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Rot wie das Meer

Titel: Rot wie das Meer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maggie Stiefvater
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wäre sie frisch aus dem Katalog geklettert. Wann kommen wir wieder zu Besuch, Gabe? Ostern vielleicht? Ostern ist gut für einen Besuch. Und dann schmeißen wir wieder ne Runde Hühnchen.«
    Gabe nimmt Tommy die Konzertina ab und entlockt ihr selbst eine Melodie; ich hatte vergessen, wie gut er spielen kann. Tommy packt mich an der Taille und wirbelt mich im Kreis herum. Ich stemme mich instinktiv dagegen, weil ich es nicht mag, unerwartet von Leuten berührt zu werden. Außerdem ist schon ein bisschen mehr als ein Tänzchen nötig, um mich aufzuheitern.
    »Ach, komm schon«, lacht Tommy. »Das geht doch noch ein bisschen schneller! Es heißt, heute Morgen auf der Klippe warst du die reinste Naturgewalt.«
    Jetzt lasse ich zu, dass er mich herumwirbelt. »Ach ja?«
    »Sie sagen, du und Sean Kendrick hättet euch ein heißes Rennen geliefert.« Tommy lässt mich abermals kreiseln und grinst mich dann an. »Und wenn ich sage, du und Sean Kendrick, dann meine ich du und Sean Kendrick. Und mit heiß meine ich heiß.«
    Ich bleibe abrupt stehen, sodass jetzt er an meiner Stelle herumgewirbelt wird. Ich tue so, als hätte er nur von dem Rennen gesprochen. »Machst du dir etwa Sorgen?«
    »Wenn sich jemand Sorgen machen sollte, dann wohl Gabe«, entgegnet Tommy. Er nimmt mich bei der Hand und schwingt mich so weit von sich weg, dass ich Angst um die Sachen auf der Arbeitsplatte habe. »Weil sein kleines Schwesterchen so hübsch geworden ist.«
    Mum hat mir immer eingebläut, dass ich mich von schönen Worten nicht beeindrucken lassen soll, aber Tommy Falk macht nicht den Eindruck, als wolle er mich zu irgendetwas überreden, also freue ich mich einfach über sein Kompliment. Es ist alles andere als unangenehm und ich hätte nichts gegen ein weiteres einzuwenden.
    Gabe hört mitten im Takt auf zu spielen, die Konzertina in den Händen wie ein aufgeschlagenes Buch. »Zwing mich nicht dazu, dir eine reinzuhauen, Tommy. Was meinst du, wann ist das Hühnchen fertig, Kate?«
    Tommy richtet schmachtend die Augen zur Decke und formt mit den Lippen Oooooh, Kate, aber Gabe springt nicht darauf an.
    »In zwanzig Minuten«, sage ich. »Vielleicht auch dreißig. Oder zehn.« In diesem Moment klopft es an der Tür. Wir alle blicken uns an und Tommy Falk ist genauso verunsichert wie wir anderen. Niemand rührt sich, also wische ich mir die Hände an der Hose ab, gehe zur Tür und öffne sie einen Spalt.
    Auf der anderen Seite steht Sean, eine Hand in der Hosentasche, in der anderen einen Laib Brot.
    Ich hatte nicht mit Sean gerechnet und mein Magen vollführt ein kleines Kunststück, das sich entweder nach Hunger oder überstürzter Flucht anfühlt. Irgendetwas an seinem Anblick, wie er dunkel und reglos vor unserer Tür steht, trifft mich beinahe wie ein Schlag.
    Ich lehne mich ein Stück aus der Tür. Die Abendluft ist kalt. »Du konntest dich also doch loseisen.«
    »Gilt die Einladung noch?«
    »Klar. Gabe, Finn, Tommy Falk und ich sind hier.«
    »Ich hab das hier mitgebracht.« Er hebt das Brot hoch, das eindeutig von Palsson ist und noch so frisch, dass ich seine Wärme riechen kann. Er muss es direkt auf dem Weg hierher geholt haben. »Macht man das so?«
    »Na ja, du hast es gemacht, also bestimmt.«
    Gabe fragt: »Puck, wer ist da?«
    Statt zu antworten, öffne ich weit die Tür. Alle blicken zu Sean hinaus, der dasteht, eine Hand in der Tasche und in der anderen das Brot, und mit einem Mal, während sie ihn so anstarren, wird mir klar, dass es ein bisschen, nur ein winziges bisschen so wirkt, als würde Sean mir den Hof machen. Doch bevor ich irgendetwas richtigstellen kann, springt Tommy lachend auf. »Sean Kendrick, du alter Teufel. Wie geht's dir?«
    Wir bugsieren ihn ins Haus und Gabe macht die Tür zu, was ich in meiner ungläubigen Glückseligkeit vergessen habe. Während Gabe versucht, Sean dazu zu bringen, sich von seiner Jacke zu trennen, redet Tommy über das Wetter und es ist ziemlich laut, obwohl eigentlich nur Gabe und Tommy und hin und wieder Finn etwas sagen. Sean gelingt es wie immer, mit einem einzigen Wort davonzukommen, wo jeder andere fünf oder sechs gebraucht hätte. Inmitten dieses Durcheinanders, während er schließlich aus seiner Jacke schlüpft, dreht Sean sich zu mir um und lächelt mich an, ganz sacht, beinahe unmerklich, bevor er sich wieder Tommy zuwendet.
    Ich freue mich über das Lächeln, weil Dad mir einmal gesagt hat, dass man für die seltensten Geschenke am dankbarsten sein sollte.
    Nach

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