Rot wie die Liebe
mehr als Jungfrau zurückzukehren.
In seinem Zimmer brütete Cian über Landkarten. Er war der Einzige aus dem Kreis, der bisher weder in seinen Träumen noch in der Realität einen Blick auf das Schlachtfeld geworfen hatte. Das wollte er jetzt korrigieren.
Zeit war ein Problem. Ein Marsch von fünf Tagen, nun, mit dem Pferd würde er höchstens zwei Tage dazu brauchen. Aber er brauchte während des Tages einen sicheren Unterschlupf.
Möglicherweise reichten die Stützpunkte aus, die die anderen gesichert hatten.
Wenn er sich erst einmal das Schlachtfeld angesehen hatte, konnte er sich bis Samhain in eins von diesen Lagern zurückziehen.
Und damit endlich diesem Schloss und seiner allzu verführerischen Königin entfliehen.
Die anderen hätten bestimmt Einwände, aber sie konnten ihn ja wohl kaum in einen Kerker sperren, damit er hier blieb.
Wenn die Sonne nicht schien, konnte er morgen Früh mit den Truppen aufbrechen.
Oder er würde einfach bis Sonnenuntergang warten.
Er lehnte sich zurück und trank einen Schluck Blut, den er mit Whiskey versetzt hatte. Eigentlich konnte er auch sofort losreiten, oder? Dann würde er sich wenigstens nicht mit seinem Bruder oder den anderen auseinandersetzen müssen.
Allerdings würde er ihnen wenigstens eine Nachricht hinterlassen müssen. Es war schon seltsam, dass es Menschen gab, die um sein Wohlergehen besorgt waren, aber es gefiel ihm auch, obwohl es ein wenig Mühe bereitete.
Er würde einfach packen und gehen, dachte er und stellte seinen Becher ab. Ohne viel Aufsehen. Und dann brauchte er die anderen erst wiederzusehen, wenn sie ebenfalls am Schlachtfeld eintrafen.
Er ergriff das mit Perlen bestickte Lederbändchen, das er ihr noch nicht zurückgegeben hatte, und drehte es zwischen den Fingern. Wenn er heute Nacht aufbräche, würde er sie nicht mehr sehen oder riechen müssen, und er bräuchte sich nicht mehr vorzustellen, wie es wäre, sie im Dunkeln unter sich liegen zu haben.
Er besaß viel Fantasie.
Um zu entscheiden, was er am sinnvollsten auf die Reise mitnehmen sollte, stand er auf. Als es an der Tür klopfte, runzelte er die Stirn.
Wahrscheinlich Hoyt, dachte er. Na ja, er würde einfach nichts von seinen Plänen erwähnen und dadurch einer langen, irritierenden Debatte über das Thema aus dem Weg gehen. Beinahe hätte er gar nicht erst geöffnet, aber sein Schweigen und eine verschlossene Tür hätten seinen Bruder, den Zauberer, sicher nicht abgehalten.
Dass es Moira war, wusste er in dem Moment, als er die Hand auf den Türgriff legte. Leise fluchend öffnete er die Tür. Er würde sie so schnell wie möglich wieder wegschicken.
Sie trug ein fließendes, dünnes, weißes Gewand mit einem Überwurf, der fast so grau war wie ihre Augen. Sie roch wie der Frühling – jung und verheißungsvoll.
Verlangen stieg in ihm auf.
»Schläfst du eigentlich nie?«, fragte er.
»Nein. Du?« Sie trat einfach ein, und er war so überrascht, dass er sie nicht daran hinderte.
»Nun, dann komm herein. Fühl dich wie zu Hause.«
»Danke«, erwiderte sie höflich, als ob seine Worte nicht sarkastisch geklungen hätten. Dann stellte sie ihre Kerze ab und wandte sich zum Kamin, den er nicht angezündet hatte.
»Wir wollen doch mal sehen, ob ich es noch kann. Ich habe geübt, bis mir beinahe der Kopf geplatzt ist. Sag jetzt nichts, das lenkt mich nur ab.«
Sie streckte die Hand aus, konzentrierte sich und stellte sich das Feuer vor. Ein einzelnes schwaches Flämmchen flackerte auf. Moira kniff die Augen zusammen und versuchte es noch einmal. »Jetzt!«, sagte sie hocherfreut, als der Torf zu brennen anfing.
»Ich bin wohl von lauter Zauberern umgeben.«
Sie drehte sich zu ihm um. »Das ist eine gute Fähigkeit, und ich habe vor, noch mehr zu lernen.«
»Hier findest du keinen Hexenmeister.«
»Nein.« Sie warf die Haare zurück. »Aber ich hoffe, einen Lehrmeister in anderen Dingen.«
Sie trat an die Tür, verriegelte sie und wandte sich dann zu ihm. »Ich möchte, dass du mit mir ins Bett gehst.«
Er blinzelte verwirrt. »Was?«
»Mit deinen Ohren ist doch alles in Ordnung, oder? Du hast mich schon richtig verstanden, ich möchte bei dir liegen. Ich habe zuerst überlegt, es auf die kokette oder verführerische Art zu versuchen, aber dann habe ich mir gedacht, dass du klare Worte liebst.«
Das Verlangen in seinem Bauch wurde stärker. »Ich sage dir jetzt ein klares Wort.
Hinaus.«
»Ich sehe, ich habe dich überrascht.« Sie ging im Zimmer herum.
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