Rosenwahn
hat sie die gründlich beseitigt, so pütscherig wie die is. Jedenfalls stammen alle, die wir bis jetzt feststellen konnten, mit ziemlicher Sicherheit von ihr.«
»Habt ihr sie auch gefragt, ob sie …?«
»Haben wir, Herr Kriminalhauptkommissar«, unterbrach Ameise. »Wir wissen doch Bescheid! Ihr ist nix aufgefallen dabei. Wir haben auch die Eingangstüren überprüft, oben die Haustür und hier die Tür vom Keller zum Garten: keine Spuren gewaltsamen Eindringens.«
»Okay, ihr wisst, wo ihr uns finden könnt, wenn ihr dringende Mitteilungen für uns habt. Frohes Schaffen noch«, verabschiedete sich Angermüller.
»Auf Wiedersehen, die Herren«, antwortete Ameise. »Ihr kriegt selbstverständlich einen ordentlichen Bericht, wie immer. Kann ja unser Kleiner, der Dario hier, machen. Der soll ja schließlich was lernen.«
»Außer Spesen nix gewesen«, meinte Angermüller leicht enttäuscht, als sie sich auf der Umgehung von Eutin auf dem Rückweg befanden.
»Ehrlich gesagt, hab ich sowieso nicht geglaubt, dass wir in dem Haus groß was finden. Wenn das die Brüder waren oder sonst wer aus der Familie, die das Mädchen getötet haben, warum sollten die mit ihr erst noch in dem Haus gewesen sein? Das macht doch keinen Sinn«, stellte Jansen fest.
Als Angermüller darauf nicht antwortete, fuhr Jansen fort, seine Sicht des Geschehens zum Besten zu geben. »Die haben doch wahrscheinlich kurzen Prozess gemacht und dann schnell weg mit der Leiche.«
»Und wie haben sie das Mädchen getötet? Es gab ja keine Spuren an dem Skelett.«
»Messer. Die Türken nehmen Messer. Und wenn man Glück hat, dann geht der Stich einfach so durch, ohne einen Knochen zu berühren, und dann findet die Ruckdäschl natürlich auch nichts.«
»Und wieso sind die ausgerechnet auf ein Grundstück nach Eutin gekommen, um die Leiche zu beseitigen?«
»Was weiß ich«, Jansen zuckte mit den Schultern. Ganz gegen seine Gewohnheit zuckelte er langsam einem Laster hinterher. »Vielleicht ein Tipp von einem Bekannten oder Verwandten? Ein Handwerker, ein Postbote, ein Gärtner, irgendeiner, der hier in der Gegend wohnt oder zu tun hat. Die haben doch immer so große Familien, die Türken.«
»Sag mal, könnte man vermuten, dass du irgendwie Vorurteile hast?«, fragte Angermüller halb im Ernst, halb im Scherz. »Nur so ein paar vielleicht?«
»Erfahrung, das is nur Erfahrung!«, gab Jansen im selben Ton zurück.
Sein Kollege nickte resigniert. »Du hast ja recht. Wir haben hier mehr oder weniger alle diese Bilder im Kopf. Und viele von den Türken, die hierher kommen, stammen halt auch aus ziemlich rückständigen Gebieten, irgendwo weit im Osten, oder sind zumindest so traditionelle Leute wie die Familie von unserem Opfer.«
»Und die Tante des Mädchens hat zumindest nicht gesagt, dass sie ihrer Familie so eine Tat nicht zutrauen würde.«
»Trotzdem. Das bringt uns alles nicht weiter, Claus.«
Jansen ergriff die Gelegenheit und zog an dem Laster vor ihnen vorbei. Der Verkehr auf der kerzengeraden Landstraße war erheblich geringer als auf der Hinfahrt. Nach wenigen Minuten erreichten sie die Auffahrt zur Autobahn.
»Ich denke, wir sollten bald einmal mit dem deutschen Exfreund des Mädchens reden«, nahm Angermüller den Faden wieder auf. »Wer weiß. Verschmähte Liebe, Eifersucht, gekränkte Eitelkeit sind ebenfalls passable Motive, und dieses Grab unter einem Rosenbusch würde dazu auch besser passen.«
»Wenn du meinst.«
Jansen bremste. Sie befanden sich zwischen Pansdorf und Ratekau. Plötzlich stockte der Verkehr vor ihnen, wurde immer langsamer und kam schließlich nur noch meterweise vorwärts.
»Oh Mann«, stöhnte Jansen und schaltete den Polizeifunk ein. Auf dem Autobahnstück direkt vor ihnen war ein Tanklaster mit einer Ladung Milch verunglückt. »Das kann ja ewig dauern.«
Wenn Claus Jansen eine Eigenschaft fehlte, dann Geduld. Im Stau zu stehen musste für ihn eine Art Folter bedeuten. Alle paar Minuten ging es nur einige Meter vorwärts. Genervt stellte Jansen jedes Mal den Motor ab und trommelte mit den Fingern aufs Lenkrad. Langsam wurde es ziemlich heiß im Auto, weshalb Angermüller beide Fenster herunterließ. Ein leichter Wind strich durch das Wageninnere und brachte einen kräftigen Geruch nach Gülle herein.
»Oh nee!«
Jansen litt. Angermüllers Handy meldete sich.
»Wenn wir hier durch sind, kannst du gleich wieder umdrehen. Wir müssen nach Neustadt«, teilte der Kriminalhauptkommissar seinem
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