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Rosenwahn

Titel: Rosenwahn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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halten können. Doch so große Kartoffeln gab es nicht. Und sie stierten einen auch nicht aus leeren Augenhöhlen und mit grinsendem Gebiss an. Ohne Zweifel blickten sie hier auf einen halb verwesten, menschlichen Schädel.
    »Sie haben die Arbeit sofort eingestellt, als Sie darauf gestoßen sind?«, fragte Angermüller und bemühte sich, seine Augen nicht gleich wieder von dem unansehnlichen Objekt zu nehmen. Jansen hatte sich Schutzhandschuhe übergestreift, war in die Hocke gegangen und drehte es vorsichtig nach allen Seiten.
    »Jo. Hab nur die Plane drüber gedeckt.«
    »Und dann hat er uns gleich angerufen«, setzte der Polizist hinzu.
    »Das war auch richtig so«, bestätigte Angermüller. Jansen legte vorsichtig die Plane über den Fund zurück und erhob sich.
    »Ist das Ihr Grundstück, Herr Kaminski?«
    »Nee.«
    »Wem gehört es denn?«
    Es war Jansen anzumerken, dass ihm die einsilbige Art des Zeugen auf die Nerven ging. Auch Angermüller fand es nicht angenehm, in der drückenden Schwüle herumzustehen. Er spürte schon, wie ihm erste Schweißtropfen den Nacken herunterliefen. Der Streifenbeamte schaute interessiert zwischen Kaminski und den Kommissaren hin und her.
    »Dem Dokter Brecht«, antwortete Kaminski ungerührt. Auch sein blauer Overall wies an vielen Stellen schon feuchte, dunkle Flecke auf, und seine Füße kochten bestimmt in den Gummistiefeln. Doch ihm schien weder die tropische Hitze noch Jansens merkbare Unruhe etwas auszumachen.
    »Und Sie arbeiten für ihn?«
    »Richtig.«
    »Sagen Sie mal, geht das vielleicht ein bisschen flüssiger?«, flehte Jansen. »Wo ist der Dr. Brecht jetzt? Wohnt der allein hier? Was machen Sie hier genau? Wie oft sind Sie hier?«
    »Herr Kommissar, der Willi is nach dem Krieg aus Ostpreußen hierher gekommen«, schaltete sich der Neustädter Beamte ein. »Die reden nich so viel, die Ostpreußen. Eigentlich war der Willi ja Fischer. Stimmt doch, Willi?« Kaminski nickte. »Aber hier in Neustadt liegen schon lange die Kutter nur noch zur Dekoration für die Touristen. Jetzt macht er mal dies und mal das, um seine kleine Rente aufzubessern. Nich, Willi?«
    Auch mit Hilfe des Neustädters dauerte es noch eine ganze Weile, bis die Beamten erfahren hatten, was sie wissen wollten. Dr. Brecht arbeitete als Chirurg im Krankenhaus. Soweit der Streifenpolizist wusste, war er geschieden, bewohnte das Haus zurzeit allein und war viel auf Reisen. Willi Kaminski kam seit letztem Herbst meist einmal pro Woche in den Garten, wenn das Wetter es zuließ, was seiner Meinung nach viel zu selten war, aber mehr wollte der Dokter, wie er seinen Arbeitgeber nur bezeichnete, nicht investieren. Endlich konnten sie, nachdem sie noch seine Personalien aufgenommen hatten, den wortkargen Mann ziehen lassen. Sie warfen einen Blick in den Gartenpavillon, der mit diversen Gartenmöbeln, einem Rasenmäher und Gartenwerkzeugen belegt war und nicht den Eindruck machte, als ob hier jemand in letzter Zeit seine Mußestunden verbracht hatte.
    Gleichzeitig mit dem Team von der Kriminaltechnik traf die Rechtsmedizinerin ein. Die Sonne stach vom Himmel, weshalb sich Jansen und Angermüller in den komfortablen Schatten eines Baumes zurückzogen und von dort ihre Kollegen beobachteten. Anders als bei ihrem Zusammentreffen in Eutin gebärdete sich Ameise nun fast so schweigsam wie der ostpreußische Gärtner. Mit lange einstudierter Routine legte er zusammen mit dem Praktikanten den restlichen Körper frei, der sich unter der schweren, nassen Erdschicht verbarg. Was da zum Vorschein kam, bot wahrlich keinen schönen Anblick. Angermüller versuchte davon zu abstrahieren, dass diese Knochen, die zum Teil von undefinierbaren Resten einer mürben Masse umgeben waren, einmal zu einem Menschen gehört hatten. Zwischendurch musste Dario Striese mit der Kamera den Zustand des Kadavers und seines Liegeortes dokumentieren. Friedemann machte sich an die Untersuchung des Pavillons.
    Angermüller fragte sich, ob es der Anwesenheit der jungen Rechtsmedizinerin zu verdanken war, dass Ameise sich so friedlich und ganz auf die Sache konzentriert verhielt. Frau Dr. Ruckdäschl war Anfang 30, eine zierliche Person mit wachen Augen, die ihr dunkles Haar in einer kurzen Ponyfrisur trug. Auch im weißen Schutzanzug wirkte sie durchaus apart. Und sie wusste sehr genau, was sie wollte und vor allem, was sie nicht wollte. Das hatte sie Ameise, der um einiges älter und sogar ein paar Zentimeter größer war als sie, gleich bei

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