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Rot wie das Meer

Titel: Rot wie das Meer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maggie Stiefvater
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kannst.«
    »Hör auf, mich so zu nennen«, erwidere ich. Er und Ake umkreisen mich, ihre Pferde lassen Dove winzig erscheinen. Sie müssen wissen, dass sie sie in den Wahnsinn treiben. »Außerdem waren wir gerade fertig.«
    »Na los, sei kein Spielverderber«, sagt Finney. »Da unten behaupten sie, ihr zwei hättet's richtig drauf.«
    »Ich reite jetzt kein Rennen mit euch«, entgegne ich und fletsche dann die Zähne zu einem Grinsen. »Aber ich sehe gerne euch Jungs dabei zu.«
    Ake lacht. Es ist kein gehässiges Lachen, aber auch kein rücksichtsvolles. »Tommy hat gesagt, du würdest es machen«, sagt er.
    Ich blicke zu Tommy hinter ihnen. Er schüttelt den Kopf.
    »Dann hat Tommy wohl keine Ahnung, wovon er da redet«, gebe ich zurück.
    Finney gluckst: »Ach, komm schon, wo sind denn deine Eier?«
    Ich muss hier weg. Ganz hinten in meinem Kopf formt sich der Gedanke, dass das hier zu einem Problem werden wird, dass Dove es am Tag des Rennens mit einer ganzen Menge mehr von ihnen wird aufnehmen müssen. Aber dieses Problem liegt noch in weiter Ferne.
    Das drängendere ist im Augenblick, dass Dove am ganzen Körper zittert und kurz davor ist durchzugehen.
    »Du hast behauptet, ich hätte welche, nicht ich.« Ich werfe einen Blick hinter mich, um zu sehen, ob ich Dove in diese Richtung von ihnen wegbewegen kann. Ein paar Regentropfen klatschen mir ins Gesicht. Das Schlimmste an der ganzen Sache ist, dass Finney und Ake es noch nicht einmal böse meinen; sie sind genauso wie Joseph Beringer. Nur dass Joseph Beringer mich nie vom Rücken eines riesigen Capaill Uisce aus necken würde.
    »Die Buchmacher sind hier«, sagt Finney und deutet mit dem Ellbogen auf die kleine Gruppe von Zuschauern. »Willst du denen nicht vielleicht was Besseres zeigen als deine 45:1?«
    Finney lässt sein Capaill wieder Akes anrempeln und Akes Stute wird hart gegen Dove gedrängt. Ich höre Zähne schnappen und Dove schreit auf, während der Wind ihre Mähne in alle Richtungen peitscht. Ich klammere mich an ihr fest, als sie steigt. Hinter ihrem linken Ohr sehe ich eine oberflächliche Wunde, wo die Zähne des Capaill ihre Haut geritzt haben. Blut quillt in einem Dutzend kleiner Tröpfchen daraus hervor.
    »Nicht so nah!«, rufe ich.
    Als ich meine Stimme höre, bin ich gleichermaßen erschrocken wie gedemütigt. Es ist die Stimme eines kleinen Mädchens.
    Ake und Finney müssen es auch gehört haben, denn ihre Gesichter verändern sich. Ake reißt so hart an den Zügeln seiner Fuchsstute, dass sie beinahe steigt. Finney treibt seinen Braunen ein Stück von Dove weg.
    Beide, besonders Ake, werfen mir betretene Blicke zu.
    Dove hebt ihren Kopf in den Wind und wiehert, schrill und verängstigt. Ake treibt sein Pferd noch weiter zurück. Ich bin erleichtert, endlich Abstand zu den Capaill Uisce zu haben, gleichzeitig aber schäme ich mich in Grund und Boden für die Leere, die mich plötzlich umgibt.
    Die Buchmacher wischen sich an ihrem Aussichtspunkt ein Stück
    entfernt den Regen von den Hüten und murmeln einander etwas zu, dann drehen sie sich um und gehen, ohne mich eines Blickes zu würdigen. Ian Privett, der noch immer alles wortlos von Pendas Rücken aus beobachtet, nickt Ake zu und wendet sich dann ebenfalls ab.
    »Bis dann, Kate«, sagt Ake, plötzlich kleinlaut, ohne mir dabei in die Augen zu sehen. Er legt den Zügel an den Hals seiner Stute und sie dreht sich um in Richtung Skarmouth. Finney tippt sich an den Hut und verschwindet ebenfalls.
    Auf der Klippe ist es plötzlich still, nur das Heulen des Windes und das unregelmäßige Platschen von Tropfen im Gras umgeben mich. Wieder und wieder höre ich in meinem Kopf den Klang meiner eigenen Stimme und mit jedem Mal fühle ich mich kleiner.
    Tommys Gesicht ist nachdenklich. Einen Moment lang sieht es so aus, als wolle er näher kommen, doch als seine Uisce -Stute sich in Bewegung setzt, wiehert Dove schrill und legt die Ohren flach an den Kopf. Also winkt er mir bloß zu, eine Hand fest am Zügel, und folgt dann den anderen.
    Ich bleibe allein zurück und die Sturmböen treiben mir die Luft aus den Lungen. Ich bin wütend auf Dove, weil sie so ängstlich ist, noch wütender aber bin ich auf mich selbst. Weil es keine Rolle spielt, wie mutig ich bin oder wie mutig ich sein werde. Es hat nur ein paar Minuten gedauert, jeden hier davon zu überzeugen, dass ich nicht an den Strand gehöre.

37
    Puck An diesem Abend machen Finn und ich ein Picknick in Doves Unterstand. Dove ist noch

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