Rosskur: Ein Allgäu-Krimi
einiger Zeit. Ich hab Thomas einige meiner Skizzen gezeigt, die zu der Zeit entstanden sind, als ich ihm das Logo für sein ›Rossparadies‹ gezeichnet habe. Wegen meiner zittrigen Hände war davon nichts als endgültig zu gebrauchen, aber er hat mir trotzdem einen richtig fairen Preis für meinen krakeligen Entwurf bezahlt, also hab ich ihm die anderen, die verworfenen Motive, ohne zusätzliches Honorar überlassen.« Er verwischte seine Skizze im Sand, zeichnete eine neue, verwischte auch diese und zeichnete eine dritte.
»Sie kommen langsam wieder rein, stimmt’s?«
»Ja, und das fühlt sich gut an.«
Hansen stand auf. »Ich will zum ›Rossparadies‹ raus, mich ein wenig umsehen. Ich weiß noch immer nicht viel darüber, wie ein solcher Hof überhaupt funktioniert, woher da die Einnahmen kommen und welche Arbeiten anstehen.«
Er hielt Pröbstl die Hand hin. »Tschüs, bis bald«, sagte er und schaute freundlich auf den Mann hinunter.
»Pfüat Eahna, heißt das bei uns hier«, gab Pröbstl zurück, grinste breit und drückte Hansens Hand.
Als Hansen ein paar Schritte gegangen war, rief ihm Pröbstl nach: »Sagen Sie mal, Herr Kommissar: Wo sich doch jetzt meine Aussage wegen des Mordes als richtig herausgestellt hat … könnten Sie nicht noch einmal nachsehen, ob womöglich auch an diesem Einbruch in Salvatores Box was dran ist?«
»Mach ich«, antwortete Hansen und war ganz erschrocken, dass er das bisher so sträflich vernachlässigt hatte. Pröbstl hatte ihm ja von dem vermeintlichen Einbruch berichtet, aber irgendwie hatte er es im Durcheinander der beginnenden Ermittlungen wieder völlig vergessen. Noch im Hinausgehen zückte er sein Handy und gab Sepp Kleinauer Bescheid, dass unbedingt noch die Pferdebox von Salvatore auf Spuren untersucht werden musste, vor allem auf DNA – für alles andere war es inzwischen ohnehin zu spät.
Klemens Pröbstl schob gerade eine Schubkarre, in dem ein Futtersack lag, über den Hof. Als er Hansen sah, stellte er den Karren ab und ging ihm entgegen.
»Grüß Gott, Herr Hansen. Marlene hat mir schon gesagt, dass ich Sie ein bisschen rumführen soll.«
»Wenn Sie grad Zeit haben …«
»Die nehm ich mir halt. Was wollen Sie denn wissen?«
»Ach, ich würde mich gern einfach mal umsehen, um ein Gefühl für Ihre Arbeit zu bekommen. Und nebenbei frage ich Ihnen Löcher in den Bauch, okay?«
»Klar, kein Problem.« Er sah sich um, als überlege er, wo er mit seiner kleinen Tour beginnen sollte.
»Wie viele Pferde haben Sie denn hier auf dem Hof?«, fragte Hansen.
»Fünfunddreißig, davon elf eigene. Die übrigen sind Pensionspferde, die ihre Besitzer bei uns unterstellen. Dafür zahlen sie eine monatliche Gebühr, und wir kümmern uns um Futter, Auslauf und so weiter.«
Hansen deutete auf die Schubkarre mit dem Futtersack. »Ist das nicht ein bisschen wenig für fünfunddreißig Pferde?«
Klemens folgte seinem Blick, dann lachte er. »Das ist Kraftfutter, damit helfen wir ein wenig nach, wenn ein Pferd zu dünn wird. Die Tiere bekommen im Stall Heu und natürlich Wasser, aber meistens sind sie ohnehin draußen auf der Koppel. Dort haben sie dann Gras genug. Jetzt kommen Sie einfach mit, wir schauen uns das jetzt mal an.«
Pröbstl zeigte auf ein Gebäude vor ihnen, das in zwei Bereiche unterteilt war. Die eingezäunte Freifläche war betoniert. Ein paar Pferde standen dort beisammen, wedelten mit dem Schweif monoton Fliegen weg, schienen sich aber sonst für nichts zu interessieren.
»Diese Pferde können sich aussuchen, wo sie sich aufhalten«, erklärte Klemens. »Meistens bleiben sie draußen, aber wenn die Fliegen sie zu sehr nerven, können sie in den Stall gehen.«
Er deutete auf einen breiten Durchlass, der von der Freifläche ins Gebäude führte. Davor hingen schwere Kunststoffstreifen als Fliegensperre.
»Mit unseren Gattern schranken wir ihnen dann den Weg zu der Weide ab, auf der wir sie am jeweiligen Tag haben wollen. Wenn die Pferde überall hin könnten, würden sie immer wieder an denselben Stellen fressen, dort eben, wo es ihnen mal am besten geschmeckt hat – und dort würde dann bald nichts mehr wachsen. Also sorgen wir für Abwechslung. Wenn es so schwül ist wie heute, stehen die Tiere viel hier oben und schlafen – an kühleren Tagen sind sie lieber auf den Wiesen unterwegs.«
»Schlafen die im Stehen?«
»Meistens, aber das ist ein sehr leichter Schlaf, fast ein Dösen. Sehen Sie da vorne den kleinen Braunen?«
Klemens
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