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Rot wie Schnee

Rot wie Schnee

Titel: Rot wie Schnee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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Aber mit Schweden brachte Angel bisher nichts in Verbindung und definitiv auch nichts mit Slobodan Andersson oder Armas.
    Übler war das mit dem nächsten Idioten, der dem schwedischen Zoll in die Falle gegangen war und der nun saß. Während der Verhöre und des Prozesses hatten sie ein halbes Jahr lang wie auf Kohlen gesessen. Aber am Ende war klar, dass Patricio kein Wort über seine Auftraggeber verloren hatte. Er schwieg während der gesamten Gerichtsverhandlung, und das Urteil war mit Sicherheit wegen seines sturen Schweigens besonders hart ausgefallen.
    Slobodan schob eine Mappe über den Schreibtisch.
    »Das hier ist die Liste mit den Lokalen«, sagte er.
    Er wollte seine Warnungen und Verhaltensregeln wiederholen, also was Armas in Spanien tun und wie er sich gegenüber den Kneipiers, den Behörden, dem Zoll oder der Polizei verhalten sollte. Gerade rechtzeitig wurde ihm klar, dass sich die Laune des Armeniers dann nur noch weiter verschlechtern würde.
    Armas überflog die Liste. Er hatte nichts dagegen, eine Woche lang gut zu essen. Vielleicht würde er auch etwas lernen, wovon sie dann im »Alhambra« oder im »Dakar« profitieren konnten.
    Was ihm Sorgen machte, war dieser Mini. Armas mochte keine unbekannten Karten. Dass es ihm gelungen war, bisher ohne auch nur einen Tag im Gefängnis durchs Leben zu kommen, beruhte einzig darauf, dass er sich niemals auf unbekannte |48| Karten verlassen hatte. Mini war so eine, obwohl Slobodan für ihn einstand.
    Jorge war er in Campeche an der karibischen Küste begegnet. Nach seiner Einschätzung war er bedeutend zuverlässiger als Angel. Dieser verfluchte Eingeborene hatte doch nichts als Frauen in seinem verdammten Schädel gehabt. Dann kann es auch nur in eine Richtung gehen: nämlich zum Teufel. Armas hatte sich einen Sport daraus gemacht, niemals eine Beziehung einzugehen, die länger als ein paar Tage dauerte, vielleicht eine Woche. Der Rekord war eine Französin gewesen, mit der er in Venezuela zusammen war. Drei Wochen hielt das, dann war sie spurlos verschwunden.
    Eine Zeit lang hielt er sich an Prostituierte. Das waren Profis wie er. Aber auch die ermüdeten ihn. Armas war der Meinung, dass man wegen Frauen die Konzentration verlor, und er war überzeugt, dass Angel deshalb Pech gehabt hatte. Bestimmt war da eine Frau im Spiel gewesen. Er hatte dem Mexikaner nie vertraut. Der redete zu viel von Frauen.
    Nur eine Sache stimmte ihn versöhnlich. Der hatte nie wen verpfiffen. Außer dem wenigen, was in deutschen Zeitungen gestanden hatte, waren keine Details bekannt geworden. Sie wussten eigentlich nur, dass er sich am Hauptbahnhof von Frankfurt vor einen Zug geworfen hatte, als ihm klar wurde, dass die Polizei ihn eingekreist hatte und er bald geschnappt werden würde.
    Starker Abgang, hatte Armas gedacht, genau wie auch Slobodan Andersson. Slobodan hatte sogar anonym an die Familie tausend Dollar geschickt. In dem Zusammenhang eine geradezu lachhafte Summe, aber für Angels Familie ein Vermögen.
    Er klappte die Mappe zu.
    »Du«, sagte er, »diese verdammte Mail. Selbst wenn du alles gelöscht hast, ist es noch auf dem Computer.«
    »Echt?«
    |49| Armas schüttelte den Kopf. Manchmal stellte sich Slobodan wie ein kompletter Narr und totaler Amateur an.
    »Klar. Die Bullen können die alten Nachrichten alle wieder vorholen. Das kostet die fünf Minuten.«
    »Okay, dann werf ich ihn weg«, sagte Slobodan und machte mit dem Kopf eine Geste in Richtung Computer. »Kauf einen neuen, ehe du abhaust, du hast doch Ahnung.«
    Das war eine der seltenen Gelegenheiten, wo man Armas lächeln sehen konnte. Slobodan lachte. Mit einem Mal war Armas klar, warum er es mit diesem aufgeblasenen Dickwanst so viele Jahre ausgehalten hatte.
    Das Telefon klingelte. Slobodan nahm ab.
    »Nein, bringt den Mist nicht hierher. Wir nehmen ihn in der Küche an«, sagte er und warf den Hörer auf.
    »Das war Gonzo«, erklärte er. »Er steht an der Bar. Er will reden.«
    Armas schüttelte den Kopf.
    »Da gibt’s nichts mehr zu reden«, sagte er.
    Armas hatte ihn rausgeworfen, und als Slobodan nach dem Grund gefragt hatte, war von Armas keine wirkliche Antwort gekommen. Das gefiel ihm zwar nicht, aber er vertraute auf Armas’ Urteil.
    »Wir können uns doch anhören, was er will«, sagte Slobodan und hievte sich aus dem Stuhl hoch.
    Armas warf ihm einen Blick zu, an den sich Slobodan Andersson einige Tage später erinnern würde. Das normalerweise ausdruckslose Gesicht zeigte weder die

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