Rot wie die Liebe
waren schon völlig unterschiedlich gewesen, als er noch kein Vampir war.
Er konnte natürlich meditieren, aber es war vermutlich nicht klug, sich in Trance zu versetzen. Die Sonne wartete nur darauf, ihn in gebratenen Speck zu verwandeln, und in Larkins Satteltasche befand sich eine Bombe, die durchaus einfach nur so hochgehen konnte.
Warum hatte er sich eigentlich auf diese idiotische Angelegenheit eingelassen?
Ach ja. Pflicht, Ehre, Liebe, Stolz – alle diese Begriffe zogen ihn runter, während er sich abstrampelte, an der Oberfläche zu bleiben. Jetzt konnte er nicht mehr zurück.
Auch nicht, was seine Gefühle zu Moira betraf.
Mein Gott, er liebte sie. Moira, die Lernbegierige, Moira, die Königin. Die Schüchterne und die Tapfere, die Gerissene und die Ruhige. Es war dumm, destruktiv und hoffnungslos, sie zu lieben. Aber es war eine Tatsache.
Er spürte das Medaillon, das sie ihm um den Hals gelegt hatte – ein weiteres Gewicht. In der einen Minute hatte sie ihn einen Bastard genannt, und in der nächsten hatte sie ihm einen ihrer kostbarsten Schätze geschenkt.
Aber sie hatte ja auch schon einmal mit einem Pfeil auf sein Herz gezielt und sich dann mit einer schlichten Aufrichtigkeit entschuldigt, die zu Herzen ging. Das war wahrscheinlich der Moment gewesen, in dem er sich in sie verliebt hatte.
Er betrachtete die Landschaft, die unter ihm vorbeizog. Gutes Ackerland, dachte er, mit fruchtbarem Boden. Flüsse voller Fische zogen sich durch wildreiche Wälder, und in den fernen Berge gab es Mineralien und Marmor.
Sie hatte Orangensamen mitgebracht. Wer sonst hätte daran schon gedacht?
Sie musste die Schösslinge im Süden pflanzen. Ob ihr das jemand gesagt hatte?
Ach, das war ein alberner Gedanke – die Frau wusste doch alles.
Orangensamen und Yeats. Und einen Füller, den er auf ihrem Schreibtisch gesehen hatte.
Sie würde also die Orangenschösslinge in ihrem Treibhaus heranziehen und sie im Süden des Landes pflanzen. Und wenn sie gediehen – woran er nicht zweifelte –, hätte sie eines Tages einen Orangenhain.
Das würde er gerne sehen, dachte er. Er würde gerne die Orangenbäume mit ihren duftenden Blüten sehen, die aus den Kernen aus seiner Küche in Irland entstanden waren.
Er würde gerne ihre schönen Augen aufleuchten sehen, wenn sie sich ein Glas Orangensaft einschenkte, nach dem sie mittlerweile süchtig geworden war.
Wenn Lilith siegte, gäbe es keinen Orangenhain, keine Blüten, überhaupt kein Leben mehr.
Schon jetzt sah er Spuren des Todes, der Vernichtung. Hier und dort ragten verkohlte Überreste eines Bauernhauses oder einer Hütte auf. Kühe und Schafe grasten zwar noch auf den Weiden, aber dazwischen lagen Kadaver, die in der Sonne unter einer schwarzen Fliegenwolke verrotteten.
Das waren Deserteure gewesen, die jede Gelegenheit zum Plündern nutzten.
Jeder Einzelne von ihnen musste gejagt und vernichtet werden. Wenn auch nur einer von ihnen überlebte, würde er andere umwandeln. Das Volk von Geall und ihre Königin würden noch lange nach Samhain äußerst wachsam sein müssen.
Er dachte über das Problem nach, als Larkin endlich zur Landung ansetzte.
»Oh, all euren Göttern sei Dank«, murmelte Cian.
Es war ein hübscher, gepflegter Bauernhof. Überall waren Soldaten, auch Frauen, die mit den Männern trainierten. Aus dem Schornstein stieg Rauch auf, der ihm sagte, dass im Kessel wahrscheinlich ein Eintopf vor sich hinköchelte.
Als Larkin landete, waren sie sofort von Menschen umringt. Cian stieg ab und begann die Vorräte abzuladen. Die Fragen, mit denen alle auf sie einstürmten, konnten Larkin und die anderen Männer beantworten. Er brauchte jetzt erst einmal Schatten und Schutz vor der Sonne.
»Wir hatten überhaupt keine Probleme.« Isleen teilte Eintopf aus, den Cian nicht wollte. Aber über das Blut, das er mitgebracht hatte, machte er sich lieber erst her, wenn er alleine war.
Larkin hingegen stürzte sich sofort auf das Essen. »Danke«, sagte er mit vollem Mund. »Das ist ein leckerer Eintopf.«
»Gern geschehen. Im Großen und Ganzen bin ich hier für das Kochen zuständig, deshalb isst unsere Truppe wohl bei Weitem am besten.« Isleen zeigte ihre Grübchen, als sie lächelte. »Wir trainieren tagsüber, und vor Sonnenuntergang schließen wir alles ab.
Seitdem wir hier angekommen sind, haben wir niemanden gesehen.«
»Gut.« Larkin ergriff den Krug, der neben seinem Teller stand. »Könntest du mir dann einen Gefallen tun, Isleen, Liebes?
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