richtiges Gespräch geführt?«
Kommissar Ernst Ludvigsson blickte auf. Er sah überirdisch müde aus. »Nein«, sagte er.
»Jetzt aber«, sagte Roger Rikardsson und rieb sich die Hände. Er drückte wie wild auf den Knöpfen seiner voluminösen und total unbegreiflichen Tonanlage herum.
Kerstin Holm sah in das Papier auf dem Tisch vor ihr. Das nationale Mitarbeiterregister der Migrationsbehörde. Neun Mattsons, davon sechs Frauen. Drei Männer. Einer hieß Lars-Gunnar und einer Kristoffer, beschäftigt in Malmö beziehungsweise Umeä.
Dazu Eric Mattson, tätig in Stockholm, der den Angaben zufolge erst heute früh einen dreiwöchigen Indienurlaub angetreten hatte.
Es war natürlich durchaus möglich, dass Eric Mattson vor dem Indienurlaub sozusagen seinen Schreibtisch aufgeräumt hatte. Dass er tatsächlich Pflicht und Moral
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