Rosentraeume
beschlagenen Tür blieb sie stehen, und dann erst wurde ihr klar, daß dies Christians Eingang war. Sie hob die Hand, doch nicht, um anzuklopfen, sondern um liebevoll über das Holz zu streichen.
Plötzlich öffnete sich die Tür, und ein starker Arm zog sie hindurch.
Ihre Augen weiteten sich vor Freude, als sie ihn ansah, und sein Name war ein Flüstern auf ihren Lippen. »Christian.«
»Zieh den Morgenmantel aus«, befahl er.
Sie ließ ihn über ihre Schultern zu Boden gleiten. Ihr seidenes Nachtgewand schmiegte sich an ihren wohlgerundeten Körper und verhüllte seinen Blicken nichts. Ungeduldig griff er nach ihr; sanft und willig schmiegte sie sich an ihn, hob die Arme, um ihn zu umfangen und drängte ihren weichen Körper an ihn. Ihre Hingabe war so feminin, so großzügig und unterwerfend, daß er einen wilden Triumph fühlte über seine Macht, ihr hungriges Verlangen nach ihm zu wecken. Sie öffnete seiner suchenden Zunge willig die Lippen.
Als sich sein Mund von ihrem löste und er sie dann von sich schob, schrie sie leise enttäuscht auf. »Komm ins Bett«, befahl er, und Brianna gehorchte ihm sofort, ließ sich willig führen. Doch eigenartigerweise wünschte er sich, daß sie aus eigenem freien Willen bei ihm war und nicht durch seine Beschwörung dazu veranlaßt.
Zärtlich hob er sie aus dem Bett. Dann zog er ihr den Morgenmantel wieder über die Schultern und knöpfte ihn bis zum Kinn zu. Er öffnete die Tür und schob sie sanft hinaus. »Geh zurück zu dir, Brianna.«
Ah wurde wachgerüttelt. »Ich brauche ein Beruhigungsmittel«, hörte er eine gequälte Bitte. Ohne Widerrede öffnete Ali seine Medizintruhe und wählte ein erprobtes Pulver. Es mußte nicht gegen körperliche Schmerzen wirken. Die Schmerzen, unter denen Drakkar litt, saßen im Herzen und in der Seele.
Mit der Morgendämmerung kam auch die Erkenntnis, daß er keine vierundzwanzigstündige Kontrolle über Brianna ausüben konnte, deshalb würde er seine Kräfte auf Robert konzentrieren müssen. Er würde ihn einfach mit Arbeit überhäufen, er mußte so beladen sein mit Problemen um Prinz Lionels Ritter und seine Krieger, daß er vollkommen erschöpft war, wenn er endlich seine Gemächer aufsuchte.
22
Joan von Kent plagte sich nicht sehr oft mit Sorgen. Wann immer etwas Unangenehmes ihre Gedanken beschwerte, schob sie es flink beiseite und widmete sich lieber glücklicheren Phantasien. Als Brianna ihr erzählte, daß sie am vergangenen Abend die Verlobungspapiere unterzeichnet hatte, fragte Joan sich, was sie wohl tun würde, wenn der König sie rufen ließ, um ihre Verlobung mit William de Montecute zu besiegeln. Sofort schickte sie. eine Nachricht in die Fish Street, und damit war für sie dieses heikle Thema vorläufig erledigt. Ihr goldener Prinz würde sich schon um alles kümmern.
Sie nahm das Kästchen, in dem sie all die Liebesbriefe Edwards verwahrte, dann setzte sie sich auf den gepolsterten Fenstersitz und verträumte die Stunden des Nachmittags. Als sie alle Billetten noch einmal gelesen hatte, sagte sie zu Glynis: »Einer der Briefe von Edward fehlt.«
»Bist du ganz sicher, meine Lady?«
»Ja, er war mir der liebste! Ich erinnere mich ganz genau an die Worte, nachdem der König meine Verlobung bekanntgegeben hatte. Er schrieb: >Ich bin in diesem Augenblick wütender, als ich es in meinem ganzen bisherigen Leben je gewesen bin!... Du bist meine kostbare Geliebte, und du wirst es auch immer bleiben.<«
»Hast du den Brief damals nicht unter dein Kopfkissen gelegt?« fragte Glynis.
»Ja! Oh je, am folgenden Morgen sind wir nach Bedford gefahren. Die Dienerin hat ihn sicher weggeworfen.«
Glynis runzelte die Stirn. »Bei der heiligen Jungfrau, ich hoffe, sie hat ihn weggeworfen. Es wäre schrecklich, wenn er sich in den verkehrten Händen befände.« Glynis wußte, daß man bei Hofe niemandem trauen konnte, am allerwenigsten den Dienerinnen. »Du solltest den Prinzen lieber warnen, daß einer seiner Briefe verlorengegangen ist.«
»Oh, Glynis, du machst dir immer viel zu viele Sorgen«, schalt Joan sie.
Und du nimmst bei weitem alles zu leicht, dachte Glynis düster.
Als die Abenddämmerung hereinbrach, war Joan angenehm überrascht, Besuch von ihrem Bruder zu bekommen, dem Grafen von Kent.
»Hol deinen Umhang, Liebes. Ich bringe dich in die Fish
Street.«
»Wie wundervoll! Glynis, lauf zu Brianna und bitte sie, mich zu begleiten.«
»Nein!« fiel Edmund ihr ins Wort. »Du mußt allein kommen, Joan. Es
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