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Rosenschmerz (German Edition)

Rosenschmerz (German Edition)

Titel: Rosenschmerz (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannsdieter Loy
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sich vor, wie Chili ihre Mutter vor der
Wohnungstür antreffen würde. Eine Szene wie aus einem Film. Tausche Baby gegen
Mutter. Wenn es stimmte, käme das Chilis offenbar unstillbarem
Beschützerinstinkt sicher entgegen. Oder ob es sich um einen blöden Scherz
handelte? Doch rasch wanderten seine Gedanken weg von dieser Frage.
    Warum hatte Paul Silbernagl einen Mord gestanden, den er nicht
begangen hatte? Der Mann war absolut zurechnungsfähig. Ottakring hielt ihn
sogar für smart. Der Grund konnte nur in dem Beziehungsgeflecht liegen, das
zwischen ihm, seiner Tochter Katharina und dem Sohn bestand, den er mit der
Kellnerin hatte: Robert Speckbacher.
    Es regnete. Ottakring faltete seinen Körper mühsam zusammen, um in
den Porsche zu kriechen.
    *
    Chili sprang ins Auto und raste von Frau Scholls Haus nach
Hause. Es hatte wieder einmal zu regnen begonnen. Ihr antrainiertes
Innenstadt-Tempo lag bei achtzig bis neunzig Stundenkilometer. Gefräßig
verschlang der Wagen eine Nebenstraße nach der anderen. Während der Fahrt hatte
sie gegen Berge von Befürchtungen anzukämpfen, die sich in ihr auftürmten.
    Vor dem Haus mit der Wohnung, in der sie lebte, stellte Sabrina
Toledo den Motor ab und blieb mindestens eine Minute lang im Wagen sitzen. Sie
starrte durch den Regen auf den Hydranten vor dem Haus. Er war dick mit
silberner und roter Farbe lackiert. Von seinen roten Armstümpfen tropfte
dramatisch der Regen wie Blut auf den Gehsteig. Nicht dieses Bild war es
allerdings, das Chili interessierte. Sie hatte nur einen Blick für die Frau,
die an dem nassen Hydranten lehnte.
    Sie hatte einen farblosen Popelinemantel an, die Schultern angehoben
und Trauer im Blick. Ihre Arme waren ungewöhnlich lang und hingen an den Seiten
herab, als gehörten sie nicht zu ihrem Körper. Sie hatte den Mund geöffnet wie
zu einer Frage, die ihr nicht ganz über die Lippen kam.
    Diese verhärmte Frau sollte ihre Mutter sein?
    *
    »Hallo, Liebes, wie fühlst du dich?«, fragte Ottakring
besorgt. Er presste sein Handy ans Ohr, als könne Lola den Druck spüren. »Nein,
ich hab auch keine Angst. Es wird bestimmt alles gut gehen … Noch
vierundzwanzig Stunden. Alles wird gut, meine Lola!«
    Vierundzwanzig Stunden für Lola, Gewissheit zu haben.
    Vierundzwanzig Stunden für Ottakring, den Fall Kirchbichler zu
lösen. Diese Frist hatte er sich selbst gesetzt. Wenn Lola wieder gesund war,
wollte er mit der Aufklärung dieses Falls nichts mehr zu tun haben. Und endlich
einen Urologen aufsuchen. Oder Dr. Vach.
    Sein Hund saß angegurtet neben ihm auf dem Beifahrersitz und beäugte
ihn misstrauisch. Fast mit Gewalt hatte er Herrn Huber den Fängen der Huawerin
entreißen müssen. Mit tränenschweren Augen hatte sie die beiden für kurze Zeit
verabschiedet.
    Paul Silbernagl! Ottakring war sicher, dass über ihn an den Code zu
kommen war, der die Lösung versprach. Zügig und gründlich musste er nun ein
Ergebnis erarbeiten und es beweisen. Auf halber Höhe zu dem Bauernhof, der auf
einem Hügel lag, wehte plötzlich eine Schneewand heran, grausilbern schimmernd
im Scheinwerferlicht. In Sekundenschnelle war ringsum alles weiß. Der Kies in
der Auffahrt knirschte, als sich Ottakrings Handy meldete. Er blieb im Wagen
sitzen. Herr Hubers Kopf schwenkte hin und her. Seine Augen folgten den schnell
arbeitenden Wischern. Wind pfiff über das Fahrzeug hinweg, und gefrorene
Schneekörner prasselten aufs Autodach.
    »Hallo, Joe. Sitzt du?«
    Als Chili ihm ihre Erkenntnisse über Scholl, seinen Vorgänger im K1 mitgeteilt
hatte, verzog Ottakring den Mund. Neben Aspirin und Hansaplast musste Fluopram
zum begehrtesten aller Heilmittel gereift sein. Scholls Unfall! Er hatte doch
nicht etwa auch … eine Überdosis…?
    »Informier Eva M. Und checkt, ob Scholl im Voglwirt bekannt
war«, instruierte er Chili.
    Dann stellte er Scheibenwischer und Motor ab. Herr Huber blieb im
Auto. Lange würde es nicht dauern. Beim Aussteigen wäre er beinahe ausgerutscht,
so eisig war der Boden geworden.
    Drinnen saß Silbernagl im Rollstuhl unbeweglich und mit
ausdruckslosem Gesicht am Tischende. Er machte Ottakring nervös. Er strahlte
etwas Verächtliches, vielleicht Feindseliges aus.
    »Natürlich war das ein Unfall gewesen damals«, antwortete er karg
auf Ottakrings Frage. »Die Kupplung hat sich gelöst. Steht alles im
Polizeibericht.«
    »Alle Welt weiß, dass Sie und Ihre Frau total zerstritten waren«,
hakte Ottakring nach. »Mit heutigen Mitteln …«
    Silbernagl

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