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Rosenwahn

Titel: Rosenwahn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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Kind«, meinte Claus Jansen bedauernd. »Da haben die Kollegen aus Eutin wohl doch recht gehabt mit ihrem Verdacht auf Fremdverschulden. An Altersschwäche ist sie bestimmt nicht gestorben.«

     
    Als am Nachmittag der Zahnabgleich vorlag, stand eindeutig fest, dass es sich bei dem Eutiner Fund um die sterblichen Überreste von Meral Durgut handelte. Angermüller setzte die Staatsanwaltschaft in Kenntnis und machte sich mit Jansen auf den Weg zur Altstadtinsel, wo die Familie Durgut wohnte.
    Durch behutsame Sanierung war ein Teil der Lübecker Altstadt mit ihren historischen Ganghäusern und Höfen mittlerweile zu einer begehrten Wohnlage geworden. Die Touristen drängten sich gern über das alte Pflaster, duckten sich durch die engen, niedrigen Gänge, bestaunten die pittoresken Ensembles und ihre Bewohner – und hätten am liebsten noch in deren Wohnzimmern fotografiert. Auch viele Ferienwohnungen wurden hier angeboten und erfreuten sich, mit ihrem romantischen Flair und nah bei den touristischen Attraktionen gelegen, großer Beliebtheit. Doch dazwischen gab es immer noch andere Ecken, wo die dicht an dicht stehenden Gebäude schattige Dunkelheit verbreiteten, der Putz bröckelte und aus den Haustüren der muffige Geruch alter Häuser strömte. Schon lange hätte es hier einer Modernisierung und viel Farbe bedurft, um mit den schicken, aufgehübschten Häuschen in der Nachbarschaft mithalten zu können.
    In der angegebenen Hausnummer standen im Untergeschoss die Räume einer ehemaligen Kneipe leer – dem verblichenen Plakat im Fenster nach zu urteilen, schon ziemlich lange. Als sie den engen Hausflur betraten, kullerte den Beamten von der schmalen, steilen Treppe, die in den ersten Stock führte, ein Fußball entgegen. Jungenstimmen waren zu vernehmen. Das Einzige, was Angermüller aus ihrer lautstarken Unterhaltung heraushörte, waren die Worte Galatasaray und Werder Bremen. Schließlich sprangen, ohne von den Kommissaren Notiz zu nehmen, zwei vielleicht sechsjährige Jungs an Angermüller und Jansen vorbei, schnappten sich den Fußball und verschwanden nach draußen.
    An der rechten der beiden Wohnungstüren war ein Schild mit dem Namen Durgut angebracht. Angermüller sah Jansen an, dann holte er tief Luft und klingelte. Eine angenehme Mission war das keineswegs, in der sie hierher unterwegs waren, und er sah der Reaktion der Familie mit gemischten Gefühlen entgegen. Sacht bewegten sich Schritte zur anderen Seite der Tür. Offensichtlich sah jemand durch den in Augenhöhe angebrachten Spion. Dann hörte man ein leises: »Ja bitte?«
    »Guten Tag, wir sind von der Polizei«, sagte Angermüller langsam und deutlich und hielt seinen Dienstausweis in die Höhe. »Dürfen wir bitte kurz zu Ihnen hereinkommen? Es geht um Meral Durgut.«
    Kette und Schlüssel klapperten, die Tür wurde geöffnet und eine junge Frau stand ihnen gegenüber. Auch wenn sie stark geschminkt und ihr Haar unter einem eng gebundenen Kopftuch verborgen war, ihre Ähnlichkeit mit Meral Durgut war unübersehbar.
    »Bitte«, sagte sie statt einer Begrüßung. Angermüller fiel kein anderes Wort als hoheitsvoll für die kaum merkliche Bewegung des Kopfes ein, mit der sie den Beamten bedeutete, einzutreten.
    »Haben Sie meine Schwester gefunden?«, fragte sie im Flüsterton, sofort, nachdem sie die Wohnungstür geschlossen hatte. Angermüller nickte.
    »Wie – wie geht es ihr?«
    Die Art, wie sie fragte, ließ den Kriminalhauptkommissar vermuten, dass sie die Antwort schon ahnte.
    »Können wir uns vielleicht irgendwo hinsetzen?«, schlug Jansen vor und sah sich suchend um.
    »Bitte, sagen Sie mir erst eines«, die Frau blieb vor einer der drei Türen stehen, die von dem dunklen Flur abgingen. »Ist Meral tot?«
    Es widerstrebte Angermüller, hier und jetzt diese Frage zu beantworten, trotzdem nickte er kurz. Sein Gegenüber atmete hörbar aus, schloss die Augen und presste die Lippen zusammen. Doch nur für einen kurzen Moment, dann blickte sie wieder auf und bat die Kommissare um etwas Geduld.
    »Meiner Mutter geht es nicht so gut. Sie hat sich vorhin ein bisschen hingelegt.«
    »Sollen wir ein andermal wieder kommen?«
    »Nein, nein, wo wir schon so lange gewartet haben!«, wehrte sie ab. »Aber es ist vielleicht besser, ich wecke sie erst einmal und rede mit …«
    »Sibel!«
    »Jetzt ist sie doch schon wach geworden.«
    Unauffällig gab Jansen seinem Kollegen ein Zeichen, sie zogen ihre Schuhe aus und stellten sie zu den Paaren, die sich

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