Rot
Kontaktperson, über die es Verbindung zu den anderen hielt und ihnen Informationen übermittelte. Das war eine von vielen Methoden, das Kabinett zu schützen.
Ein anderer hätte sich vielleicht gewundert, »befördert« zu werden, während er gleichzeitig vom Dienst suspendiert war und gegen ihn ermittelt wurde. Jukka Ukkola jedoch wusste, dass wirklich kompetente Männer schwer zu finden waren. Er wurde gebraucht.
Ukkola ging zum Rand des Sinebrychoff-Parks und blieb neben dem ehemaligen finnischen Ministerpräsidenten stehen. Der einssechsundneunzig große Mann wirkte leibhaftig noch größer als im Fernsehen. Sein kantiges Gesicht hingegen sah genauso ausdruckslos aus wie auf Zeitungsfotos. Sie gaben sich die Hand und setzten sich auf eine Parkbank, die von den Straßenlaternen nur spärlich beleuchtet wurde.
»Ich habe einen Auftrag für dich.« Der Vorsitzende kam wie gewohnt ohne jeden Small Talk zur Sache.
»Das hört sich gut an«, antwortete Ukkola.
»Du brauchst dich gar nicht einzuschmeicheln. Ich würde einen vom Dienst suspendierten Polizisten nicht einsetzen, wenn es Alternativen gäbe.«
Der Ex-Ministerpräsident benahm sich offenbar auch im normalen Leben wie ein Diktator, fand Ukkola.
»Wir müssen sicherstellen, dass die polizeilichen Ermittlungen zum Kabinett ergebnislos bleiben. Ich habe beschlossen, jegliche … gesetzwidrige Beschaffung von Mitteln einzustellen. Von den zur Verfügung stehenden Mitgliedern kommst nur du für diese Aufgabe in Frage.«
Ukkola konnte sich vor Freude kaum beherrschen. Er war auf dem Weg in das Machtzentrum des Kabinetts. »Von wem erhalte ich die erforderlichen Informationen?«
Der Gesichtsausdruck des Vorsitzenden wurde, wenn das überhaupt möglich war, noch verdrossener. »Das ist dein erstes Problem. Für alle finanziellen Angelegenheiten war früher Anita Arho zuständig, die aber im August aus Finnland verschwunden ist, wie du weißt. Arho hat leider einen Teil der Unterlagen zu unseren … Geschäften mitgenommen genau wie der von ihr engagierte Jurist Eero Palomaa. Und auch Eeva Vanhala hat sich als unzuverlässig erwiesen. Ich gebe dir aber zwei Telefonnummern und alles Material, das ich auftreiben konnte.«
»Ich erledige das«, sagte Ukkola.
»Na klar erledigst du das, verdammt noch mal. Diese Aufgabe ist jetzt eine der wichtigsten für das Kabinett. Wir wissen beide, dass du es weit bringen wirst, wenn du bei dieser Sache keinen Mist baust.«
Ukkola zögerte einen Augenblick. »Ich habe auch Neuigkeiten. Schlechte.«
Der Vorsitzende zog die Brauen hoch.
»Leo Kara vom UNODC ist in Finnland, mit neuen Informationen über das Kabinett, darunter sogar Namen. Er hat vor, sie den Behörden zu übergeben. Und meine Exfrau droht, zusammen mit Kara und ihrem Freund Jonny Karlsson in meinen Angelegenheiten herumzustochern. Karlsson alias Paranoid gilt als Hacker der Spitzenklasse, der ist sogar in die Systeme des Pentagons eingebrochen.« Und er hat meine Frau gevögelt, fügte Ukkola für sich hinzu.
Der Vorsitzende schien nicht überrascht zu sein. »Wie viel weiß Leo Kara? Hat der Mann Beweise?«
»Keine Ahnung. Aber Karlsson wird sie als Hacker auf derart hohem Niveau schon finden. Und Kara hat bereits gezeigt, dass er einer ist, der außergewöhnlich hartnäckig darin ist, Ärger zu machen.«
Der Vorsitzende überlegte einen Augenblick. »Du solltest froh sein, dass bei Straftaten von Polizisten die Staatsanwaltschaft für die Ermittlungen zuständig ist und nicht die Polizei. Der oberste Ankläger Finnlands, der Generalstaatsanwalt Asko Väkikorpi, ist Mitglied des Kabinetts. Seiner Ansicht nach hat man besorgniserregend viele Beweise für deine Beteiligung am Menschen- und Drogenhandel zusammengestellt. Wahrscheinlich muss gegen dich Anklage erhoben werden, obwohl …«
»Scheiße!«, fluchte Ukkola.
»Zu deiner Verteidigung muss man felsenfest darauf beharren, dass du nur versucht hast, den Menschen- und Drogenhändlerring der Russen zu entlarven. Der Beinschuss könnte dich noch vor einer Verurteilung bewahren. Du wirst natürlich behaupten, dass die Russen versucht haben, dich auszuschalten, nachdem sie erfahren hatten, dass du sie verraten willst.«
Ukkola schüttelte den Kopf. »Ach, ich soll also mich, meine Karriere und meine ganze Zukunft auf Gnade oder Ungnade einem Amtsgericht ausliefern, einem oder zwei Juristen und ein paar Schöffen?«
»Hoffen wir mal, dass wir beim Amtsgericht einen geeigneten Mann als Vorsitzenden
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