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Rot wie Schnee

Rot wie Schnee

Titel: Rot wie Schnee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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gemeinsam mit einem Mann Optimismus zu empfinden. So einfach war das. Die einschmeichelnde Lotion mit ihrem Duft war wie berauschend. Aber irgendwie kam es ihr wie Verschwendung vor, und sie hatte fast ein schlechtes Gewissen, Geld für nichts ausgegeben zu haben.
    Die Spannung, die sie spürte, als sie zu Bett ging, war Verliebtheit sehr ähnlich.

7
    S lobodan Anderssons Büro war hinter der Küche des »Alhambra« untergebracht. Dort hatten nur er und Armas Zutritt. Die beiden waren eng befreundet und arbeiteten zusammen, seit sie sich vor zwanzig Jahren in einem Striplokal in Kopenhagen kennengelernt hatten. Armas hatte ganz vorn gesessen und mit seiner riesenhaften Gestalt an dem winzigen |45| Tisch fast zwei Plätze eingenommen. Slobodan hatte sich dazugesetzt. Nicht, weil er Gesellschaft suchte, sondern weil er möglichst nahe an der Bühne sein wollte.
    Die Stripperinnen waren mittelmäßig und offenbar gelangweilt, denn sie bewegten sich so träge und fantasielos, dass etliche der Gäste dem Schauspiel nicht mehr zusahen. Slobodan seufzte.
    »Man ist jedes Mal wieder enttäuscht«, sagte er. Armas schien nicht zu verstehen, was er meinte, und zuckte die Achseln.
    Slobodan streckte ihm die Hand entgegen und stellte sich vor. Nach kurzem Zögern ergriff Armas die Hand und murmelte einen Namen, den Slobodan nicht verstand.
    So begann ihre jahrelange Zusammenarbeit.
    Jetzt saßen sie im Büro, jeder auf seiner Seite des Schreibtischs. Armas war schweigsam, Slobodan dagegen redete. Er entfaltete eine Karte und tippte mit seinem dicken Finger auf einen Ort an der nordspanischen Küste.
    »Hier soll es sein«, sagte er.
    Das wusste Armas schon. Er wusste sowieso schon haargenau über die bevorstehende Operation Bescheid.
    »Du fährst mit dem Wagen runter. Ich hab eine Liste der Lokale geschrieben, die du aufsuchen musst. Vor allem nördlich von Guernica. Fahr mindestens eine Woche herum, rede mit den Küchenchefs und sammele Ideen. Aber komm mir bloß nicht mit dem verdammten Bacalao, ich habe die Nase gestrichen voll von Kabeljau. Nur verdammt viel Käse, bring viel Käse mit. Du weißt ja, was ich mag. Wenn sie dich am Zoll unter die Lupe nehmen, sei ruhig ein bisschen nervös wegen des Käses. Und bring auch Wein mit, aber nur baskischen, dann sind die Zollbeamten stolz. Stell dich als Idiot dar, der scharf ist auf Essen. Biet ihnen an, Zoll zu bezahlen oder was sie wollen, sag ihnen, dein Chef bringt dich um, wenn du ohne ein ordentliches Stück Cabrales zurückkommst.«
    |46| Armas nickte und betrachtete den Chef, das verschwitzte Gesicht, den zerknitterten Anzug, auf dessen Revers ein großer Fettfleck prangte, und die Wurstfinger, die unablässig die Papiere auf dem Schreibtisch aufnahmen und verschoben. Slobodan wirkte erschöpft. In dem drallen, glänzenden Gesicht waren keine Falten zu sehen, aber die Partie um die Augen wurde immer dunkler, als würden sie immer tiefer in den Schädel sinken. Das zurückgekämmte dunkle Haar wurde zusehends schütter, und jeden Tag schienen sich neue graue Strähnen zu zeigen.
    »Alles klar?«
    »Alles klar.«
    »Jorge hat neulich gemailt.«
    Erstaunt sah Armas auf: »Gemailt? Ist der nicht ganz dicht?«
    »Ich hab alles gelöscht«, sagte Slobodan verärgert.
    Armas schnaubte.
    »Du triffst Jorge vor dem Aquarium in San Sebastián. Ganz in der Nähe, am Kai, gibt es ein Restaurant. Du erkennst es gleich. Die haben es mit einer Menge Flaggen und Kram aufgemotzt. Iss dort. Ich kenne einen der Kellner. Der wird Mini genannt.«
    »Ist der dabei?«
    »Nein, nicht direkt. Aber der hat Ahnung. Der weiß genau, was in der Stadt abgeht, ob die Polizei irgendwelchen Scheiß entdeckt hat.«
    Armas gefiel das gar nicht. Er mochte Jorge nicht und war ganz gewiss an keinem neuen spanischen Idioten interessiert. Typisch Slobodan, im letzten Augenblick zu improvisieren.
    »Ich weiß, was du denkst«, sagte Slobodan, »aber ein bisschen lokales Back-up ist ganz gut.«
    »Warum kann Jorge nicht wie letztes Mal nach Frankfurt fahren?«
    »Ich trau ihm nicht. Du weißt, wie es mit dem anderen gelaufen |47| ist. Die Chicos sind so was von verdammt plump. Bei denen riecht man, dass was faul ist. Und die deutschen Bullen sind cleverer als die Spaniolen.«
    »Und wenn die so plump sind, warum   …«
    »Das weißt du!«
    Wieder schnaubte Armas. Er wusste, wie alles angefangen hatte, und bisher hatte es ja geflutscht. Dass Angel aufgeflogen war, daran ließ sich nichts ändern. Selbst schuld.

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