Rot wie Schnee
Slobodan Andersson als auch Armas waren vor zwei Jahren in Mexiko«, unterbrach ihn Ann Lindell.
»Du glaubst, dass sie den friedlichen Mexikaner dort rekrutiert haben?«
»Das ist unbedingt denkbar«, sagte Ann Lindell. »Dass Slobodan Andersson mit Geld zurückkam, ist bekannt. Drogengeschäfte wären doch ebenso gut denkbar wie ein Lottogewinn.«
»Wir besuchen das ›Dakar‹, das ›Alhambra‹ und seine Wohnung gleichzeitig«, sagte Ottosson und sah den Staatsanwalt an, der offenbar noch nicht recht aufgewacht zu sein schien und keine Einwände hatte.
»Wir glauben, dass Slobodan Andersson zu Hause ist. Heute Nacht um halb zwölf war in der Wohnung Licht. Die Kollegen vom Kommissariat für organisierte Kriminalität meinen, Andersson am Fenster gesehen zu haben, aber sicher können wir nicht sein. Und wir wissen auch nicht, ob er allein zu Hause ist. Jedenfalls hat niemand die Wohnung verlassen.«
Ann Lindell freute sich auf die Aktion, schon allein den Gesichtsausdruck des arroganten Wirts zu sehen, war die Mühe wert. Dieses Mal hatten sie mehr vorzuweisen, sowohl zu Mexiko als auch zu seiner Verbindung mit Rosenberg. Er hatte einiges zu erklären, und allein schon das Wissen, dass die Polizei gleichzeitig seine beiden Lokale und seine Wohnung durchkämmte, würde ihn mit Sicherheit sehr nervös machen. Denn er hatte die Hosen voll, das hatte sie feststellen können. Hinter seiner Selbstsicherheit verbarg sich Unruhe.
Haargenau acht null null, Sammy Nilsson las die Zeit von seiner dreißig Jahre alten Certina ab, schrillte in Slobodan Anderssons Wohnung die Türklingel.
Aus der Wohnung war Husten zu hören und die schlurfenden Geräusche von sich nähernden Schritten.
|362| »Wer ist da?«
»Sammy Nilsson von der Polizei.«
Neuerliches Husten und danach Klappern der Sicherheitskette und die Tür öffnete sich einen Spalt breit.
»Morgen«, sagte Sammy Nilsson und lächelte gemein.
»Was wollen Sie? Es ist ja mitten in der Nacht.«
»Öffnen Sie die Tür, und ich werde es Ihnen erklären.«
Slobodan Andersson seufzte, öffnete die Tür und zuckte beim Anblick der fünf Polizeibeamten im Treppenhaus zurück.
Eine Viertelstunde später verließ er in Begleitung von Sammy Nilsson und Barbro Liljendahl die Wohnung.
Im Polizeipräsidium wurden Slobodan Andersson als Erstes die Fingerabdrücke abgenommen. Das ließ er, ohne zu protestieren, geschehen, verweigerte aber die Aussage, solange seine Anwältin nicht anwesend war.
Mittlerweile begann die Durchsuchung der Wohnung des Restaurantbesitzers und der beiden Lokale. Die Schlüssel zum »Alhambra« und zum »Dakar« hatten sie sich von Oscar Hammer, dem schlaftrunkenen Küchenchef geholt. Der wartete schon seit ein paar Jahren darauf, dass eines schönen Tages die Polizei vor der Tür stehen würde. In jedes Restaurant wurde ein Techniker von der Spurensicherung geschickt. Der Chef der Abteilung Eskil Ryde musste sich die Wohnung vornehmen.
Zuerst ging der Hundeführer Sven Knorring zusammen mit dem Labrador Jessica durch die Wohnung. Das Ergebnis war gleich null. Es gab dort überhaupt keinen Hinweis auf Drogen.
Im »Dakar« folgte eine erwartungsvolle Ann Lindell dem schnüffelnden Hund um Tische und Stühle, durch die Küche, den Kühlraum und den Personalraum.
»Klinisch sauber«, fasste Knorring das Ergebnis zusammen.
|363| Ann Lindell hatte schon auf der Zunge, ihn zu fragen, ob denn der Hund auch hundertprozentig zuverlässig sei, beherrschte sich aber im letzten Moment. Sie beschlossen, zu Fuß zum »Alhambra« zu gehen. Im Zentrum öffneten die Geschäfte, die Straßen bevölkerten sich zusehends. Die Leute, die Ann Lindell wiedererkannten – und das waren nach den Ermittlungen im letzten Mordfall und der Brandstiftung, die sie fast das Leben gekostet hatte, ziemlich viele – sahen ihr mit Hund und Hundeführer im Schlepptau neugierig nach.
Das »Alhambra« war hell erleuchtet. Charles Morgansson kam ihnen entgegen und spielte den Oberkellner.
»Haben Sie vorbestellt?«, fragte er höflich und kraulte Jessica hinterm Ohr. Aber der Hund nahm keine Notiz von ihm, sondern zerrte an der Leine, wollte weiter.
Ann Lindell sah die Veränderung auch in der Haltung des Hundeführers. Es war, als wären der Hund und er eins. Jessica bellte eifrig, und Sven Knorring nickte Ann Lindell zu und ließ den Hund von der Leine. Der lief sofort schwanzwedelnd durchs Lokal.
Knorring folgte. Morgansson und Lindell sahen den beiden nach. Es
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