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Rosskur: Ein Allgäu-Krimi

Rosskur: Ein Allgäu-Krimi

Titel: Rosskur: Ein Allgäu-Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jürgen Seibold
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deutete auf ein Pferd direkt am Gatter, das regungslos dastand, nur der Schweif wedelte ab und zu übers Hinterteil.
    »Der schläft gerade, Sie können es am rechten Hinterhuf erkennen: Der ist leicht angewinkelt und wird im Moment nicht belastet, sehen Sie das?«
    Hansen nickte und schob mit dem Ellbogen einen Schimmel beiseite, der sich mit den Zähnen an seinem Hemdsärmel zu schaffen machte.
    »Im Liegen schlafen sie auch«, erklärte Klemens weiter, »aber nur etwa eine halbe Stunde am Tag.«
    Als er sah, dass Hansen mit dem Schimmel nicht zurechtkam, rief er einmal kurz und kräftig »Hey!« und drängte das Pferd etwas ab.
    »Kommen Sie, wir gehen wieder raus, bevor Sie noch im Unterhemd vor mir stehen.«
    Er lachte, aber Hansen kannte sich mit Pferden zu wenig aus, um zu erkennen, ob das ein Witz war oder eine ernst gemeinte, wenn auch lustig verpackte Warnung.
    Klemens ging durch eine offen stehende Tür in den linken, kleineren Bereich des Gebäudes. Gleich in der ersten Box stand ein großer brauner Hengst, der mit gespitzten Ohren beobachtete, was da gerade auf ihn zukam. Klemens öffnete die Gittertür und schob Hansen vor sich her in die Box. Viel Platz war nicht, und da jetzt ein Pferd und zwei Männer in dem kleinen Raum standen, musste Hansen das Tier wohl oder übel berühren. Er grinste unsicher und fuhr dem Hengst langsam mit der flachen Hand über den Nasenrücken.
    »Na, du?«, sagte er, und es kam ihm schon im selben Moment ziemlich dämlich vor.
    »Bertie will gerne raus, aber er darf noch nicht. Ihm wurde unlängst ein Rückenwirbel eingerenkt, jetzt muss er zur Schonung noch ein paar Tage in der Box bleiben. Das ist übrigens ein Kandidat für das Kraftfutter, das Sie vorhin gesehen haben: Wenn der draußen auf der Weide ist, springt der ständig umher. Da hat er gar keine Zeit, ans Fressen zu denken. Und damit er trotzdem nicht zu dünn wird, füttern wir zu. Und falls Sie sich wundern, dass die Box so klein ist: Wir halten die Tiere vorwiegend draußen, da brauchen sie hier drin nicht so viel Platz. Außerdem war das früher mal ein Kuhstall, da mussten sich Thomas und Marlene eben auch nach den Gegebenheiten richten. Ich konnte den beiden übrigens Tipps für den Umbau geben, witzige Geschichte.«
    Es war offensichtlich, dass er danach gefragt werden wollte, und Hansen tat ihm den Gefallen.
    »Ich hab Pferdewirt gelernt, Fachrichtung Zucht und Haltung, und war danach auf verschiedenen Gestüten tätig. Meine letzte Station, bevor ich hierherkam, war ein Hof in der Nähe von Stuttgart, mit Weiden direkt bis an den Waldrand, schön gelegen, nettes Team. Auch dort wurden Kuh- und Hühnerställe für die Pferdehaltung umgebaut, und ich hab mir dabei manches abgeschaut. Einmal bin ich sogar mit Thomas hingefahren, um mir vor Ort alles anzusehen. Wir machen heute mit dem ›Rossparadies‹ vieles so, wie ich es auch auf dieser schwäbischen Ranch erlebt habe.«
    »Und wie verdient man mit einem solchen Pferdehof Geld?«
    Klemens kam nur ungern zurück ins Hier und Jetzt. Er tätschelte Bertie noch einmal den Hals, dann gingen sie durch den schmalen Gang aufs entgegengesetzte Ende des Stallgebäudes zu.
    »Von den Pensionspferden hab ich Ihnen schon erzählt – die Besitzer bezahlen eine monatliche Gebühr fürs Unterstellen. Dann geben wir Reitstunden – das hat zwar den Nachteil, dass wir als gewerbliche Pferdehalter eingestuft werden und mehr Auflagen beachten müssen, aber es rechnet sich trotzdem. Außerdem bieten wir Reitbeteiligungen an: für unsere eigenen Pferde und für einige Pensionspferde, falls deren Besitzer einverstanden sind – die bezahlen dann im Gegenzug weniger Einstellgebühr. Das ist vor allem für die Mädels aus der Gegend eine feine Sache: Die zahlen achtzig oder hundert Euro, und wir lassen die dann ohne Stundenlimit auf einem der verfügbaren Pferde reiten, wann immer sie zu uns kommen.«
    »Und dafür müssen die Ihre Pferde striegeln, nehme ich an.«
    »Nein, das ist Blödsinn. Man muss die Pferde vor dem Reiten unter dem Sattel reinigen – das ist wichtig, damit kein Dreck drunter ist, der beim Reiten die Haut aufscheuern kann. Aber sonst? Wenn Sie nach dem Reiten Ihr Pferd schniegeln und striegeln, schaffen Sie es wahrscheinlich nicht mal bis zu Ihrem Wagen, bevor das Pferd sich in der nächsten Dreckstelle wälzt. Die wollen ihr Fell nicht sauber haben – etwas Dreck schützt die Haut, auch vor den Fliegen. Das mit dem Saubermachen ist

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