Rote Gruetze mit Schuss
sich auch damit abgefunden, dass ihr alle Männer hinterhergucken und auf den Schützenfesten mit ihr tanzen wollen. Er hat sich damit abgefunden, dass sie beide keine Kinder bekommen konnten und dass sie ihn immer etwas von oben herab behandelt.
Die Fredenbüller dagegen respektieren den Mann von der Nürnberger, Sektion Nord. Schließlich ist jeder im Dorf bei ihm versichert. Die unkonventionelle Methode, die Policen seiner Kunden zu handhaben, hat Leif Ketels zu erstaunlichem Wohlstand verholfen. Bislang ist das glattgegangen. Größere Schadensfälle waren glücklicherweise ausgeblieben.
Auch die Affäre, die er seit einigen Monaten hat, stärkt sein Selbstvertrauen. Bei ihren heimlichen Treffen in der alten Remise hatte Alexandra ihm ihr Tatoo mit dem japanischen Schriftzeichen gezeigt. Die rotgelockte Salonbesitzerin mit dem Pantherblick und der weißhäutige Versicherungsvertreter mit dem zarten Oberlippenbärtchen hatten Leibesübungen veranstaltet, die mit der kühlen blonden Swaantje undenkbar wären.
Auch gestern hatte er gehofft, Alexandra abends in der Remise zu treffen. Stattdessen hat sie ihn mittags hochkant aus ihrem Friseursalon rausgeworfen. Und dann war auch noch Swaantje verschwunden. Kaum zu fassen, an einem Nachmittag waren ihm beide Frauen abhandengekommen.
Als er dann nachts die Suche nach seiner Frau schon fast aufgegeben hatte, war er noch einmal zur alten Remise gefahren. Wenn die Affäre mit der FredenbüllerFriseuse jetzt wirklich vorbei sein sollte, dann mussten die Zeugnisse ihrer gemeinsamen Nächte nicht auch noch entdeckt werden. Zumindest die verräterischen Hilfsutensilien wollte Leif aus seinem Fach in dem antiken Postschrank holen. Er hatte das Fach mit dem Hasen.
Dass etwas nicht stimmte, merkte er schon, als er vorfuhr. Vorsichtshalber parkte er sein Auto ein Stück weiter hinter einem großen Holzstapel. In der Remise brannte kein Licht. Aber er hatte das Gefühl, dass jemand da war. Zu sehen war niemand. Leif schlich vorsichtig ums Haus, als ein Auto vorfuhr. Er erkannte sofort die hochstehenden Scheinwerfer des Landrovers von Jörn Brodersen. Es war in Fredenbüll zwar nicht das einzige Fahrzeug dieses Modells, aber Ketels erkannte das Kennzeichen. Schließlich hatte er den Wagen versichert. Er drückte sich hinter einen Fliederbeerbusch. Und dann traute er seinen Augen nicht. Brodersen öffnete die Beifahrertür und hievte eine Person aus dem Auto: Eine schlafende oder bewusstlose Frau.
Oder war das eine Tote!? Das konnte doch alles nicht wahr sein!
Ketels blieb wie erstarrt hinter seinem Fliederbeerbusch stehen. Die blonde Frau, die sein Schwager Brodersen auf den Armen von seinem Auto in die Remise trug, war seine Ehefrau Swaantje. Dass Swaantje etwas mit Brodersen hatte, wusste er, wenn er ehrlich war, schon seit Längerem. Ganz sicher war das nicht die einzige Affäre, die der Biobauer hatte. Brodersen gehörte angeblich auch eines der Schließfächer in dem alten Postschrank. Und Postbote Klaas machte immerwieder so blöde Bemerkungen. Allerdings machte Klaas immer blöde Bemerkungen.
Aber was hatte dies hier alles zu bedeuten? Leif riss sich zusammen und wagte sich hinter dem Strauch hervor. Vorsichtig näherte er sich dem alten Gemäuer. Durch das Sprossenfenster konnte er einen Blick nach drinnen werfen. Es war stockdunkel, doch als sich seine Augen an die Dunkelheit gewöhnt hatten, sah er die beiden auf dem alten Bett liegen. Erst konnte er die Situation gar nicht richtig deuten. Doch dann prallte er vor Schreck zurück. Brodersen kniete über Swaantje und drückte ihr gerade das knallgrüne, mit Stroh gefüllte Kopfkissen, das Leif aus seinen Nächten in der Remise sehr vertraut war, mit voller Kraft ins Gesicht.
Leif Ketels schoss das Blut in den Kopf, in seinen Ohren pulsierte es dumpf. Er raste zur Tür des Kutscherhauses. Doch die Tür war verschlossen. Hektisch rüttelte er an der Klinke. »Verdammte Scheiße, was geht da drinnen vor«, rief er und schlug mit der flachen Hand auf die Tür, dass das Holz schepperte. Doch das Tor gab keinen Millimeter nach.
Ketels rüttelte immer panischer an dem Holztor. Dann hastete er wieder zu dem Fenster zurück. Er sah Brodersen erschreckt zur Tür starren, während er immer noch mit seinem ganzen Körpergewicht auf Swaantje kniete. Dieses Arschloch wollte doch tatsächlich seine Frau ermorden! Und er konnte es nicht verhindern!
In seiner Verzweiflung tastete Leif nach einem Stein unter dem Fenster und
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