Rosskur: Ein Allgäu-Krimi
nickte, und kurz darauf war die Besprechung beendet.
Das Gestüt von Lorenz Schwabinger lag ein paar Kilometer außerhalb von Memmingen und war von der A7 aus schnell zu erreichen. In Sichtweite eines Dorfes namens Dickenreishausen und vor dem Lärm und dem Anblick der Autobahn durch ein Waldstück geschützt, reihten sich mehrere Koppeln aneinander. Zwei Wohngebäude, einige Schuppen und mehrere Ställe bildeten das eigentliche Anwesen. Das ganze Areal war im Hintergrund von dichtem Wald begrenzt. Eine Starkstromleitung zog sich quer über das Gestüt, aber die Pferde grasten so entspannt zu Füßen der Stahlmasten, dass nicht einmal die Stromleitung die Idylle wirklich störte.
Hanna Fischer war am Morgen wieder zum Dienst erschienen, und bis auf ein leichtes Humpeln war nichts mehr von ihrer Verletzung zu merken, von der Haffmeyer am Sonntag gesprochen hatte, aber Hansen teilte sie diesen einen Tag trotzdem für den Innendienst ein.
Auf der Fahrt nach Memmingen ging er in Gedanken noch einmal die Fragen durch, die er dem Pferdezüchter stellen wollte, der Thomas Ruff diesen angeblich so vielversprechenden Deckhengst Salvatore verkauft hatte.
Schwabinger war nicht da, obwohl sie vorab telefonisch einen Termin verabredet hatten, aber seine Frau schien das nicht weiter seltsam zu finden, sondern schlug den beiden vor, sich die Wartezeit damit zu vertreiben, sich ein wenig in den Ställen oder auf den Koppeln umzusehen.
»Wie lange wird es denn dauern?«, fragte Hansen.
»Weiß nicht«, sagte sie völlig unbeschwert und zuckte mit den Schultern. »Ich geb ihm gleich übers Handy Bescheid, aber manchmal hat er das ausgeschaltet.« Damit war sie auch schon wieder im Haus verschwunden.
Hansen schaute sich um. Das Wetter war eindeutig zu schön, um durch womöglich düstere Ställe zu streifen, also ging er mit Haffmeyer hinüber zu einem schattigen Plätzchen, an dem sich zwei umzäunte Wiesen trafen. Ein paar große Bäume verbanden ihre gewaltigen Kronen zu einem dichten Blätterdach, darunter waren ein grob gezimmerter Holztisch und zwei Bänke aus halbierten Baumstämmen aufgestellt. Sie setzten sich mit Blick auf die Pferdekoppeln, lehnten sich gemütlich zurück und unterhielten sich über den Fall.
Ein sehr schlankes Pferd mit angelegtem Zaumzeug hob den Kopf und sah zu ihnen herüber. Dann rupfte es ein paar Grasbüschel aus dem Boden, kaute gemächlich und setzte sich in Bewegung, bevor es in einen leichten Trab verfiel und schließlich direkt am Zaun stehen blieb, der seine Koppel begrenzte.
Hansen lächelte dem Tier zu, das weiter interessiert zu ihnen hersah und dabei die Ohren aufstellte. Unter dem hellen Fell war das Spiel der Muskeln zu erkennen, und der leichte Wind schob immer wieder einige Haarsträhnen über die Augen des Tiers. Der Hals war schön geschwungen, der Kopf edel gereckt, und die Mähne bauschte sich voll und sah aus wie frisch geföhnt.
Hansen ging zum Zaun, stellte sich eine halbe Armlänge von dem Pferd entfernt auf und sah ihm in die dunklen Augen. Ein paar Minuten standen sie sich stumm gegenüber, dann begann Hansen leise auf das Pferd einzureden.
»Na, du bist mir ja ein Schöner«, murmelte er und lächelte. »Hast es aber fein hier draußen.«
Das Pferd bewegte die Nüstern, als wolle es erschnuppern, was es mit diesem fremden Zweibeiner vor ihm auf sich hatte, und schlug währenddessen mit dem Schweif nach ein paar Fliegen.
Langsam hob Hansen die rechte Hand und hatte fast den Hals des Pferds erreicht, da wandte es sich von ihm ab und konzentrierte sich auf den Mann, der hinter Hansen mit großen Schritten herankam.
»Grüß Gott, die Herrschaften«, dröhnte er gut gelaunt, tätschelte dem Tier kurz und kräftig den Hals, rieb ihm einmal über die Schnauze und drückte anschließend Hansen und Haffmeyer die Hand. »Lorenz Schwabinger«, sagte er, deutete auf die Sitzgruppe und ließ sich auf eine der Bänke sinken. »Setzen Sie sich doch. Sie sind die beiden Herren von der Kripo?«
»Ja.« Hansen nickte, stellte sich und Haffmeyer vor und wischte sich halbwegs unauffällig die nasse Hand an der Hose ab. Dann sah er kurz auf die Uhr. »Wir waren vor einer halben Stunde verabredet.«
»Ja«, antwortete Schwabinger ganz entspannt. »Und wie kann ich Ihnen nun helfen?«
Irgendwie hatte Hansen erwartet, dass sich der Mann für seine Verspätung entschuldigen würde, aber damit brauchte er offenbar nicht mehr zu rechnen.
»Wir ermitteln in einem Mordfall«, erklärte
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