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Rot wie das Meer

Titel: Rot wie das Meer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maggie Stiefvater
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hin.
    »Mr Malvern.«
    »Ich kenne die Geschichte«, unterbricht er mich. »Ich will nicht darüber reden. Ich will nur wissen, was nach dieser Geschichte kommt. Was fangen Sie drei – Sie sind doch zu dritt, nicht? – nun alleine an?«
    Ich versuche mir vorzustellen, wie meine Eltern sich in dieser Situation verhalten hätten. Sie waren immer tadellos höflich und, was Familienangelegenheiten anging, verschwiegen. Ich verfüge nur über eine dieser Eigenschaften. Zögernd erwidere ich: »Wir kommen zurecht. Gabe arbeitet im Hotel. Finn und ich machen Gelegenheitsjobs. Wir bemalen Andenken für die Touristen.«
    »Zumindest verdienen Sie genug, um sich Tee leisten zu können«, bemerkt Malvern, doch sein Blick schweift zur Tür unserer Vorratskammer. Ich weiß, dass er die gähnende Leere darin gesehen haben muss, als ich die Butter herausgeholt habe.
    »Wir kommen zurecht«, wiederhole ich.
    Malvern schluckt den Rest seines Tees hinunter – wie er dieses Gebräu so schnell hat austrinken können, ohne sich dabei die Nase zuzuhalten, ist mir ein Rätsel – und legt die verschränkten Arme auf den Tisch. Er beugt sich zu mir herüber, sodass ich sein Rasierwasser riechen kann.
    »Ich bin hier, um Ihnen mitzuteilen, dass ich dieses Haus zwangs-räumen lasse.«
    Ich brauche einen Moment, bis sich mir die Bedeutung seiner Worte erschließt, dann aber springe ich von meinem Stuhl auf. Ich spüre ein Rauschen wie die hereinkommende Flut an der Stelle, wo das Wasserpferd meinen Kopf getroffen hat. Wieder und wieder höre ich in Gedanken diesen einen Satz.
    Er redet weiter. »Die Raten für das Haus sind seit einem Jahr nicht mehr bezahlt worden und ich wollte sehen, wer hier überhaupt lebt. Ich wollte Ihre Gesichter sehen, wenn ich es Ihnen sage.«
    Ganz kurz kommt mir der Gedanke, dass dieser Mann auf unserer von Ungeheuern heimgesuchten Insel das größte von allen ist. Meine Zunge löst sich nur mit Mühe von meinem Gaumen. »Ich dachte, das Haus wäre abbezahlt. Das wusste ich nicht.«
    »Gabriel Connolly wusste es, und zwar seit einer ganzen Weile«, entgegnet Malvern. Seine Stimme ist ruhig. Er studiert jede meiner Reaktionen. Ich kann nicht fassen, dass ich ihm auch noch Tee serviert habe.
    Ich blicke ihn an und presse meine Lippen aufeinander. Ich will sichergehen, dass ich nichts sage, was ich später bereuen könnte. Was mir am meisten zu schaffen macht, ist das Gefühl, hintergangen worden zu sein: Gabe hat die ganze Zeit gewusst, dass wir auf einer Zeitbombe sitzen, und hat uns kein Wort davon gesagt. Schließlich bringe ich heraus: »Und was sehen Sie jetzt in meinem Gesicht? Ist es das, was Sie sich erhofft hatten?«
    Meine Worte sind provozierend, aber Malvern scheint völlig unbeeindruckt. Er nickt nur knapp. »Ja. Ja, ich denke schon. Sagen Sie mir eins: Was wären Sie bereit zu tun, Sie und Ihre Brüder, um dieses Haus zu retten?«
    Vor ein paar Jahren gab es hier auf der Insel ein Problem mit Hundekämpfen. Ein paar gelangweilte betrunkene Fischer richteten Hunde ab, damit sie sich gegenseitig zerfleischten. In diesem Moment fühle ich mich wie einer dieser Hunde. Malvern hat mich in den Ring
    gestoßen und wartet nun gespannt, was ich als Nächstes mache. Er will wissen, ob ich klein beigebe oder ob ich bereit bin zu kämpfen.
    Ich habe nicht vor, ihm noch mehr Genugtuung zu verschaffen, indem ich mich geschlagen gebe. Plötzlich sehe ich meine Zukunft kristallklar vor mir.
    »Geben Sie mir drei Wochen«, sage ich.
    Malvern steigt direkt darauf ein. »Bis nach dem Rennen.«
    Halt dich mit deinem Pony vom Strand fern.
    Ich nicke bloß.
    »Sie haben keine Chance«, informiert Malvern mich, aber in seiner Stimme liegt keine Häme. »Nicht auf diesem Pony. Warum das Pony?«
    Pferd, denke ich verärgert. »Die Capaill Uisce haben meine Eltern getötet. Und ich werde ihr Andenken nicht beschmutzen, indem ich eins von den Wasserpferden reite.«
    Malvern lächelt nicht, aber seine Augenbrauen heben sich, so als zöge er es in Erwägung. »Wie ehrenhaft. Und es liegt nicht vielleicht daran, dass Ihnen keiner zutraut, ein Capaill zu reiten?«
    »Ich hatte Aussicht auf eine Fünftelbeteiligung«, gebe ich zurück. »Aber ich habe abgelehnt.«
    Malvern denkt kurz über all das nach. »Wirkliches Geld gibt es nur für den Sieger.«
    »Ich weiß«, erwidere ich.
    »Und Sie erwarten trotzdem von mir, dass ich Ihnen Aufschub gewähre und darauf setze, dass Sie und dieses Inselpony es vor allen anderen über die

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