Rosentod: Thriller (German Edition)
Geschichte so ausgeht“, meint die Chefinspektorin.
Amüsiertes, nachsichtiges Nicken. Natürlich. Ulla hat sich sehr engagiert, aber der Fall ist gelaufen. Die Erleichterung ist dem Leiter der Kriminalabteilung ins Gesicht geschrieben.
„Hoffentlich lässt sich die Angelegenheit heute noch erledigen“, sagt der Journalbeamte. „Je früher Frau Röhm erfährt, dass ihre Tochter wohlauf ist, desto besser.“
„Die Röhm hat sich übrigens telefonisch über Sie beschwert“, teilt Nüssler seiner Stellvertreterin mit. „Ich habe darüber einen Aktenvermerk angefertigt und brauche eine ausführliche Stellungnahme. Schriftlich.“
Der Beschwerde fehle jede Grundlage, versichert Ulla verärgert. Ihre Recherchen bewegten sich im Rahmen der üblichen Vorgangsweise. Sie wüsste nicht, was daran nicht in Ordnung sein solle.
Gelangweilt winkt Nüssler ab. Besprechungsende.
Verdrossen geht Ulla in die Stadtleitzentrale und verfolgt eine Weile den Funkverkehr.
„Was tut sich bei der Fahndung?“
Der Funksprecher zuckt die Achseln. „Die Leute wissen Bescheid und sehen sich um, aber bisher ist alles ruhig. Inzwischen stehen auch schon Plakate zur Verfügung. 30 Stück sind zum Aushang vorgesehen.“ Stolz schiebt er ihr eins davon über den Funktisch.
Ein Blick und Ulla trifft fast der Schlag. Das ist der Kerl, der sie unlängst so auffällig in der Disco anglotzte. Ganz eindeutig.
Unverzüglich läuft sie zurück in den Kommandotrakt.
Das muss sie Nüssler erzählen.
***
Zum selben Zeitpunkt vor Ullas Haus.
Autos schnurren durch die Südbahnstraße. Spaziergänger schlendern vorbei. Das Anwesen steht in einem der sichersten Stadtviertel, und es ist heller Tag.
In Wahrheit wird öfter tagsüber eingebrochen, als man glaubt, aber die Polizei macht kein besonderes Drama daraus, und die Medien schweigen darüber, um Österreichs Nimbus als Insel der Seligen nicht zu beschädigen.
Wieso es überhaupt kein Problem ist, unter den Augen der Öffentlichkeit in ein Objekt einzudringen? Na, weil sich keiner schert! Das wissen die Gauner und verhalten sich entsprechend.
Genug gesehen. Der Mann in schwarzen Jeans, dunklem Pulli und dunklem Blouson verlässt seinen Beobachtungsposten, huscht lautlos an Ullas Haustür, presst seinen Körper ans Türblatt und steckt den mitgebrachten Dietrich ins Schloss.
Fehlanzeige.
Fluchend setzt er seinen nächsten Trumpf ein. Einen veritablen Zylinderstecher, an dem er sich von einem rumänischen Einbrecher ausbilden ließ. Fünf Minuten werkelt er wie ein Berserker, aber das Sicherheitsschloss bleibt von seinen Bemühungen unbeeindruckt.
Unterdessen fährt ein Wagen auf den Parkplatz. Zwei Männer steigen aus und unterhalten sich. Missmutig löst sich Max Paulik von der Tür und zieht eine Kapuze übers Haar.
Dann spaziert er davon, als sei nichts gewesen.
***
18 Uhr, Polizeikommissariat Leoben.
Die in Wien verhaftete Drogensüchtige ist doch nicht Elke Röhm, von Kurt Aschenbrenner fehlt jede Spur, Maringer ist verschwunden und auch telefonisch nicht erreichbar. Wohl um den launigen Bemerkungen seiner Kollegen zu entgehen. Also spricht ihm Ulla eine Nachricht auf die Mailbox und macht Feierabend.
Gegen 19 Uhr kommt sie nach Hause, zieht sich den Trainingsanzug über, trinkt etwas Tee, schluckt einen Appetitzügler und schlüpft in die Laufschuhe. Kurz darauf läutet es auch schon, und Judith Amras steht vor der Tür. Sie hat ihr Haar zu einem Zopf geflochten und sieht damit noch jünger aus.
„Frank schläft sich durch die ganze Uni“, erzählt die junge Studentin, als sie nebeneinander in Richtung Bahnhof traben. „Außerdem leiht er sich Geld, ohne es zurückzugeben. Mich pumpte er auch schon an. Natürlich vergeblich. Ich gab ihm den Laufpass.“
„Eine kluge Entscheidung“, grinst Ulla. „Da warst du wohl ein ganzes Stück klüger als ich.“
„Vielleicht. Jedenfalls drohte er mir.“
Ulla stutzt. „Hast du Angst vor ihm?“, keucht sie. Sie sieht es Judith an der Nasenspitze an, dass die nicht so recht weiß, wie sie das beantworten soll. Aber beunruhigt ist sie. Sonst wäre sie nicht hier. Deshalb sollte man auf Nummer sicher gehen.
Ullas Brustkorb schmerzt. Das Laufen tut ihr nicht gut, also verringert sie das Tempo. Radikal. „Komm morgen zu mir ins Büro“, sagt sie. „Deine Angaben müssen schriftlich festgehalten werden.“
Sie traben noch eine halbe Stunde, ohne sich dabei weiter zu unterhalten, und als sie zurückkommen, fährt Judith gleich
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