Rosskur: Ein Allgäu-Krimi
Soko-Innendienst anrief, der alles in die Wege leiten sollte. Hanna Fischer blieb an der Tür stehen, um noch ein wenig zu verschnaufen.
»Wo waren Sie vor genau einer Woche, am Donnerstagnachmittag und in der Nacht auf Freitag?«
»Was soll das denn jetzt wieder?«
»Wir ermitteln in einem Mordfall, Sie erinnern sich? Wir brauchen Ihr Alibi.«
»Ja, äh … Das weiß ich doch nicht auswendig, so schnell mal aus der Hüfte.«
»Nein? Ist denn bei Ihnen so viel los zurzeit?«
»Das nicht, aber … können Sie das immer wie aus der Pistole geschossen sagen? Apropos Pistole – wie wurde Ihr Opfer denn eigentlich umgebracht? Und wer ist der Tote überhaupt?«
»Sie wissen doch: Ermittlungstaktik.«
Das war natürlich Quatsch, aber Hansen begann Spaß daran zu finden, diesen TV-Krimi-Fan ein wenig auflaufen zu lassen. Genaueres konnte er ihm immer noch sagen – außerdem war es nicht einmal ausgeschlossen, dass dieser dumme Kerl doch einer der Mörder war, obwohl ihm Hansen so viel schauspielerisches Talent nicht zutraute.
Gabler versuchte sich an die vergangene Woche zu erinnern. »Ich hab’s! Ich war in Burggen, bei den Wild Horses, die haben dort im Gasthof Kiefl ihren wöchentlichen Stammtisch.«
Hansen verzog das Gesicht zu einem Grinsen. »Die Wild Horses haben ihren Stammtisch immer mittwochs. Ich war gestern dort.«
»Oh.« Nun sah Gabler ziemlich zerknirscht aus.
»Das war ziemlich dumm von Ihnen, das wissen Sie hoffentlich«, meinte Hansen. »Warum lügen Sie mich eigentlich an?«
»Ich …«
»Wer ein Alibi erfindet, macht sich natürlich verdächtig. Und ein Mordverdacht ist kein Pappenstiel, Herr Gabler.«
»Ja, ich weiß.«
»Also: wo waren Sie von Donnerstagnachmittag bis Freitag früh?« Hansen stand auf und winkte Hanna Fischer heran.
»Jetzt warten Sie doch mal, ich sag’s Ihnen ja. Aber kann die … kann Ihre Kollegin nicht so lange draußen warten, und ich erzähl’s Ihnen unter vier Augen?«
»Ich wart draußen im Wohnungsflur, Chef, ist das okay?«
Er nickte kurz. Hanna Fischer machte ein paar Schritte in Richtung Flur, blieb aber direkt an der Wohnzimmertür stehen, Gabler konnte sie jedoch nicht mehr sehen.
»Ich …« Gabler sah sich noch einmal um, räusperte sich und versuchte ein schiefes Grinsen.
»Waren Sie mit Ihrem Motorrad unterwegs?«
»Mit der Karre? Nein, die ist dafür viel zu laut, um Gottes willen!« Er suchte nach den richtigen Worten. »Die Sache ist die …« Gabler schlug die Augen nieder und senkte die Stimme. »Ich hab keine Freundin, schon viel zu lange nicht, und vor zwei, drei Jahren bin ich dann mal nach Kempten, wo mich keiner kennt, und bin dort einmal in den Puff gegangen. Aber … na ja, das geht halt auch ins Geld, und immer nur Internet, das ist es auch nicht. Ich … Sie verstehen?«
Hansen hatte keine Lust zu lügen, also sah er ihn einfach weiter mit unbeweglicher Miene an.
»Hier in Steingaden ist nicht viel los, aber Sex haben die Leute halt schon – und mit der Zeit bekommt man schon spitz, wo es sich hinzuschauen lohnt.«
Vom Flur her war unterdrücktes Kichern zu hören, und auch Hansen hatte Mühe, ernst zu bleiben.
»Sie waren also am Donnerstagabend als Spanner unterwegs?«, fragte er möglichst streng.
»Mein Gott, Spanner … wie das schon klingt.« Gabler wand sich und zwang sich ein nervöses Lachen ab.
»Sie schleichen durch Ihr Dorf und versuchen andere Leute zu beobachten. Das ist schäbig und ziemlich traurig obendrein. Außerdem taugt es wohl kaum zu einem Alibi: Ihre … nun ja … Zielpersonen werden vermutlich nicht bestätigen können, dass Sie sie heimlich beobachtet haben. Oder haben Sie das Ganze womöglich auch noch gefilmt?«
»Nein, wo denken Sie hin?«
Gabler klang sehr empört, aber es war ihm anzusehen, dass er sich ein wenig darüber ärgerte, nicht selbst auf diese Idee gekommen zu sein.
»Und wie soll Ihnen Ihr gewöhnungsbedürftiges Hobby nun helfen? Zumal Sie sicher erst bei Dunkelheit losgegangen sind, damit würde Ihr Alibi nicht einmal den Tatzeitpunkt abdecken.«
»Sie sagen mir ja nicht, wann der Mord passiert ist, aber ich bin am Donnerstag um kurz nach fünf hier los.«
»Sind Sie noch einkaufen gegangen?«
»Ich hab mir tatsächlich noch zwei Bier geholt, stimmt – im Gasthof Zur Post kann es Ihnen die Rita bestätigen, das ist die Bedienung, die hat mir die beiden Flaschen verkauft. Davor hab ich dort noch eine Halbe getrunken.«
»Und wie lange waren Sie im
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