Rot
Richter finden«, sagte der Ex-Ministerpräsident. »Aber spätestens am Helsinkier Berufungsgericht wird man die Anklage natürlich fallen lassen, das ist recht gut mit Kabinettsmitgliedern besetzt.«
Ukkola schien beruhigt zu sein. »Und was ist mit Karlsson und Soisalo?«
»Väkikorpi hat dafür gesorgt, dass die Ermittlungen zu Karlsson demselben Staatsanwalt übertragen wurden, der auch deinen Fall bearbeitet. Aber in Soisalos Unterschlagungsfall sind die Vorbereitungen für die Anklageerhebung schon abgeschlossen, darauf konnte Väkikorpi nicht mehr sonderlich viel Einfluss nehmen.«
Ukkola stand auf, doch dann fiel ihm noch etwas ein. »Wie kommen die Ermittlungen zum Kabinett bei der SUPO und der KRP voran?«
»Derzeit nutzt fast jedes Kabinettsmitglied seine Beziehungen, um diese Untersuchungen zu hintertreiben. Zuständig für den gesamten Komplex der Ermittlungen ist die stellvertretende Generalstaatsanwältin Anni Alanko, die auch die Entscheidung trifft, ob Anklage erhoben wird. Sie hört auf Väkikorpi. Bis jetzt ist sie erst einem Kabinettsmitglied richtig auf die Spur gekommen, natürlich hat sie keinerlei brauchbare Beweise.«
»Und wer ist das?«
»Das geht dich nichts an«, kanzelte der Vorsitzende ihn ab. »Und du solltest nicht vergessen, dass deine Probleme aus der Sicht des Kabinetts ziemlich unbedeutend sind. Aber wir kümmern uns natürlich um unsere Leute, wie du weißt. Wir haben ja auch schon erreicht, dass man dich aus der Untersuchungshaft entlassen hat.«
Die Männer gaben sich die Hand, und Ukkola ging zu seinem Wagen auf dem Hietalahdentori. Für die Planung seiner Verteidigung brauchte er weder den Rat des Vorsitzenden noch des GeneralstaatsanwaltsVäkikorpi. Dieser Expolitiker, der so aussah, als hätte er eine Zaunlatte verschluckt, bildete sich doch nicht etwa ernsthaft ein, dass er den Ausgang seines Prozesses dem Zufall überließ? Immerhin stand er im Verdacht, schwere Straftaten begangen zu haben: schwerer Amtsmissbrauch, schwere Rauschgiftvergehen, schwerer Menschenhandel … Und die Behörden hatten auch verdammt viele Beweise zusammenbekommen, dank Jonny Karlsson, der Kerl hatte der KRP eine Kopie der Festplatte seines Computers geliefert. Ukkola war klar, dass er garantiert in den Knast wandern würde, wenn nicht energisch und rigoros in die Arbeit der Staatsanwaltschaft und der Polizei eingegriffen wurde.
Der schwarze Audi schoss los in Richtung Ruoholahti und Ukkola spürte, wie das Adrenalin in seinen Körper strömte. Schon bald müsste er sich an die Arbeit machen. Er beabsichtigte, sich eine ganze Latte von Beweisen auszudenken, die alle belegen sollten, dass er nur Kontakt zu den russischen Kriminellen gehalten hatte, um sie auffliegen zu lassen. Vielleicht könnte er auch ein paar maßgebliche Zeugen dazu bringen, vor Gericht zu seinen Gunsten zu lügen. Außerdem würde er Klasu Nyman von der KRP gründlich in ein schlechtes Licht rücken, schließlich hatte der die ganze Hetzjagd gegen ihn ins Rollen gebracht.
Doch letztlich befand er sich wohl kaum in großer Gefahr. Bald könnte es sich das Kabinett einfach nicht mehr leisten, ihn zu verlieren – er würde in Kürze für alle dunklen Geschäfte des Kabinetts zuständig sein. Dann erfuhr er so viel, dass er unangreifbar wurde.
* * *
Ungeschickt wie er war, stieß der Vorsitzende des Kabinetts beim Betreten seiner Wohnung in Töölö aus Versehen den Koffer um, der an der Tür stand. Er war abends aus Dubai angekommen und während des über zwölfstündigen Rückflugs nur ein paarmal kurzeingenickt. Vielleicht lag es an seiner Müdigkeit, dass dieser Grünschnabel Ukkola es tatsächlich geschafft hatte, ihn zu ärgern. Hol’s der Teufel, in Finnland wurde Autoritäten eben keine Achtung entgegengebracht, nicht einmal ehemaligen Ministerpräsidenten. Er hatte auch keine Lust mehr, sich in der Presse darüber zu beschweren, diese unverschämten Kerle behaupteten doch glatt, er würde ständig herumnörgeln.
Als er seinen Mantel auszog, hörte er das Geräusch des Faxgeräts, und wenig später griff er in seinem Arbeitszimmer nach den noch warmen Blättern. Er überflog die von Generalstaatsanwalt Väkikorpi geschickten Unterlagen und begriff sofort, dass schon wieder neues Unheil über sie hereinbrach. Eine Katastrophe folgte auf die andere wie einst Hungersnöte auf Missernten. Die Anhänge der Zusammenfassung, die Leo Kara der Generalstaatsanwaltschaft übergeben hatte, waren allerdings keine Kopien
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