Rosenschmerz (German Edition)
»Wo er gefunden wurde.«
Wieder dieses kurze Zögern. Vollkommen normal, sagte sich Chili,
wenn wie aus heiterem Himmel die Kripo in einem Sternehotel auftritt.
Schon im Foyer streiften beide Ermittler dünne Gummihandschuhe über.
Zweifel an einem natürlichen Tod zogen Vorsichtsmaßnahmen nach sich. Chili
brach das Siegel, mit dem Kirchbichlers Zimmertür gesichert worden war. Die
Suite war picobello aufgeräumt. Der ED ler
schnalzte mit der Zunge. Wohnzimmer, Schlafraum, Badezimmer, Gäste- WC . Hochwertiges Holz, das war auf den ersten Blick zu
sehen. Viel Licht und weiße Leinenkissen. In der Ecke zwei E-Gitarren, an der
Stirnseite ein offener Kamin. Unter der Decke halbrunde Holzbögen, nach Süden
ein weites Sprossenfenster, das sich zur Terrasse öffnete und einen grandiosen
Blick auf die schneebedeckten Alpen freigab. Daneben ein Stehpult, darauf ein
Notebook, zugeklappt. »594 Euro
pro Nacht incl. Halbpension« stand im Prospekt. Wehmütig verglich Chili diesen
Wert mit ihrem Monatsgehalt. Sie sah dem Kollegen Bruni an, dass bei ihm ein
ähnlicher Denkprozess ablief.
Sie machten sich an die Arbeit. Keine halbe Stunde benötigten sie,
um neben unzähligen Anzügen, Hemden, Krawatten und Schuhen anderes
Kirchbichler-Material aufzuspüren, das so gar nicht zu dem Bild des gefeierten
Stars passte. Sie packten alles auf einen großen Haufen.
Chili zückte ihr Mobiltelefon. »Herr Ottakring! Könnten Sie bitte
herkommen? Sie müssen sich das selber anschauen.« Sie vermied es, den
Kriminalrat in Gegenwart des ED lers zu duzen.
Wenig später stand Ottakring in der Tür.
Auf dem edel furnierten Tisch mit Schiefereinlage stapelten sich
Kontoauszüge, Abrechnungen von Devisengeschäften, Mahnungen, Schuldscheine.
Daneben ein kleiner Berg weißer Tütchen.
»Koks«, bemerkte Ottakring wenig überrascht. Er nahm das einzige
aufgebrochene Tütchen, das Chili ihm reichte, roch und schmeckte. Er nickte.
»Kokainhydrochlorid, und zwar sehr rein.« Ein Stoff, der in Rosenheims Szene
leicht aufzutreiben war. Rosenheim, nahe der österreichischen Grenze, war ein
bedeutendes Zentrum des Rauschgifthandels zwischen Holland, München und dem
Balkan.
»Eindeutig Sache der Giftler«, sagte er. Eine Prise von dem Zeug
ließ er auf den Lippen zergehen. Dann wechselte er die Handschuhe und
durchstreifte die Suite. Mit zwei Tablettenröhrchen kam er aus dem Badezimmer
zurück. Gelbe Hülle mit rotem Kreis. Eines war angebrochen. »Habt ihr das etwa
übersehen?«, fragte er kritisch. »Sein Fluopram«, sagte er. »Daran ist er
gestorben.«
Er reichte Chili seinen Fund. »Hier. Lass das untersuchen.«
»Ich möchte wissen, wovon der Kirchbichler gelebt hat«, sagte Chili,
peinlich berührt, in die entstandene Stille hinein. »Der scheint nur Schulden
gehabt zu haben. Wovon hat der denn seine Hotelrechnung bezahlt?«
»Herr Kirchbichler hat seine Miete immer im Nachhinein
überwiesen«, sagte der Assistent der Hotelleitung. Er rückte seine gelb-beige
gestreifte Krawatte zurecht und verzog den Mund, was darauf schließen ließ,
dass er diesen Vorgang keineswegs billigte. »Obwohl er so gut verdient hat. Er
war wohl recht sparsam.«
Chili rammte Ottakring den Ellenbogen in die Seite und machte
»Tztztz«. »Wir möchten gern den Schauplatz des Todes sehen«, erklärte sie
Speckbacher. »Die Sauna. Würden Sie …?«
»Selbstverständlich. Ich rufe sofort den Herrn, der den Saunabereich
betreut.«
Der Herr entpuppte sich als großer, breitschultriger
Bergbauerntyp mit einem mächtigen, buschigen Bart, der von silbrigen Fäden
durchflochten war. Er hieß Franz.
Sie befanden sich im Saunatrakt im Untergeschoss und liefen barfuß,
umwimmelt von Nackten mit und ohne Handtuch um die Hüften. Es gab drei
Ruhezonen und zwei große Kaltwasserteiche.
»Um fünf Uhr hab ich jeden zweiten Tag dem Herrn Kirchbichler die
Sauna ankcheizt«, sagte Franz mit kehligem Tiroler Akzent. »Der hat ja diese
eine Sauna für sich allein kchabt jeden zweiten Tag. Weil der ist immer um
sechs Uhr kchommen, hat drei Durchgänge gemacht, dann ist er speisen gegangen.«
»Und an dem Tag? Ist Ihnen da etwas Besonderes aufgefallen?« Chili
hielt dem Tiroler das Foto hin.
»Darüber hab i au scho nachdenkcht. Nein. Nix Bsonders. I hob
einfach die Sauna okcheizt.«
Bruni begann mit der Spurenauswertung.
Oben landeten Chili und Ottakring in einer der wenigen freien
Lounge-Ecken. Sie beeindruckten mit geschnitztem Holz, geblümten Polstern
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