Rot wie Schnee
auf.
Ann Lindell starrte nach dem Gespräch eine Weile still vor sich hin.
»Wer zeltet?«, murmelte sie.
Touristen oder Jugendliche, das lag auf der Hand.
Die Stelle war so abgeschieden, dass jemand sie bestimmt sorgfältig ausgesucht hatte.
»Okay also«, sagte sie laut. »Du kommst in die Stadt und hast irgendwelche finsteren Machenschaften vor. Du bist so vorsichtig, dass du dich weder in einem Hotel noch auf dem Campingplatz blicken lassen willst. Stattdessen zeltest du im Wald. Andererseits bist du so ungeschickt, dass du eine Leiche und jede Menge Spuren hinterlässt.«
Sie schüttelte den Kopf. Irgendetwas stimmte nicht.
Sie ging zu Ottosson und berichtete ihm von Havers Erkenntnissen und ihren Überlegungen.
»Vielleicht hatte der Mörder kein Geld, um im Hotel zu wohnen«, sagte Ottosson.
»Was ist das denn für ein Mörder«, rief Lindell.
»Die meisten wohnen nicht im Hotel«, sagte Ottosson und lachte.
Der Rest des Arbeitstages ging damit hin, das Material zu studieren, das sich inzwischen angesammelt hatte. Das musste natürlich getan werden, aber Lindell hatte vor allem das Bedürfnis, allein zu sein. Bei Begegnungen mit anderen Menschen überfiel sie immer häufiger ein fast klaustrophobisches Gefühl. Das konnte ihr am Arbeitsplatz genauso gut |185| passieren wie bei den Zusammenkünften in Eriks Kindergarten oder überall dort, wo sich viele Menschen auf engem Raum drängten.
Die Protokolle der Verhöre lagen vor, ein erster Überblick zu Slobodan Anderssons Geschäften und das Gutachten des Gerichtsmediziners.
Armas’ Lebensgeschichte fehlte noch. Slobodan Andersson hatte einiges an Auskünften beigesteuert, aber die frühe Geschichte seines Geschäftspartners lag im Dunkeln.
Lindell hörte, wie Ola Haver zurückkam, wie er und Fredriksson sich auf dem Flur unterhielten. Sie musste an Berglund denken. Sie entschied sich, bis zum nächsten Tag zu warten. Wenn er dann nicht zur Arbeit erschien, würde sie ihn zu Hause anrufen.
28
D er Alarm ging um 14.22 Uhr ein. Die Feuerwehr von der Brandwache Viktoria, im Osten der Stadt gelegen, war sieben Minuten später an Ort und Stelle. Aber da gab es schon nicht viel mehr zu tun als aufzupassen, dass sich das Feuer nicht ausbreitete.
Der nächste Nachbar hatte das Feuer entdeckt, als er vom Pilzesuchen aus dem Wald kam. Er hatte seinen Gartenschlauch genommen, der allerdings nicht lang genug war. Aber wenn er die Öffnung zusammenpresste, reichte der Wasserstrahl bis zum Schuppen.
Die Feuerwehrleute bedankten sich für seinen Einsatz, baten ihn dann jedoch, sich zurückzuziehen.
»Wissen Sie, ob Menschen im Haus waren?«, fragte der Einsatzleiter.
»Glaub ich nicht«, meinte der Nachbar.
|186| Das Häuschen war aus Holzkisten gebaut und binnen zwanzig Minuten abgebrannt. Der Schuppen wurde gerettet, und die am Waldrand durch den Funkenflug entstandenen Brandnester waren schnell gelöscht.
»Ein Segen, dass der Mist abgebrannt ist«, sagte der Nachbar und rollte seinen Gartenschlauch auf. »Aber ein Glück, dass die Bude nicht in die Luft gegangen ist. Ich glaub nämlich, die haben da drin Propangas.«
Der Feuerwehrmann reagierte direkt und befahl allen Neugierigen, sich mindestens hundert Meter weit zurückzuziehen. Den Nachbar musste er mit Nachdruck wegschieben.
»Wie blöd darf man eigentlich sein?«, fragte er seinen Kollegen.
Der Streifenwagen kam zehn Minuten nach der Feuerwehr. Die Polizisten befragten die Neugierigen, die sich an der Straße drängten. Nützliche Informationen, wie das Feuer entstanden sein konnte, hatte eigentlich keiner zu bieten. Keiner hatte etwas gesehen oder gehört. Selten waren Menschen bei dem Haus zu sehen. Keiner wusste genau, wem es gehörte.
»Gehört das nicht einem von den Söhnen des Sprengmeisters?«, vermutete ein älterer Mann. »Rosenberg, es gibt doch ein paar. Versuchen Sie es mit Bertil, ich glaube, so hieß der Älteste.«
»Haben Sie ihn in der letzten Zeit hier gesehen?«, fragte der Polizist.
»Er ist hier rausgekommen, als der Schornsteinfeger da war. Aber das ist mindestens ein Jahr her. Wir haben kurz geredet. Er ist Sprengmeister, genau wie sein Vater.«
Der Einsatzleiter trat dazu und führte den Polizisten zur Seite.
»Hier liegt Brandstiftung vor«, sagte er kurz.
»Sind Sie sicher?«
|187| »Ganz sicher. Die Bude ist nicht ans Stromnetz angeschlossen. Außerdem haben wir da drin einen Zehnliterkanister gesehen. Es muss sich alles erst abkühlen,
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