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Rosentod: Thriller (German Edition)

Rosentod: Thriller (German Edition)

Titel: Rosentod: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans-Peter Vertacnik
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später, als sie mit dem Rucksack auf dem Rücken wieder nach Hause läuft.
    Hoffentlich hat sie sich nicht verkühlt. Für solche Dinge ist sie anfällig.
    Die Wolken hängen jetzt ganz tief. Dazu frischt auch noch der Wind auf. In Hagen war es im März auch immer so windig.
    „Mein Gott, der Ruhrpott. Ist das lange her.“ Sie seufzt. Für spontane Heimwehpflege hat sie immer ein Foto im Außenfach des Rucksacks mit dabei. Es zeigt eines ihrer Lieblingsmotive. Die Lenne mit der Stennertbrücke, darüber den Schlossberg und das Schloss Hohenlimburg, mit seinem wundervollen Schmiedeeisenbrunnen und den zierlichen Erkern.
    Am meisten vermisst Ulla die langen Spaziergänge auf dem Raffenberg. An zweiter Stelle der Sehnsuchtsskala liegt die Sankt Bonifatiuskirche, gefolgt von Kirmes, Sauerbraten und dem sogenannten Heringstipp, ihrer ehemaligen Leibspeise, bestehend aus Fisch, Gemüse, Ananas, Mayonnaise und kleinen gekochten Kartoffeln. Die Heimat ist ihr immer präsent. Zumindest im Kopf.
    Und sonst? Ab und zu ein Besuch via Internet. Virtuelles Glücksgefühl. Stimmt schon, Papa lud sie mehrmals ein. Es waren Briefe, die sie nie beantwortet hat. Hagen besuchte sie 1996 zur Beerdigung ihres Brieffreunds und kürzlich, um den Vater zu begraben. Das war’s.
    Mein Gott, die Familie. Natürlich gibt es Dinge, die sie dem Vater immer noch nachträgt, aber im Grunde steht er ihr innerlich näher als Mama. Die weiß ja wirklich gar nichts von ihr. Die nervt bloß. „Warum dieser abartige Beruf, Kind?“, fragt sie immer wieder. „Wieso gerade die Polizei?“
    „Wegen der Kohle, Mama“, erwidert Ulla dann für gewöhnlich. Ist natürlich gelogen. In Wahrheit wurde sie Polizistin, weil sie als Historikerin keinen Job bekam.
    Inzwischen ist Ulla wieder daheim.
    Menschenleere Räume haben etwas Deprimierendes. Also was tun? Waschen, umziehen und die Topfpflanzen gießen. Kaum ist sie fertig, läutet es an der Haustür.
    „Du? Mein Gott.“
    „Ich. Jawohl.“
    „Wieso bist du einfach abgehauen?“
    „Hab mir ein paar Skripte geholt. Physik.“
    Ein seltsamer Laut löst sich aus Ullas Kehle. Irgendetwas zwischen Weinen und Lachen.
    Selig lässt sie sich von Frank küssen.
    Der beginnt auch sofort, sie auszuziehen.
    Der nächste Morgen. Ein böser Traum.
    „Judith Amras, 23 Jahre alt, wohnhaft am Marekkai 16“, murmelt Ulla Spärlich gedankenverloren und versucht, zu verarbeiten, was ihr das Mädchen vor einer Stunde am Telefon erzählt hat. Demnach haute Frank gestern nicht bloß wegen seiner Skripte ab, sondern versuchte, bei dieser Judith zu landen. Die Kleine war so anständig gewesen, ihm eine Abfuhr zu erteilen. Gott sei Dank. Ja, Frank ist ein Weiberheld, und nach dem Studium wird er weggehen. Die meisten Abgänger der Montanuniversität tun das. Die bekommen exzellente Stellenangebote. Denen steht die Welt offen. Auf zu neuen Ufern. Ulla schnäuzt sich.
    Sitzengelassen werden?
    Damit hat sie kein Problem. Das kennt sie schon.
    Und Entwurzelung.
    Nach der Scheidung der Eltern und der fluchtartigen Abreise aus Hagen lebte sie in Dortmund, Passau und Linz, ehe sie in der Steiermark landete. In Graz, der Geburtsstadt ihrer Mutter. Das wurde ihr zur zweiten Heimat. Deshalb ihr Zaudern, die Wohnung dort aufzugeben und in die nächste fremde Stadt zu ziehen.
    Obwohl: Ein Leben fernab der Verwandtschaft hat auch seinen Reiz. Man wird selbstständiger, unter Umständen sogar toleranter. Sie braucht ja Toleranz. Spätestens, wenn Mama sie mit ihren unsäglichen Anrufen quält. „Du musst ordentlich essen, Kind. Schau, dass du einen Mann findest, der dich heiratet, Ulla.“
    Da ist sie dann immer noch nahe dran, durchzudrehen.
    Apropos Mann. Was macht sie mit Frank? Ihn zum Teufel jagen? Ullas Magen vibriert und wird steinhart, als sie daran denkt.
    „Anscheinend schlafen Sie heute noch, Frau Kollegin. Das ist bedauerlich.“ Ihr Chef.
    Ach du grüne Neune. Das fehlt noch.
    Mit gut gespielter Zerknirschung entschuldigt sie sich.
    Der knapp 51-jährige Konrad Nüssler nickt bloß, strafft seinen Rundrücken und hüstelt nervös. Der schlaksige, schnauzbärtige Major, der dem fast vergessenen Stummfilmstar Buster Keaton wie aus dem Gesicht geschnitten ist, kann seine Stellvertreterin immer noch nicht leiden. „Sie sollten Ihren Job ernster nehmen“, motzt er, knöpft sein braunes Jackett auf, lockert seinen Schlips und schiebt der Chefinspektorin eine Mappe über den Tisch.
    „Der Dienstbericht vom

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