Rosenwahn
wer vor zwei oder drei Jahren welche Rosensorte gekauft hat.«
»Damit hast du wahrscheinlich recht. Aber vielleicht wurden öfter irgendwo welche geklaut, vielleicht gibt es unter den Kunden einen ganz besonderen Verehrer dieser Sorte, vielleicht einen Mitarbeiter. Ich will mir das einfach mal anschauen. Es könnte uns ja auf eine Idee bringen.«
»Der Täter könnte ja auch einen Ableger aus dem eigenen Garten genommen haben, oder?«, blieb Niemann bei seinen Zweifeln.
»Ja, könnte, Thomas. Nun lass mich doch einfach machen. Außerdem weißt du doch: Der Mörder ist immer der Gärtner.«
Die erste Großgärtnerei, die sie anfuhren, lag hinter der westlichen Stadtgrenze und warb mit einer Riesenauswahl an alten Rosensorten. Wahrscheinlich lag es am nassen Wetter, dass nicht viel los war zwischen den Gewächshäusern und der großen Freifläche, wo Pflanzen aller Sorten und Größen angeboten wurden. Dahinter schloss sich ein Gelände an, auf dem die unterschiedlichsten Bäume kultiviert wurden. Niemand war hier draußen zu sehen, und so versuchten sie es im Laden gleich neben der Einfahrt. Die junge Frau in grünem Overall und Gummistiefeln, die sie hier antrafen, stellte sich als Juniorchefin vor und verneinte, als Angermüller nach Félicité Parmentier fragte. Sie hätten schon einige Albarosen und Centifolien im Programm, das ja, aber diese eine Rose nun gerade nicht, obwohl sie selbst die auch ganz toll fände. Aber alles könne man nicht im Sortiment haben. Die Firma sei eben auch nicht sehr groß und kein Rosenspezialbetrieb.
»Aber Sie werben doch mit einer Riesenauswahl«, beschwerte sich Jansen etwas vorwurfsvoll.
»Die haben wir ja auch! Immerhin über 20 Sorten«, verteidigte sich die Gärtnerin, und ihre ohnehin geröteten Wangen färbten sich noch einen Ton dunkler. »Nur diese eine führen wir gerade nicht.«
Sie grüßte freundlich eine Kundin, die gerade den Verkaufsraum betrat, in dem sich die Kasse befand und allerlei Dekorationsgegenstände wie Rosenkugeln, Vogeltränken, kunstvolle Rosenbögen und anderes mehr angeboten wurden, und sagte dann leise zu den Kommissaren: »Versuchen Sie’s doch mal bei Möller hinter Blankensee. Die Frau vom Besitzer ist ein absoluter Rosenfan und soll immer Unmengen von Rosen einkaufen.«
Baum- und Rosenschule Möller nannte sich der Betrieb, dessen Anschrift sich auch auf Thomas Niemanns Notizen befand und der um ein Mehrfaches größer als ihr erster Anlaufpunkt war. Allein die Zufahrt von der Straße bis zu einem großen Hof vor dem Hauptgebäude schien Angermüller so lang wie die ganze Front der Gärtnerei, die sie gerade besucht hatten. Auch bei der Firma Möller war es ziemlich leer und von Personal keine Spur. Nur drei private PKW und zwei weiße Kastenwagen mit dem grünen Firmenlogo standen auf den Parkplätzen. Die Tür des Hauptgebäudes war abgeschlossen. Ein Schild baumelte am Türgriff: ›Entschuldigung! Wir sind in fünf Minuten wieder für Sie da!‹
Gerade wollte Jansen wieder zum Wagen gehen, da ihm wohl das Warten im Freien – ein feiner Nieselregen stäubte vom Himmel – zu lang wurde, da kam aus einer der endlosen Alleen von kleinen Bäumen ein Mini-Trecker mit Anhänger herangefahren.
»Moin. Kann ich was für Sie tun?«, fragte der Fahrer und sprang von seinem Sitz, während sein Kollege, der auf dem Anhänger gesessen hatte, mit einem Bündel Bambusstangen zu einem der Gewächshäuser lief. Der Fahrer trug zwar eine Regenjacke mit Kapuze, darunter aber Shorts und an den Füßen Sandalen, was Angermüller angesichts des Wetters ziemlich erstaunlich fand. Die Füße des Mannes sahen auch entsprechend mit Lehm und Erde verschmiert aus.
»Das können Sie. Wir interessieren uns für die Félicité Parmentier. Haben Sie so eine Rose im Angebot?«
»Oh, hallo«, sagte der Gärtner und sah Angermüller an. »Sie waren doch am Sonnabend mit Derya bei meinen Eltern zu Besuch. Ich bin Ruben, Ruben Bartels.«
»Aber natürlich, der Fürst Pückler!«, entfuhr es Angermüller überrascht, und er lächelte den jungen Mann an. »Na, wenn Sie uns nicht helfen können, wer dann?«
»Wofür suchen Sie denn die Rose? Als Kübelpflanze oder für einen Garten? Die Sorte ist wirklich zu empfehlen. Braucht keinen besonderen Boden oder Standort, ist ziemlich genügsam und bedankt sich mit üppigen Blüten und einem ganz tollen Duft.«
»Haben Ihre Eltern Ihnen erzählt, dass ich bei der Kripo bin? Wir sind nämlich dienstlich hier, Ruben«,
Weitere Kostenlose Bücher