Rosentod: Thriller (German Edition)
sich das hinter die Ohren!“
Unbeeindruckt zündet sich Nüssler eine Zigarette an. „Sie können ruhig in normalem Tonfall mit mir reden“, sagt er. „Ich höre recht gut. Was gibt es Neues? Abgesehen von dieser Plastikrose und den Filmen auf dieser Homepage.“
„Unweit von Judiths Haus wurde eine Reifenspur gesichert“, erzählt Ulla. Langsam beruhigt sich ihr Pulsschlag wieder. „Stammt offenbar von einem Geländewagen. Da ich bei meinen Ermittlungen bereits einmal auf einen schwarzen Geländewagen gestoßen bin, habe ich Joe gebeten, die Zulassungsdateien zu überprüfen und sich alle derartigen Fahrzeuge im Bezirk anzusehen. Daneben bemüht sich die Ermittlungsgruppe, das Rätsel um diese verdammten Handschellen zu lösen. Bisher ohne Erfolg.“
„Na schön“, seufzt der Major. „Dann machen Sie eben weiter. Aber wirken Sie beruhigend auf ihre zwei Verehrer ein. Ich will nicht, dass die sich wegen Ihnen die Schädel einschlagen.“
Er verehrt ihr noch den Spruch des Tages.
Dann darf sie sich entfernen.
Nässe. Kälte. Wird es am Ende gar noch einmal Winter?
Ulla Spärlich und Bernd Koschinsky marschieren in Richtung Marekkai und unterhalten sich. Groll und Tesslar hatten doch allen Grund dazu, Elke zu hassen. Hätte einer der beiden die Möglichkeit gehabt, an die Handschellen der Polizeiinspektion Innere Stadt heranzukommen? Stellt einer der beiden vielleicht sogar Judith Amras nach? So, dass sie das gar nicht bemerkt? Diesen Fragen wird Koschinsky mit Maringer nachgehen. Ab sofort.
Danach schwatzt Koschinsky von früher. Ganz so, als sei seine Grazer Affäre mit Ulla die schönste Zeit seines Lebens gewesen.
Ulla bleibt kühl. Auch, als er ihr dabei so nahe auf den Pelz rückt, dass ihre Arme aneinanderstreifen. Vor dem Gymnasium versucht er, sie zu küssen. Da scheuert sie ihm eine und wechselt die Straßenseite.
Am Marekkai geht Koschinsky weiter in Richtung Stadtzentrum, während Ulla bei Judith Amras läutet.
Ob sie es für möglich halte, dass doch Frank Heilig hinter diesem Stalking stecke, fragt sie. Frank wäre nicht der erste Liebhaber, der es nicht verkrafte, abserviert worden zu sein. „Übrigens: Hatte Frank auch etwas mit Elke?“
Judith weiß es nicht. Jedenfalls habe Frank Elke nie erwähnt. Selbstverständlich sei es möglich, dass er ihr eins auswischen wolle, aber Frank filme nicht, und er habe es auch nicht so mit dem Computer. Außerdem sei er in keiner Burschenschaft organisiert und an studentischen Riten völlig uninteressiert.
Trotzdem. Mit finsterer Miene wählt die Chefinspektorin Franks Telefonnummer.
„Heilig“, meldet er sich. Diese Stimme war ihr einmal so vertraut, überlegt sie. Jetzt ist sie ihr ganz fremd.
„Ich muss dich sprechen“, sagt sie. „In einer Stunde. Polizeikommissariat Leoben, Journaldienstraum. Wir nehmen ein Protokoll auf. Nimm deinen Rechtsanwalt mit.“
„Sag einmal, spinnst du?“, protestiert er. „Du hast dein Geld. Soviel ich weiß, hast du jetzt auch noch mein Auto. Also vergiss es.“
„Es geht um andere Dinge“, unterbricht sie ihn. „Um schwerwiegende Sachverhalte mit dementsprechenden Konsequenzen. Sei pünktlich, ich rate dir gut. Sonst lass ich dich von meinen uniformierten Kollegen vorführen.“
„Wird nicht notwendig sein“, seufzt er. „Ich komme. Freiwillig.“
Zum selben Zeitpunkt verlässt Bernd Koschinsky nachdenklich die Polizeiinspektion Innere Stadt und telefoniert kurz mit der Tatortgruppe. Eine halbe Stunde später kniet er mit einem Spezialisten der Spurensicherung vor dem Kommissariat bei Joe Maringers Wagen und lässt einen Gipsabdruck des Reifens anfertigen, während sich Ulla auf das Verhör ihres ehemaligen Liebhabers vorbereitet.
Die Vernehmung dauert eine Stunde. Kurz nach 17 Uhr unterschreibt Frank Heilig das Protokoll. Für die vergangene Nacht hat er ein felsenfestes Alibi. Die Studentin, bei der er nächtigte, kann es bezeugen. Eine Affäre mit Elke Röhm stellt er in Abrede. Auch Versuche, sie für sich zu gewinnen, habe es nie gegeben. Die sei nicht sein Typ. Ganz einfach.
Weiprecht ruft an und fragt, ob heute Nacht nicht jemand anderer seinen Job als Leibwache übernehmen könne. Seine kleine Tochter sei erkrankt. Ulla verspricht, ihn zu vertreten.
Danach teilt sie noch den Personenschutz für den Rest der Feiertage ein und fährt nach Hause, um vor der Nachtschicht noch zu essen und zu duschen.
***
Für Koschinsky ist noch lange nicht Feierabend.
Wie ein hungriger Löwe
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