Rosentod: Thriller (German Edition)
streicht er durchs Kommissariat, plaudert mit diesem und jenem und gibt sich dabei ganz harmlos. Sein Thema ist Maringer, und er fragt sehr geschickt.
Joe sei Witwer, erzählt ihm einer. Die Frau sei ertrunken, verrät ihm ein anderer. Tauchurlaub auf den Malediven. Eine starke Strömung, die sie aufs offene Meer getrieben habe. Dass er sie nicht retten konnte, habe er nicht verkraftet. Deshalb wohl auch diese seltsame Vorliebe für schwarze Kleidung.
Und Frauen? Junge Frauen?
Da weiß eigentlich keiner etwas, obwohl man ihn schon ab und zu im Moonlight sehe. Der Kollege lebe ja eher abgekapselt. Ein guter Kerl. Kameradschaftlich. Hilfsbereit. Ein ausgezeichneter Kriminalist.
Koschinsky hört es mit verbindlichem Grinsen, listet die neuen Informationen in seinem Büro sorgsam auf, vernetzt sie mit seinen übrigen Erkenntnissen und entwirft einen Plan.
***
Zwei Stockwerke tiefer sitzt Chefinspektor Joe Maringer in der Zulassungsstelle des Verkehrsamts und quält sich am PC durch die Zulassungsdateien der Bezirke Leoben-Stadt und Leoben-Umgebung.
Erst einmal druckt er alle schwarzen Geländewagen aus. Später erweitert er die Suche auf alle dunklen Farben. Mit einem Packen Papier unterm Arm wechselt er schließlich in sein Büro.
Mehr als 200 Fahrzeuge.
Entnervt schüttelt er den Kopf. Wenn er deren Besitzer auf etwaige Vorstrafen hin abklopfen will, hat er noch viel zu tun. Und das an einem Ostersamstag.
***
22 Uhr. Bei Ulla Spärlich läuft das Nachtprogramm.
Die Osterfeuer zum Ostersamstag haben eine lange Tradition in der Steiermark. Sobald es dunkel ist, leuchten sie von allen Berghängen her ins Tal. So auch heute.
Entspannt sitzt die Chefinspektorin mit ihrer Schutzbefohlenen vor einer Gartenhütte. Ein riesiger Holzhaufen brennt ein paar Steinwürfe entfernt. Etwa 30 Gäste stehen beisammen, trinken Wein und unterhalten sich glänzend. Ein junger Mann flirtet schon die ganze Zeit mit Ulla. Zwar hat sie kein Interesse an ihm, aber seine Bemühungen tun ihr gut.
Die Wärme des Feuers wirkt entspannend. Das Knacken und Prasseln, der Geruch nach Harz und Rauch erinnern Ulla an die vielen abendlichen Feuer im offenen Kamin zu Hause in Hagen. Ein schönes Gefühl, von dem sie sich jedoch nicht einlullen lassen will. Sie muss jetzt bei Judith dranbleiben. Eventuell kann sie ihr mit einem passenden Gedanken doch noch auf die Sprünge helfen.
„Wer könnte dich hassen?“, fragt sie Judith schon wieder. „Wen hast du beleidigt? Wer himmelt dich da an?“
Das nerve. Judith wisse es doch nicht.
Ab sofort solle sie mit weit offenen Augen durch die Welt gehen, rät ihr Ulla. Mit ausgefahrenen Antennen. Sie müsse doch spüren, was rund um sie passiere.
Es ist schon fast drei Uhr früh, als die beiden Frauen in Ullas Wagen steigen.
20 Meter die Straße runter steht ein Wagen.
Unbeleuchtet.
Kaum fährt die Chefinspektorin weg, legt der Mann im grauen Mercedes-Kombi die Kamera weg und startet den Motor. Er folgt dem Mazda sehr vorsichtig. In weitem Abstand. Schließlich weiß er ja, wohin die beiden fahren.
Noch geht es ja nicht um viel. Trotzdem darf Max Paulik jetzt nicht auffallen.
Nicht mit diesem Auto.
***
Ostersonntag, halb neun.
Abgespannt kommt Ulla nach Hause, stellt die Uhren auf Sommerzeit um, trinkt ein Glas Wasser und setzt sich erst einmal aufs Klo.
Danach schlüpft sie in die Sportklamotten und hoppelt raus. Ab ins Gelände. Endlich schmerzt das tiefe Atmen nicht mehr. Ihre Rippen sind also wieder in Ordnung.
Nach einem Nachtdienst schlaucht das Lauftraining mehr als sonst. Außerdem ist sie doch ganz schön aus der Übung. Die Beine sind aus Blei. Sogar Seitenstechen stellt sich ein, und so kehrt sie auch heute recht bald nach Hause zurück. Es folgen ein Bad und etwas Joghurt mit Früchten. Jetzt fühlt sie sich wie neugeboren.
Ist auch gut so, denn Joe ruft an und bestellt sie ins Segafredo.
Essen?
Nein. Aber gegen eine Tasse Kaffee hat sie nichts einzuwenden.
Voller Vorfreude holt sie einen schwarz-weiß karierten Rock aus dem Kleiderkasten, kombiniert einen cremefarbenen Pulli dazu und nimmt die schwarze Lederjacke vom Haken. Flache, schwarze Schuhe? Schaut gut aus.
Draußen ihr rassiger roter Wagen. Von Stunde zu Stunde mag sie ihn mehr.
Als sie auf der seltsam leeren Straße zum Bahnhof fährt, beginnt es monoton zu nieseln. Dafür ist es windstill. Sie nimmt es als gutes Omen.
Heute ist das Parken im Stadtzentrum überhaupt kein Problem. Beschwingt stellt sie den
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