Rot wie Schnee
guten Grund, Ihren Klienten zu verdächtigen, Kokain im Wert von mindestens drei Millionen Kronen eingeschmuggelt zu haben. Reicht Ihnen das als Begründung für unser Interesse?«
Slobodan Anderssons Verteidigung wurde gezielt demontiert. Seine Versuche zu leugnen, wurden von Sammy Nilsson systematisch auseinandergenommen. Als Andersson nach seinen Kontakten zu Konrad Rosenberg befragt wurde, bestritt er zunächst, ihn zu kennen, musste dann aber zugeben, sich dunkel an einen gewissen Gast namens Konrad Rosenberg zu erinnern.
»Ihr Freund Konrad lebt auch nicht mehr«, teilte ihm Sammy Nilsson brutal mit. »Kokain wurde ihm zum Verhängnis.«
Hier unterbrach die Anwältin das Verhör, um mit ihrem Klienten allein zu sprechen. Die beiden Kripobeamten verließen den Raum.
»Yes«, sagte Sammy Nilsson und ließ sich in der kleinen Kaffeeküche neben dem Vernehmungsraum auf einen Stuhl fallen, stand aber sofort wieder auf.
»Können wir ihn auch für den Mord an Armas drankriegen?«
»Das bezweifle ich«, meinte Nilsson, »er hat ein gutes Alibi. |367| Mindestens zwanzig Personen haben bezeugt, dass er sich an dem Abend im ›Alhambra‹ aufhielt.«
»Er kann ja wen angeheuert haben.«
»Möglich wäre es, aber ich glaube nicht, dass er Armas ans Leben wollte. Ann Lindell glaubt das auch nicht. Aber mit den Drogen nageln wir ihn fest. Hundertpro, dass wir seine Fingerabdrücke auf der Tasche finden.«
Die Vernehmung wurde fortgesetzt.
Die beiden Beamten hatten einen Gegenangriff vonseiten der Anwältin erwartet. Aber als Sammy Nilsson das Tonbandgerät wieder einschaltete, verhielt sie sich erstaunlich passiv.
»›Alhambra‹«, begann er. »Ist es nicht dumm, dort so viel Kokain aufzubewahren? In Ihrem Büro haben wir eine Tasche gefunden, die …«
»Ich weiß von keiner Tasche!«
»Wir haben einen Gutteil Fingerabdrücke darauf sichergestellt, und es ist nur eine Frage der Zeit, bis wir wissen, ob Ihre auch dabei sind«, sagte Sammy Nilsson ruhig.
»Ich wurde betrogen!«, rief Slobodan Andersson. »Das ist eine Falle! Begreifen Sie nicht? Diese Tasche bekam ich von einem …«
»Von wem?«
»Ich weiß es nicht«, murmelte Slobodan Andersson.
»Sie können es besser«, sagte Barbro Liljendahl.
Er hob den Kopf und sah sie an, als käme sie aus dem Weltall. Sie erkannte in seinen Augen die Einsicht, dass es keinen geordneten Rückzug geben würde, im Gegenteil. Hiernach gäbe es nur Panik, Lügen und Erniedrigung. Die Polizei hatte alle Trümpfe in der Hand.
Slobodan Andersson schien die Kontrolle über seinen schwerfälligen Körper verloren zu haben, er sank in sich zusammen. Was er vor sich hin murmelte, konnte keiner der Anwesenden verstehen.
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E va Willman war um sechs Uhr aufgewacht, und seither hatte sie gegrübelt, ob sie die Polizei anrufen sollte oder nicht.
Die Zeitung brachte den Ausbruch aus dem Gefängnis von Norrtälje als den großen Aufmacher. Eva hatte jede Zeile gelesen und war zunehmend unruhiger und unentschlossener. Sie starrte auf das Foto von Manuels Bruder. Wie ähnlich sich die beiden sahen!
Wo mögen sie jetzt sein?, dachte sie und erinnerte sich an Manuels Unbeholfenheit und Unkenntnis bei allem hier in Schweden.
Sie glaubte seinen Beteuerungen, nichts von dem Ausbruch des Bruders gewusst zu haben. Gestern Abend, da hatte sie es vielleicht noch nicht getan, da war sie nur verblüfft und verbittert gewesen, aber im Nachhinein, wenn sie sich an seine Versicherungen erinnerte und vor allem an seinen Gesichtsausdruck, war sie bereit, seinen Worten zu vertrauen.
Was hatte er gesagt, als sie die Spülküche verließ? Er habe geglaubt, sie würde sein Land besuchen kommen. Sie schob die Zeitung beiseite und versuchte sich vorzustellen, sie, Eva, sei in Mexiko. Klar hatte sie mit dem Gedanken gespielt. Und dabei war es nicht nur um neugieriges Interesse an einem anderen Land gegangen oder darum, dass sie kürzlich zufällig einen Artikel über die Karibik gelesen hatte. Es ging dabei auch um den Mann, um Manuel. Seit ihrem ersten Eindruck, als sie fand, er sähe aus wie ein Filmbösewicht, hatte sich ihre Meinung nach und nach geändert. Vielleicht war er nicht gerade ein Bild von einem Mann. Aber er hatte eine Kraft, die sie anziehend fand. Wenn sie ehrlich war, gefielen ihr sehnige, kräftige Männer, nicht solche Weicheier mit dickem Bauch und schlechter Haltung.
|369| Ihr war aufgefallen, wie er sie verstohlen betrachtet und geglaubt hatte, sie
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