Rosenwahn
werden. Und ich hab Toni, einem italienischen Küchenchef aus Kellenhusen, den ich vor Kurzem kennengelernt habe, ein Rezept dafür abgeluchst. Die blanchierten Spargel werden nur mit Pancetta angebraten, bisschen Thymian, Parmesan, Eigelb, dazu Tagliatelle und …«
»Ach Georg, du wirst dich wohl nie ändern! Schon bist du wieder bei deinem Lieblingsthema gelandet.« In der Ferne hörte man Donnergrollen und aus dem tintenblauen Himmel fielen erste dicke Tropfen auf die Autoscheiben. In einer Mischung aus Amüsement und Resignation sah Astrid zu ihrem Mann. »Grüner Spargel, sagst du? Warum nicht? Fahren wir also nach Hause.«
Bei der Ankunft in St. Jürgen tobte sich das Gewitter direkt über ihnen krachend aus. Astrid und Georg blieb nichts anderes übrig, als im Wagen abzuwarten. Nach ein paar Minuten war der Spuk vorbei, aber immer noch goss es wie aus Eimern.
»Das kann ja noch ewig dauern«, meinte Astrid. »Komm, lass uns schnell hineinrennen, so gemütlich ist es hier im Auto auch wieder nicht, und wir sind ja nicht aus Zucker!«
Im Laufschritt legten sie den Weg durch den dichten Regen zur Haustür zurück. Die Luft war erstaunlicherweise immer noch warm und sie beide nach den wenigen Metern völlig durchnässt.
»Geschafft!«
»Georg, wie du aussiehst! Deine Haare!«
»Und deine erst! Klatschnass!«
Übermütig fielen sie sich im Flur in die Arme. Astrid fuhr lächelnd mit den Fingern durch Georgs sich von der Feuchtigkeit noch mehr als sonst kringelnde Locken und Georg strich ihr die feuchten, blonden Haare beiseite. Ganz sanft küsste er seiner Frau die Regentropfen vom Gesicht und dann ließ sie sich, die immer noch so schlank wie vor 15 Jahren war, die Treppe hoch ins Schlafzimmer tragen. Das Abendessen war erst einmal in Vergessenheit geraten.
Als sie später bei Kerzenlicht hinter der Küche im Wintergarten saßen, fragte er sich, was es eigentlich gewesen war, das ihm die Aussicht auf ein paar Wochen allein in Steffens Haus so verlockend hatte erscheinen lassen. Er saß hier mit seiner Frau beim Wein, nachdem sie die Asparaghi al Pancetta genossen hatten, und sie sprachen über gemeinsam Erlebtes, über Gott und die Welt, nicht wie sonst über Haushalts- und Kinderorganisation, amüsierten sich, lachten zusammen, wodurch der Abend im Nu vorbeiging. Angermüller fühlte sich so leicht und unbeschwert wie lange nicht mehr. Versonnen blickte er durch die geöffnete Terrassentür in den Garten, in dem immer noch eine Wand aus Regen niederging.
Kapitel V
»Schönes Wochenende gehabt, Kollege?«
»Danke der Nachfrage. War ganz wunderbar. Und selbst?«
»Alles gut«, nickte Jansen und wechselte, nach einem kurzen Blick in den Rückspiegel, auf die Überholspur. »Wir waren die ganze Zeit am Strand. Bisschen in der Sonne liegen, bisschen schwimmen. Samstagabend haben wir gegrillt.«
»Schwimmen?« Ungläubig sah Angermüller seinen Kollegen von der Seite an. »Wie warm war denn die Ostsee?«
»Fast 16 Grad!«
»Das ist wohl nur was für Eingeborene, da kriegst du mich nicht rein!«, schüttelte sich Angermüller.
»Warmbader!«
Sie verließen die Autobahn in Richtung Eutin und sagten den Rest der Fahrt über nicht mehr viel, da Jansen sich auf seine Überholmanöver auf der viel befahrenen Landstraße konzentrierte.
»Und, Claus? Haben wir wieder die Schallmauer durchbrochen?«, fragte Angermüller und schüttelte seine verkrampften Gliedmaßen, als sie vor dem letzten Haus an dem kleinen See im nördlichen Ausläufer Eutins aus dem Passat stiegen. Sie parkten hinter einem Wagen gleichen Fahrzeugtyps, in dem die Kriminaltechnik bereits angereist war.
»Geht so. Reine Fahrzeit knapp 30 Minuten«, grinste Jansen, der jede Autofahrt nutzte, um seine Fähigkeiten als Rallyefahrer nicht einrosten zu lassen. Es war Montagvormittag. Die Sonne schien unbeirrt aus einem grenzenlosen Blau, als hätte es den nächtlichen Dauerregen nie gegeben. Nur die feuchtwarme Luft erinnerte an die Wassermassen, die stundenlang vom Himmel gefallen waren. Die Gartenpforte stand offen. Über drei Stufen gelangten sie zur Haustür, die nur angelehnt war.
»Vergiss es, Kleiner, wir sind hier nicht bei CSI Miami. Die Supermaschinen, die Zaubermittelchen und den ganzen anderen Hokuspokus aus dem Fernsehen, das gibt’s bei uns in Schleswig-Holstein nicht. Wir sind ein armes Land, mit einer armen Polizei und wir machen noch solide Hand- und Kopfarbeit.« In einer Türöffnung am Ende
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