Rosskur: Ein Allgäu-Krimi
– der Käse wartet!«
Robert Gabler war einer dieser Unsichtbaren, die sich gerne mit einer mehr oder weniger originellen Fassade etwas sichtbarer machen wollen. Er mochte Mitte zwanzig sein, war eins siebzig groß, hatte dünnes Haar und blasse Haut – da wirkten die hochgeschobene stylishe Sonnenbrille und die beschriftete Basecap eher albern als cool.
»Ich dachte schon, ich muss ewig warten«, beschwerte er sich, während er Hansen schlapp die Hand drückte.
Im Hintergrund stiegen die beiden uniformierten Kollegen in ihren Streifenwagen, die ihn über Hansens Verspätung informiert und mit ihm auf den Kommissar gewartet hatten. Gabler salutierte vor den beiden mit einem spöttischen Grinsen, und die Beamten rollten genervt die Augen.
»Ist ja auch mal schön, wenn man Begleitschutz hat, nicht wahr, Herr Kommissar?«
Er ging Hansen, Haffmeyer und Fischer voran in ein Mehrfamilienhaus, zwei Etagen nach oben und öffnete die Wohnungstür. Hansen folgte ihm, Haffmeyer wartete vor der Tür noch kurz auf die Kollegin, die schon in der ersten Etage etwas außer Atem gekommen war.
»Ein Bier? Oder dürfen Sie nicht im Dienst? So heißt es jedenfalls immer im Fernsehen.«
Er grinste noch immer, auch wenn er zwischendurch unsicher wirkte, holte sich eine Flasche aus dem Kühlschrank und öffnete sie zischend.
»Wir sind nicht im Fernsehen, aber Bier möchte ich trotzdem keins, danke«, sagte Hansen und sah sich um.
Die Wohnung war billig eingerichtet und nicht besonders geschmackvoll, in einem Regal drängten sich die Buchrücken aneinander, aber als Hansen einen der Bände herausnehmen wollte, entpuppte sich das Ganze als Attrappe.
»Cool, was? Hab ich in einem Möbelhaus mitge… ich meine: hab ich in einem Möbelhaus gekauft.«
»Ja, schon klar«, brummte Hansen. »Wollen wir uns setzen?«
Die schlecht gespielte Coolness und die offensichtliche Dummheit dieses jungen Mannes verdarben ihm die Laune. Hanna Fischer kam herein, noch etwas kurzatmig, und blieb mit Haffmeyer in der Tür zum Wohnzimmer stehen. Gabler musterte die korpulente Kommissarin, offenbar arbeitete er schon an einem wahnsinnig lässigen Spruch – aber zum Glück bemerkte er gerade noch rechtzeitig Haffmeyers warnenden Blick und sagte lieber nichts. Hansen tat, als hätte er nichts mitbekommen.
»Was machen Sie denn beruflich, wenn wir Sie um diese Zeit zu Hause antreffen können?«
»Nix, bin arbeitslos.« Er lümmelte sich mit einem breiten Grinsen, das er sich vermutlich von irgendeinem Punkrocker abgeschaut hatte, auf dem Sofa. »Ich krieg Stütze, damit komm ich hin, so einigermaßen.«
»Und wenn nicht, können Sie immer noch ins Möbelhaus, nicht wahr?«
Gabler schluckte und setzte sich etwas aufrechter hin.
»Wir sind wegen Ihres Motorrads hier. Wo ist es denn gerade?«
»Steht hinterm Haus. Wollen Sie mal eine Runde drehen?« Gablers Lachen war aufgesetzt und brach auch entsprechend schnell wieder ab, als Hansen keine Miene verzog.
»Wir würden es gerne mitnehmen. Wir ermitteln in einem Mordfall, und Ihr Motorrad könnte damit in Zusammenhang stehen. Deshalb müssen wir die Maschine untersuchen, ob sich entsprechende Spuren daran finden.«
Gabler war bleich geworden, sein Mund klappte auf, und er sah gehetzt zwischen den drei Beamten hin und her.
»Ein Mord? Und mein Motorrad … äh … wie … was könnte mein Motorrad denn damit zu tun haben?«
»Das kann ich Ihnen aus ermittlungstaktischen Gründen nicht sagen. Diese Formulierung kennen Sie sicher auch schon aus dem Fernsehen.«
Gabler nickte.
»Wir können uns das von der Staatsanwaltschaft absegnen lassen, ist eine reine Formsache. Aber schneller ginge es, wenn Sie einverstanden wären und uns das Motorrad freiwillig überlassen würden.«
»Ich … ja, das … Kann ich mir das noch ein bisschen überlegen? Ich meine, das kommt jetzt doch ziemlich plötzlich.«
»Wissen Sie, ein Richter bewertet es immer als positiv, wenn Leute mit uns kooperieren.«
»Richter? Wieso Richter?« Gabler war richtig erschrocken. »Wollen Sie mich vor den Kadi zerren? Und wofür, bitte schön?«
Hansen zuckte mit den Schultern. »Sagen Sie es mir.«
»Aber ich … Mord … um Gottes willen, damit hab ich doch nichts zu tun! Ich doch nicht!«
»Dann ist es ja gut, Herr Gabler. Kann ich also den Kollegen Bescheid geben, dass sie das Motorrad abholen können?«
Gabler nickte, und Hansen gab seinen Mitarbeitern ein Zeichen, woraufhin Haffmeyer sein Handy zückte und den
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