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Rosenwahn

Titel: Rosenwahn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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stehen, zog die Kapuze ins Gesicht und eilte zu Fuß durch den Regen, als den vergeblichen Versuch zu unternehmen, dort wieder einen Parkplatz zu finden. Vielleicht tat die frische Luft auch ihrem schmerzenden Kopf gut.
    »Na, smucke Deern«, hörte sie plötzlich eine Stimme neben sich. »Gehst auch so gern im Schmuddelwetter spazieren?«
    »Ronald!«, freute sich Derya, blieb stehen und begrüßte ihn mit einer Umarmung. »Gerade will ich zu deiner Frau. Und was machst du hier in der Stadt? Ich dachte, du bewegst dich nicht weg von eurem Hof!«, fragte sie scherzhaft.
    »Nur wenn es unbedingt sein muss, da hast du völlig recht«, bestätigte Ronald mit majestätischem Ernst. »Aber ich musste Friede was helfen, und jetzt nutze ich die Gelegenheit und geh noch ein paar Sachen einkaufen. Wenn ich schon mal in der großen Stadt bin«, setzte er spöttisch lächelnd hinzu.
    »Meinst du, Friede hat einen Moment Zeit für mich?«, erkundigte sich Derya.
    »Ich denke schon. Normalerweise macht sie gegen 12 immer Mittagspause. Versuch’s doch einfach.« Er sah Derya forschend an. »Was ist denn los, Mädchen? Geht’s dir nicht gut?«, fragte er mitfühlend.
    »Ach, ich weiß nicht. Es geht um meine Mitarbeiterin, die schon ein paar Tage nicht zur Arbeit gekommen ist. Ich mache mir halt Sorgen deswegen. Außerdem habe ich grässliche Kopfschmerzen«, stöhnte Derya und drückte sich die Hand gegen die Stirn. »Friede kennt das Mädchen auch, Gül. Sie sagte am Wochenende, ich soll noch abwarten, aber ich weiß nicht … heute ist schon Donnerstag.«
    »Naja, das wird bestimmt alns wieder gut, Mädel. Aber rede ruhig mal mit Friede«, meinte Ronald und strich Derya tröstend über die Schulter. »Das tut dir sicher gut, und vielleicht weiß sie ja einen Rat.«
    »Mach ich. Tschüss, Ronald, demnächst müsst ihr unbedingt mal wieder zu mir zum Essen kommen!«
    »Aber gern, Derya, für deine Küche lass ich doch sofort alles stehen und liegen. Tschüss du und nicht immer so viele düstere Gedanken machen! Und gute Besserung!«
    Allein Ronalds unerschütterliche Seelenruhe hatte schon ausgereicht, dass Derya sich ein wenig besser fühlte. Die Fotos in der Zeitung, die sie vorhin so irritiert hatten, hatte sie lieber nicht erwähnt. Irgendwie wäre sie sich lächerlich vorgekommen. Ronald zog sie ohnehin immer gern wegen ihres in seinen Augen etwas hysterischen Wesens auf.
    »Derya! Was für eine nette Überraschung!« Friede hatte Derya selbst die Tür ihrer Praxis geöffnet, die im ersten Stock eines historischen Hauses in der Beckergrube lag. Wie immer sah die Freundin klasse aus, in einer weiten, naturfarbenen Leinenhose und einem grobmaschigen Pulli im gleichen Farbton, der perfekt zu ihren graublonden Locken passte.
    »Unsere Sekretärin ist krank und mein Kollege zu einem Kongress. Ich bin hier ganz allein auf weiter Flur und muss jetzt auch noch den Türdienst machen«, lachte Friede und schloss Derya in die Arme, der plötzlich die Tränen in die Augen schossen.
    »Derya, Mädel! Aber was ist denn los?«, fragte die Freundin, als sie bemerkte, dass Derya weinte.
    »Ach, mein Kopf tut weh, und Gül ist immer noch weg – und dann die Bilder von den toten Mädchen in der Zeitung«, schniefte Derya. »Ich weiß, ich reagiere übertrieben. Aber was soll ich machen? Ich kann nichts dafür.«
    »Welche toten Mädchen?«
    »Hier!« Derya zog die Zeitung aus ihrer Jackentasche und deutete auf die Fotos.
    »Ohne Brille seh ich gar nix«, meinte Friede. »Zieh doch die Regenjacke aus und komm mit in die Küche. Ich hab gerade Tee gekocht, und meine Käsebrötchen reichen auch für zwei.«
    Sie setzten sich an den kleinen Holztisch in der Praxisküche. Derya trocknete die Tränen ab und putzte sich die Nase. Ruhig und friedlich war es hier, bis auf die Tropfen, die draußen auf das Fensterbrett trommelten. Der Regen hatte an Intensität zugenommen. Friede schaute durch ihre Lesebrille auf die Bilder der Mädchen. Aufmerksam las sie den darunter gedruckten Text.
    »Und du hast jetzt natürlich Angst, dass …«, nickte sie, als sie damit fertig war, nahm ihre Brille ab und ließ den Satz unvollendet. Derya hielt sich mit beiden Händen an dem handgetöpferten Teebecher fest und zuckte mit den Schultern.
    »Nicht dass ich jetzt glaube, deiner Gül wäre ähnliches passiert, aber seltsam ist das schon, dass sie sich immer noch nicht bei dir gemeldet hat«, sagte Friede nachdenklich. »Hast du denn schon einmal daran gedacht, zur

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