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Rosenwahn

Titel: Rosenwahn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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wir doch alle ein Defizit, was zugegebenermaßen natürlich an beiden Seiten liegt.«
    »Ich weiß gar nicht, was du willst, Georg«, widersprach Peter und schaute Beifall heischend in die Runde. »Ich bin Stammgast in Alis Dönerbude, der sagt Peter zu mir und wir unterhalten uns immer prima.«
    »Wahrscheinlich redet ihr über Fußball, während du deinen Döner isst.«
    »Ja, woher weißt du das?«, grinste Angermüllers Schwager.
    »Döner! Dass die Türken das ständig essen können, kann ich nicht verstehen«, schüttelte sich Gudrun. »Allein der viele Knoblauch!«
    »Unter den Türken, liebe Schwägerin, gibt es Leute, die sich mindestens so voneinander unterscheiden wie du und ich«, widersprach Angermüller mit grantigem Unterton. »Außerdem essen sie nicht ständig Döner. Bei Freunden habe ich gerade erst erlebt, dass die türkische Küche sehr vielfältig ist. Es gibt wunderbare Gemüse- und Fischgerichte, köstliche Vorspeisen, ganz viele Sachen, die wir hier überhaupt nicht kennen – auch ohne Knoblauch.«
    Gudrun lächelte schief, sagte nichts mehr und würde bei nächster Gelegenheit genau den gleichen Unsinn wie eben erzählen.
    »Das mit der türkischen Küche mag ja sein«, entgegnete Peter ungeduldig und machte eine abfällige Handbewegung. »Kann ich ja meinen Ali mal nach fragen. Aber was ich eigentlich erzählen wollte: Hat sich letzte Woche bei mir doch tatsächlich son türkisches Mädel beworben. Ich hab den Namen gehört und der gleich gesagt, die Stelle ist schon weg. Das kommt noch so weit, dass bei mir sone Kopftuchmutti an der Rezeption sitzt! So was kann ich doch meinen Gästen gar nicht zumuten!«
    »Trug sie denn ein Kopftuch?«
    »Hab ich doch nicht gesehen, die war doch nur am Telefon. Aber haben die doch alle!«
    »Schon mal was von Antidiskriminierungsgesetz gehört?«, fragte Astrid nur kühl.
    Peter stellte sich taub.
    Georg registrierte erfreut, dass Astrid sich sofort auf seine Seite geschlagen hatte, denn bei all den Punkten, die ihm in letzter Zeit an ihr negativ aufgefallen waren, die Ignoranz und die Vorurteile ihrer Familie teilte sie ganz gewiss nicht. Sie waren eben doch noch ein gutes Team.
    »Und dann die ganzen Moscheen, die hier gebaut werden!« Jetzt wollte Peter mal richtig seinen Ärger loswerden und brachte mit seinem empörten Einwurf prompt auch einige Köpfe am Tisch zum Nicken.
    »Alles von unseren Steuergeldern! Wozu brauchen wir überhaupt Moscheen in Deutschland? Das kommt noch so weit und wir werden jeden Morgen von so ’nem jaulenden Typ vom Minarett geweckt!«
    »Soweit mir bekannt ist, finanzieren die Muslime in Deutschland den Bau ihrer Moscheen selbst, oftmals über Spenden der Mitglieder einer Gemeinde. Du kannst ganz beruhigt sein, kein Cent von dem bisschen Geld, für das du ausnahmsweise Steuern zahlst, fließt in den Bau einer Moschee.«
    »Und ich kann dir auch sagen, warum wir Moscheen brauchen«, setzte Astrid der Argumentation ihres Mannes hinzu, »weil wir nun mal ein Einwanderungsland sind, auch wenn das offiziell nicht so gesagt wird, weil hier schon tausende Muslime leben und weil wir gegen die Integration arbeiten würden, wenn wir die Leute in finstere Hinterhof-Gebetsräume abschieben. Es ist doch immer besser, offen miteinander umzugehen, oder?«
    Wie meist in der familiären Runde beendete Johanna die Diskussion. »Dass ihr Männer aber auch immer wieder von Politik anfangen müsst! Wir wollen hier doch nur mal nett mit der Familie zusammensitzen. Nu lasst uns man über was anderes sprechen.«
    Dass auch Astrid sich unschicklicherweise immer in diese Debatten einmischte, übersah sie geflissentlich.

     
    »Was machen wir jetzt?«, fragte Angermüller seine Frau, als sie sich endlich aus dem Familienidyll abgeseilt hatten und im Auto saßen.
    »Ich glaub, ich brauch irgendwas Herzhaftes zu essen nach dem vielen Kuchen.« Er strich sich mit der Hand über den Bauch.
    »Ich denke mal, du würdest nicht hungers sterben, wenn du heute überhaupt nichts mehr isst«, entgegnete Astrid. Aber sie lächelte dabei. Wie früher hatten sie gemeinsam den Kampf gegen das Bollwerk provinzieller Engstirnigkeit am Kaffeetisch ausgetragen – und so etwas schweißte zusammen, auch wenn ihnen beiden die Vergeblichkeit ihrer Bemühungen klar war.
    »Was hältst du davon, wenn ich uns beiden eine hübsche Kleinigkeit koche? Mir ist eingefallen, in unserem Kühlschrank daheim gibt es noch grünen Spargel. Der sollte jetzt endlich mal gegessen

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