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Rot wie Schnee

Rot wie Schnee

Titel: Rot wie Schnee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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Gefühl, Arbeit und damit einen Wert zu haben. Als sie heiratete, verbot ihr Mann ihr, weiter als Kellnerin zu arbeiten. Er war eifersüchtig und fest davon überzeugt, dass die Männer sie mit ihren Blicken besudelten.
    Jetzt stand Eva vor dem »Dakar«. Sie hatte die Großmutter angerufen, die in einem Haus für betreutes Wohnen lebte, und erzählt, dass sie sich um Arbeit in einem Restaurant bewarb.
    »Da kann ich dir noch das eine oder andere beibringen«, hatte die alte Frau gelacht.
     
    Eva hatte einen halben Tag gebraucht, ehe sie den Mut aufbrachte, im »Dakar« anzurufen. Sie hatte mit einem Mann namens Måns telefoniert, aber sie musste ja den Chef selbst treffen, Slobodan Andersson.
    »Der kann schon mal ein bisschen knifflig sein«, sagte Måns, und Eva meinte zu hören, dass er lächelte. »Kümmere dich nicht um sein Lachen, und sieh ihm immer in die Augen, nie zu Boden, auch wenn er dich beleidigt.«
    »Wie, beleidigen? Ich will mich doch um einen Job bewerben.«
    »Du wirst es schon merken«, sagte Måns.
    Sie hielt eine Weile die Türklinke in der Hand, dann holte sie tief Luft und ging ins Lokal. Der Geruch nach Bier und Zigarrenrauch schlug ihr entgegen. Ein schwaches Surren wie von einer Bohrmaschine war zu hören. Gespannt, was dort los sein mochte, ging sie tiefer ins Lokal hinein. Dabei achtete sie auf ihren Atem. Sie durfte keinesfalls zu eifrig klingen.
    |40| Ein Handwerker montierte im Anschluss an die Bar Regale. Hinter dem Tresen stand ein dicker Mann, lässig lehnte er sich an und beobachtete den anderen bei der Arbeit. Offenbar hatte er sie nicht kommen gehört. Er sagte etwas, das Eva nicht verstand. Das muss er sein, dachte sie und betrachtete sein breites Gesicht und die fleischige Hand auf dem Tresen.
    Sie hüstelte, und der Mann schaute sie an und deutete mit einer Hand auf einen Sessel. Eva setzte sich. Wie er da stand, wirkte er gutmütig. Er lachte und nickte zwischendurch, wie um zu bekräftigen, dass alles gut aussah. Als die letzte Schraube festgezogen war, wandte er sich Eva zu.
    »Regale kann man doch nie genug haben, oder?«
    »Das ist wahr«, sagte Eva und dachte an Måns’ Worte, sie solle seinem Blick nicht ausweichen.
    »Ich bin Slobodan Andersson, und das dort ist Armas, der Regalmeister«, sagte der Dicke und nickte in Richtung Handwerker.
    Der trat aus dem Schatten und warf ihr einen Blick zu. Er war um etliches größer als Slobodan Andersson, hatte eine Glatze, und sein Gesicht zeigte so viel Ausdruck wie eine steinerne Statue.
    »Ja, Sie sind also das kleine Fräulein von der Post, das einen Job haben will?«
    Eva nickte.
    »Die wachsen nicht auf den Bäumen«, fuhr der Wirt fort. »Wieso glauben Sie, das ›Dakar‹ ginge unter, wenn Sie hier nicht arbeiten dürfen? Sind Sie etwa so schrecklich gut im Auftischen?«
    »Ich tue nichts anderes«, entgegnete Eva.
    »Aha?«
    »Ich habe zu Hause zwei halbwüchsige Söhne.«
    Er nickte und lächelte.
    »Sind die denn fleißig und hübsch ordentlich?«
    »Ja, das sind sie.«
    |41| »Ich kann Hooligans nicht leiden. Wie heißen sie?«
    »Patrik und Hugo.«
    »Gut«, entschied Slobodan Andersson. »Stehen Sie auf!«
    Unschlüssig stand Eva auf.
    »Spazieren Sie dort zwischen den Tischen durch.«
    »Wenn Sie glauben, Sie könnten mich wie einen Roboter dirigieren, irren Sie sich«, sagte Eva und bemühte sich, ihm in die Augen zu sehen. Sein Blick war schwer zu ertragen, nonchalant und spöttisch, als spiele er mit ihr.
    »Aber natürlich kann ich einen Spaziergang machen.«
    Sie ging ein Stück zwischen den Tischen durch, registrierte dabei die riesigen Fotografien an den Wänden und kehrte um. Slobodan Andersson beobachtete sie so wachsam, als wollte er sehen, ob sie lange Finger machte.
    »Schöne Bilder«, sagte sie.
    Slobodan sah Armas an und seufzte laut. Eva fiel das Einstellungsgespräch bei ihrem letzten Arbeitgeber ein. Da war es um Formulare und endlose Gespräche, um Einführungen und Kurse gegangen.
    »Dort drüben befindet sich das Herz«, sagte Slobodan Andersson plötzlich und deutete ins Innere des Lokals. »Die Küche! Ihr hier draußen seid nichts als Sklaven der Küche. Nichts anderes als Laufburschen oder, wenn Sie so wollen, Laufmädchen. Sind Sie eine Emanze?«
    »Ich weiß nicht, was Sie meinen.«
    »Dieses Frauengerede, Sie wissen schon.«
    »Ich bin eine Frau und reden tue ich.«
    Slobodan Andersson betrachtete sie nachdenklich. Armas, der bislang kein Wort gesagt hatte, hustete und nickte dem

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