Rosentod: Thriller (German Edition)
Handschellen steckt er unter Joes Matratze.
Selbstverständlich achtet er darauf, nichts anzufassen oder zu verrücken. Er darf hier nicht das Mindeste verändern. Bedächtig verlässt er das Gebäude auf demselben Weg, über den er hereingekommen ist.
Am Himmel ballen sich die Wolken.
Kaum hat er das verschlossene Gartentor überklettert, spaziert er gemächlich davon.
Jetzt ist alles getan, weiß Max Paulik.
Die Zeichen stehen auf Sieg.
***
Mit blassem Gesicht schaltet Judith Amras ihren Computer aus.
Das neue Video auf der Website Rosentod ist entlarvend.
Es zeigt den Wert ihrer polizeilichen Leibwache. Hätte der Unbekannte, der ihr nachstellt, sie töten wollen, wäre sie längst nicht mehr am Leben.
Der Vorfall ist tatsächlich kein Ruhmesblatt für die Kripo, gibt auch Ulla zu. Sie wird dafür sorgen, dass die Bewachung künftig effektiver funktioniert. Tagsüber muss Judith ja sowieso selbst auf sich achten. Eine Leibwache rund um die Uhr kann ihr die Polizei nämlich nicht bieten.
„Hast du darüber nachgedacht, wen du so gegen dich aufgebracht haben könntest?“
„Selbstverständlich. Ich denke Tag und Nacht daran. Bloß fällt mir niemand ein. Vor Frank gab es ein paar unbedeutende Affären, aber die endeten im Einvernehmen.“
Achselzuckend nimmt Ulla diese Antwort zur Kenntnis. Trotzdem verlangt sie Namen und Adressen dieser Herren. Sie wird sie überprüfen.
Später im Kommissariat erstattet sie sofort Koschinsky Bericht. Dass die Sache Amras jetzt unbedingt mit dem Mordfall Röhm zu tun hat, ist seiner Meinung nach trotzdem nicht in Stein gemeißelt. Die Umstände von Elke Röhms Tod waren in allen Zeitungen zu lesen. Da ist die Möglichkeit eines Trittbrettfahrers durchaus gegeben. Ein enttäuschter Verehrer, der Frau Amras Angst machen will. Was den Mord anbelangt, wären die Herren Tesslar und Groll eine Option. In diese Richtung werde er weiterermitteln. Sie könne derweil ja ihre Eintätertheorie weiterverfolgen. Da habe er nichts dagegen.
Blödes Gequatsche. Ullas Blut gerät ganz schön in Wallung. Erst ein erneuter Stich im Unterleib bringt sie auf andere Gedanken. Sie muss aufs Klo. Ihre Verkühlung. Hoffentlich gibt sich das bald.
Kaum ist das abgehakt, plagt sie der Hunger. Ein Blick auf die Uhr. Sie hat wenig Zeit. In der Kantine kauft sie etwas Schokolade und trinkt eine Tasse Tee. Damit sind Mittagessen und Jause abgedeckt.
Sie läuft ins Büro. Dort wartet schon der Computerexperte aus dem Landeskriminalamt auf sie. „Der Besitzer der Homepage www.rosentod.com hat diese natürlich unter falschem Namen und falscher Adresse bei seinem Provider angemeldet“, sagt er, während er mit ihr die aktuellen Aufnahmen der vergangenen Nacht betrachtet. Die echte Identität des Besitzers der Homepage herauszufinden, sei so gut wie unmöglich, erklärt er bedauernd und verabschiedet sich.
Wieder nichts.
Enttäuscht steht Ulla am Fenster und denkt nach. Das Spielchen mit den Pralinen, die Rose und diese Videos gehen ihr nicht aus dem Sinn. Irgendjemand will Judith in Panik versetzen, aber warum? Wenn Elkes Mörder sie tatsächlich als sein nächstes Opfer auserkoren hat, sollte er sie doch besser in Sicherheit wiegen. Eigenartig.
Eine halbe Stunde später läutet ihr Telefon. Sie wird zu Nüssler befohlen. Scheint eilig zu sein. Die Bürotür ist bloß angelehnt. Ulla fühlt sich merkwürdig schlapp, als sie eintritt und sich auf den Stuhl vor seinem Schreibtisch setzt.
Von Anfang an quasselt nur der Major. „In der Soko Röhm stimmt es nicht. Wenn sich zwei Kriminalbeamten um ihre Kollegin prügeln, anstatt sich auf ihre Arbeit zu konzentrieren, besteht Handlungsbedarf“, pfeift er sie an. „Sie sind von der Mitarbeit im Fall Röhm entbunden. Ich bedanke mich, Sie haben sehr engagiert gearbeitet. Jetzt bekommen Sie aber andere spannende Aufgaben. Halten Sie sich tunlichst von den beiden Herren fern. Dann kehrt vielleicht endlich wieder Ruhe ein.“
Einen Moment lang ist Ulla sprachlos. Dann geht sie hoch wie eine Rakete. „Was bilden Sie sich ein?“, zischt sie. „Niemand wird mich davon abhalten, an diesem Fall dranzubleiben.“ Die Chefinspektorin springt derart temperamentvoll hoch, dass ihr Sessel umfällt. „Wenn Sie es wagen, mich von diesem Fall abzuziehen, werden Sie mich kennenlernen, aber richtig!“, verspricht sie. „Personalvertretung, Beschwerde im Ministerium und so weiter und so weiter. Ich bin keine, die sich endlos schikanieren lässt. Schreiben Sie
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