Rosentod: Thriller (German Edition)
Grundstück mit einem einsamen Schuppen. Paulik Senior hat das Gelände irgendwann einmal günstig gekauft, vor 20 Jahren als Lagerhalle verwendet und anschließend wieder vergessen. Vor einem Jahr hat sich Max in diesem tristen Betonbau ein kleines Zimmer eingerichtet. Für Notfälle. Demnach ist er hier bestens aufgehoben. Und dank eines neuwertigen Opel Astra, den er im Schuppen verborgen hält, ist er sogar mobil.
Der Platz ist ein idealer Ausgangspunkt für seine weiteren Aktivitäten.
Dessen ist sich Max ganz sicher.
***
Zwei Stunden später in Wien.
Polizei umstellt den Eurocity aus der Steiermark.
Aufruhr.
Lautsprecherdurchsagen.
„Bitte bleiben Sie in den Waggons“, heißt es.
Beamte mit Fahndungsfotos steigen ein. Knapp nach 16 Uhr teilt man den Kollegen in der Steiermark mit, dass von Paulik jede Spur fehle.
Mittlerweile unterhält sich Maringer mit der Mutter des Gesuchten. Die erzählt von einem Bruder ihres Mannes in Wiener Neustadt. Max mag seinen Onkel sehr. Von Kindheit an. Sofort gibt Joe die Nachricht weiter.
18 Uhr. Ein Pub am Hauptplatz.
Allgemeine Lagebesprechung.
Nüssler, Koschinsky, Maringer und Spärlich stehen am Tresen. Der Major telefoniert mit der Spurensicherung und erfährt, dass in Pauliks Keller blondes Haar sichergestellt wurde. Frauenhaar.
Der Major bedankt sich und legt lustlos auf. Was nützen alle Indizien und Beweise, solange der Täter noch auf freiem Fuß ist. Die Kollegen in Wiener Neustadt konnten Pauliks Onkel noch nicht finden. Auch die Versuche, ihn telefonisch zu erreichen, schlugen fehl.
Das klingt nicht gut.
Und die Ermittler sind sich uneins. Der Fall verlagere sich nach Niederösterreich und müsse vom BKA übernommen werden, meint Koschinsky. Nüssler will, dass seine Leute trotzdem weiter am Ball bleiben. Maringer sagt, Paulik könne überall aus dem Zug gestiegen sein, nicht nur in Wiener Neustadt.
Ulla hört zu und denkt nach. Sie traut Paulik sowieso zu, alle an der Nase herumzuführen und in Wirklichkeit immer noch hinter Judith Amras her zu sein.
Am Ende einigen sie sich auf einen Kompromiss. Die örtlichen Fahndungsmaßnahmen bleiben aufrecht. Unter Ullas Leitung. Unterdessen übernimmt Koschinsky die Fahndung in Wiener Neustadt. Die Detailabsprachen mit dem BKA übernimmt Nüssler.
Noch ein schnelles Bier. Ein flüchtiger Gruß. Er wünsche ihnen alles Gute, murmelt Koschinsky der Form halber, ehe er abhaut.
Keiner weint ihm eine Träne nach.
Am allerwenigsten Ulla.
Im Kommissariat herrscht immer noch Hektik.
Der Löwenanteil der Großfahndung liegt jetzt in der Hand der uniformierten Kollegen.
Im Trakt der Kripo ist es ruhiger.
Dort ist jetzt Ullas methodische Art gefragt. Handstreichartig besetzt sie mit Maringer den Journaldienstraum und erteilt ihre Anweisungen. Pauliks Konterfei geht noch einmal an alle Bahnhöfe, Grenzstellen und Flughäfen im Bundesgebiet. Interpol wird eingeschaltet. Kripostreifen überprüfen Gasthöfe, Bars und Hotels und befragen Bus- und Taxilenker. Danach streifen sie auch noch durch Tanztempel und Studentenlokale. Ohne Erfolg.
Inzwischen sitzen Ulla und Joe in der Stadtleitstelle und verfolgen die Fahndung. Als Ulla nach Mitternacht noch rasch ins Büro huscht, den Computer startet und prüft, was sich im Internet Neues tut, streift ihr Blick die Zimmerlinde. Die gedeiht plötzlich prächtig. Ganz unverhofft. Ein gutes Omen?
Gegen halb eins fährt Joe Maringer seine Kollegin nach Hause. Die ist gedanklich noch immer weit weg. Derweil steckt ihre Hand in der Jackentasche und spielt mit ihrem Talisman.
„Bist du sehr müde?“, fragt er sie.
„Nicht müder als du“, antwortet Ulla neckisch, streicht ihr Haar zurück und wirft ihm einen herausfordernden Blick zu.
„Eine Tasse Kaffee wäre jetzt gut. Du hast nicht zufällig eine gute Kaffeemaschine zu Hause?“
„Und was für eine. Die musst du dir einfach anschauen“, erwidert sie.
Ihrer Oberbekleidung entledigen sie sich bereits im Korridor. Der Rest an Textilien fällt auf dem Weg ins Schlafzimmer. Als Ulla gegen halb drei erschöpft einschläft, liegt Joe noch eine Weile wach und denkt an Lara. Heute hat er jedoch kein schlechtes Gewissen dabei und schläft auch ziemlich bald wieder ein.
Kurz nach vier. Ulla wird schlagartig munter. Wovon? Keine Ahnung. Joe jedenfalls schlummert neben ihr und murmelt im Schlaf. Mit einem unsicheren Lächeln streichelt sie sein Haar. Dann rollt sie sich aus dem Bett, schleicht in die Küche und trinkt
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