Rosentraeume
den Damen. Selbst die Satteldecken ihrer Pferde hingen in Fetzen herab.
Die Menge staunte über die Art, wie ihr Prinz sich schlug und Kampf um Kampf gewann. Es war eine Darbietung, die es zuvor in der Geschichte noch nie gegeben hatte. Sowohl Christian als auch Edward waren dankbar für den kühlen Morgen, der Nachmittag würde beträchtlich wärmer werden.
Brianna hatte über Hawksbloods Sieg nachgedacht, und dabei war ihr ein sehr beunruhigender Gedanke gekommen. Was geschähe, wenn die beiden Brüder Beauchamp im Turnier gegeneinander anträten? Wem sollte sie dann bei einem Sieg zujubeln? Natürlich wäre sie für Robert, es war ihre Pflicht, ihn zu unterstützen, doch insgeheim betete sie, daß die beiden sich nicht bekämpfen würden. Sie zitterte, und Adele hängte ihr den Samtumhang um die Schultern.
Es fühlte sich an, als hätte ihre Mutter die Arme um sie gelegt. Wieder war der Schwarze Prinz auf dem Feld. Sicher war er der tapferste Recke der ganzen Christenheit, bei so vielen Gegnern! Doch plötzlich erstarrte Brianna zur Reglosigkeit. Der Ritter in der schwarzen Rüstung, der so unermüdlich über das Feld ritt, war nicht Edward. Es war der Araber, es war Hawksblood! Sie durchschaute ihn so deutlich, als würde er blank auf seinem Pferd sitzen. Eigentlich erwartete sie von Joan, daß auch sie die wahre
Identität des Schwarzen Prinzen kannte, doch sehr schnell wurde sie eines Besseren belehrt. »Edwards Kraft muß jetzt wirklich am Ende sein«, sagte Joan. »Diesmal wird er besiegt werden.«
Briannas Blicke wanderten wieder zu dem beispiellosen Krieger. »Nein! Niemand wird ihn besiegen!« Fasziniert beobachtete sie, wie Christian seine Lanze unter den Arm klemmte und mit der Genauigkeit eines Todesengels seinen Gegner zu Boden zwang. Hawksblood tanzte einen wilden Tanz, der reinste Perfektion war. Brianna konnte nicht verstehen, daß nicht jedermann diesen Draufgänger erkannte.
»Edward, Edward, Edward«, brüllte die Menge, und der König war aufgesprungen und schwenkte das große Banner Englands.
Die Wachbeamten entfernten einige ungebührliche Londoner aus den ersten Rängen, und alle setzten sich wieder hin, um auf den nächsten Kämpfer zu warten. Joan griff nach Briannas Hand, als sie die Ankündigung hörte. »William de Montecute fordert Robert de Beauchamp.«
Robert sah riesig aus, als er über das Feld heranpreschte. Die Gräfin von Salisbury schrie auf, als ihr Sohn aus dem Sattel geworfen wurde. De Beauchamp zog sein Schwert und schlug, ohne vom Pferd abzusteigen, auf seinen Gegner ein. Das war nach den Regeln des Turniers sein Recht, doch Brianna hielt es für zutiefst unritterlich!
Die erregte Menge applaudierte dem Gewinner trotzdem, und Brianna schloß sich an. Joan flüsterte ihr zu: »De Montecute ist immer so überzeugt von sich, ich bin froh, daß Robert ihn besiegt
hat.«
Der letzte Kampf des Morgens wurde angekündigt, und wer anders war dran als der Schwarze Prinz. Brianna studierte ihn eingehend. Diesmal wußte sie, daß es wirklich Prinz Edward war, der sich unter der schwarzen Rüstung versteckte. Wie eigenartig, daß sie die beiden auseinanderhalten konnte, als wären sie so verschieden wie Tag und Nacht. Ganz plötzlich trat die Sonne hinter einer Wolke hervor, und Brianna ließ den warmen Umhang von ihren Schultern gleiten. Im selben Augenblick, als sie den Umhang nicht mehr trug, war auch ihr überdeutliches Wahrnehmungsvermögen verschwunden. Hatte ihr ihre Einbildungskraft einen Streich gespielt? Sie blickte auf den grauen Samt hinab und wunderte sich. Ihre Mutter hatte die Gabe des zweiten Gesichts besessen. Als Brianna sich mit ihrem Umhang wärmte, hatte auch sie Dinge gesehen, die den anderen Menschen verborgen blieben.
Die königlichen Haushofmeister betraten die Logen und brachten Erfrischungen für die Königin und ihre Damen. Der König ging zu seinem eigenen Pavillon. Er sollte am Nachmittag kämpfen und konnte es kaum erwarten.
Paddy und John Chandos griffen hungrig zu, sie teilten ihre Mahlzeit mit Randal und Gnasher. Christian und Edward jedoch aßen nichts. Damit sie nicht austrockneten, tranken sie Wasser, vermischt mit Rosmarin und Odermennig, damit sie nicht in ihrer Aufmerksamkeit nachließen. Ali massierte die Muskeln der beiden Männer mit Mandelöl und Myrrhe. Der Prinz war sehr beeindruckt von dem Talent des Knappen.
»Würdet Ihr in Erwägung ziehen, mein persönlicher Leibarzt zu werden?« fragte Edward ihn.
Ali schüttelte den
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