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Rosenwahn

Titel: Rosenwahn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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nicht per Telefon, sondern persönlich zu tun.
    »Also kannst du noch gar nichts sagen?«
    »Ich möchte den Kindern nichts versprechen, was ich nicht halten kann. Wenn es sehr spät wird, gehe ich wieder in mein Ferienhaus«, erwiderte er, um einen unbeschwerten Tonfall bemüht.
    »Ah ja«, kam es reserviert von der anderen Seite.
    »Warum nicht?«, fragte er deshalb. »Wie ich gestern am Rande mitbekommen habe, verbringt ihr doch ohnehin alle drei das Wochenende mit Freund Martin.«
    »Das stimmt, ich hatte ganz vergessen, dir davon zu erzählen. Entschuldige«, antwortete Astrid schuldbewusst. »Aber ich war wohl etwas im Stress die letzten Tage.«
    »Du hast mein vollstes Verständnis. So was kann einem schon mal passieren«, meinte Georg, und es wirkte fast ein wenig boshaft.
    »Na dann.« Astrid klang ein wenig unentschlossen.
    »Falls wir uns nicht mehr sehen, wünsche ich euch ein wunderschönes Wochenende. Grüß mir die Mädchen!«, verabschiedete sich Angermüller.
    »Schade, dass du deine Kinder jetzt am Wochenende gar nicht siehst, wo sie doch gerade erst von einer langen Reise zurückgekommen sind.«
    »Stimmt. Aber ich habe die Verabredung zum Segelwochenende nicht getroffen.«

     
    Ach, ich hab doch Glück mit meinem Sohn, dachte Derya zufrieden, als sie mit dem voll geladenen Wagen unterwegs zu ihrer Kundin war. Er ist wirklich ein lieber Junge. Dank Korays Hilfe lag sie jetzt wieder gut in der Zeit. Trotz der unangenehmen Fragen in ihrem Hinterkopf hatte der Kopfschmerz sich wieder verflüchtigt. Sie hatte das Fenster geöffnet und ließ sich den kühlen Fahrtwind um die Nase wehen. Die Sonne hatte den Himmel zurückerobert, ein weites Blau lag über den Hügeln, und es würde einer dieser langen, hellen Abende werden, die Frühjahr und Sommer hier im Norden so einzigartig machten. Bliestorf war ein kleines Dorf, südlich von Lübeck. Als Derya die Autobahn überquert hatte, angelte sie ihr Handy aus der Tasche, rief Frau Trede an und sagte ihr, dass sie in etwa zehn Minuten bei ihr sein würde.
    In Baumsberg bog sie nach rechts ab, fuhr über den Elbe-Lübeck-Kanal und anschließend durch Kronsforde. Rechterhand tauchte schon der Forst Bliestorf auf. Nun war es nicht mehr weit. Derya überlegte, ob sie versuchen sollte, Friede auf dem Handy zu erreichen, wenn sie ihr Büffet abgeliefert hätte. Bis dahin wäre Friedes Kaffeeklatsch wahrscheinlich zu Ende; vielleicht könnte Derya sie dann zu Hause aufsuchen – es war ja ohnehin nicht mehr so weit von Bliestorf bis zum Bartels-Hof. Sie konnte Friede nicht länger ihre Vermutungen in Bezug auf den Jungen vorenthalten, und vielleicht stellte sich dann alles als großer Trugschluss heraus. In diese Überlegungen versunken zuckelte sie langsam über die leere Landstraße.
    Plötzlich durchfuhr es sie wie ein Blitz: Der Wagen, der ihr gerade entgegengekommen war – das war er! Das war der weiße Lieferwagen mit der Rose! Derya trat abrupt auf die Bremse, hörte es im Laderaum scheppern, dachte mit Entsetzen an die spanische Gurkensuppe und drehte sofort um, kaum, dass der Wagen zum Stehen gekommen war. Die Reifen quietschten, als sie wieder Gas gab und in die Richtung fuhr, aus der sie gerade gekommen war. Da! Sie konnte den Kastenwagen schon vor sich sehen. Sie nahm die Geschwindigkeit zurück und folgte ihm in gleich bleibender Entfernung. Jetzt betätigte er den Blinker und bog nach links in den Wald ab.
    Derya tat es ihm nach. Im Vorüberfahren sah sie an der Einfahrt in den Schotterweg, unter dem Verkehrszeichen, das nur Forstfahrzeugen die Nutzung erlaubte, ein altes, halb verrottetes Firmenschild mit verblasster Schrift an einem Baum lehnen. Sie fuhr so langsam, dass sie das weiße Auto gerade noch sehen konnte und nicht aus den Augen verlor. Ein dichter Mischwald stand rechts und links des Weges, die Sonnenstrahlen fielen fast waagerecht durch das frische Blattwerk. Auf einmal war der Lieferwagen verschwunden. Als Derya näher kam, stellte sie fest, dass hier nach links ein Weg abbog, viel kleiner und enger als der, auf dem sie sich befand. Gras wuchs auf dem Boden. Nur zwei tiefe Furchen bildeten die Spur. Wer weiß, wie dieses Querfeldeinfahren ihrem Auto bekommen würde. Aber er war mit Sicherheit hier hineingefahren. Nun war sie sowieso schon mitten in der Wildnis, dann war das hier jetzt auch egal.
    Kurz entschlossen lenkte Derya in den zugewachsenen Waldweg. Die hohen Grashalme streiften den Boden ihres Wagens, manchmal auch eine

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