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Rosenwahn

Titel: Rosenwahn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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des kleinen Flurs standen, wie immer ganz in ihrer weißen Schutzkleidung, Andreas Meise und Dario Striese, der Praktikant. Der Junge überragte Ameise um mindestens eine Haupteslänge und erhielt offensichtlich gerade eine Einführung in seine Arbeitspraxis. »Und was hab ich dir neulich gesagt? Als Erstes wird immer abgesperrt, damit nich irgend son Tüffel alles kaputt trampelt.« Ameise warf einen Seitenblick auf die Ankömmlinge. »Wenn man vom Teufel spricht.«
    »Moin«, grüßte Jansen.
    »Moin, Moin. Willkommen in der Rosenstadt«, antwortete Ameise für seine Verhältnisse über die Maßen gut gelaunt, während Dario pflichteifrig nach draußen lief, um das Absperrband zu holen. Rosenstadt – so nannte sich Eutin mit den vielen Rosenstöcken vor den Häusern seiner malerischen Straßen und Gassen, zu denen es auch eine alte Legende gab. Für ihn würde die Rosenstadt in Zukunft wohl immer mit dem Grab hier hinter dem Haus verbunden bleiben, dachte Angermüller.
    »Können wir uns schon mal umsehen – oder seid ihr noch dabei?«, erkundigte er sich bei Ameise.
    »Bitte, tut euch keinen Zwang an. Hier oben sind wir fertig.«
    Das Haus war eigentlich eher ein Häuschen. Geradeaus schloss sich eine winzige Küche an den Flur an, zur Linken lag ein etwas größeres Zimmer mit einem Kamin, das durch eine Tür mit einem dahinter liegenden, kleineren verbunden war, in dem ein alter Kanonenofen stand. Ein dumpfer, feuchter Geruch lag in allen Räumen. In dem wenigen Licht, das durch die blinden, mit Pflanzen zugewachsenen Fensterscheiben fiel, war zu sehen, dass die Räume vollkommen leer waren – kein altes Möbelstück, keine vergessene Gardine, keine alte Zeitung, wirklich nichts. An einigen Stellen löste sich Tapete von den Wänden. Wahrscheinlich ein Tribut an die lange Zeit des Leerstands, unter der die Bausubstanz in der kalten Jahreszeit besonders zu leiden hatte. Auch in der Küche kein alter Lappen in der Spüle, keine leere Flasche. Im oberen Stockwerk, in dem sich zwei Räume mit schrägen Wänden sowie das winzige Badezimmer befanden, das gleiche Bild. Hier könnte man was draus machen, dachte Angermüller, als er einen Blick aus einem der Dachfenster warf. Hinter dem Blattwerk der Bäume sah man die Wasserfläche des Sees funkeln. Schade um das Häuschen. Und alles nur, weil bei ein paar gierigen Erben der Verstand aussetzt.
    »Sieht so aus, als ob wirklich seit ewigen Zeiten kein Mensch mehr hier gewesen ist«, meinte er zu Jansen.
    »Allerdings. Aber davon war ja auch nicht unbedingt auszugehen, oder?«
    »Ja, vielleicht. War aber einen Versuch wert.«
    Als sie wieder im Erdgeschoss angekommen waren, hörten sie Ameise aus dem Keller rufen und nahmen die Stiege, die vom Flur hinunterführte.
    »Ihr könnt eure Neugier auch gern hier unten befriedigen. Aber ich sag euch gleich, auch hier keine Sensationen, außer dass es für einen Keller erstaunlich sauber ist, wenn man mal von Spinnweben und Mäusekacke absieht.«
    In der Ecke des einen Raumes sahen sie Friedemann im Schutzanzug stehen, angetan mit einer farbigen Beobachtungsbrille. Hier war wohl früher die Waschküche gewesen, mit einem gemauerten Waschkessel und einem Abfluss in der Mitte. Friedemann hantierte mit einer tragbaren Xenon-Leuchte, deren verschiedene Lichtmöglichkeiten zum Sichtbarmachen von Finger-, Fuß- und anderen Abdruckspuren, Körperflüssigkeiten oder auch Schießpulverrückständen eingesetzt werden konnten.
    »Na, Kollegen«, rief er Angermüller und Jansen zu. »Gibt’s was Neues?«
    »Das hofften wir eigentlich von euch zu hören.«
    Vor dem Nebenraum stand der Praktikant und leuchtete Ameise, der auf einem Berg Kohlen herumkletterte, mit einem Akkuscheinwerfer.
    »Tja, Ofenheizung. Die Alte, der das Haus hier gehört hat, hat bis zum Schluss selbst ihre Öfen beheizt. Das hält jung. Über 90 war sie, als sie hier ganz friedlich eingeschlafen ist.«
    »Und woher weißt du das alles?«
    »Ihre Nichte kam mit dem Schlüssel vorbei und hat uns reingelassen. Und da hat sie uns von ihrem lieben Tantchen erzählt. Im Grabe würde die sich umdrehen, wenn sie ihr geliebtes Häuschen in diesem Zustand sehen könnte. Ach ja!«, mokierte sich Ameise und kletterte aus dem Kohlenkeller. »Ab und zu ist diese Nichte mal hier gewesen, um nach dem Rechten zu sehen und den gröbsten Dreck wegzuputzen. In den letzten Jahren allerdings immer seltener, denn sie ist auch schon ziemlich klapprig. Ergo, sollte es Spuren gegeben haben,

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