Rote Gruetze mit Schuss
Stappenbek winkt erneut ab.
»Ich hab schon gehört. Schrecklich. Wie ist das denn überhaupt passiert?« Frau Dossmann wirkt, als wenn sie ganz gern mal Besuch bekommt. »Ich mach Ihnen sonst auch ’n Tee.«
»Erika, die beiden wollen nichts«, fährt Dossmann dazwischen.
»Hans-Werner, mach doch Fußball mal aus ...« Sie sieht ihren Mann an und dann Thies. »Ach so, Thies, du willst auch gucken, nä?«
»Nee, nee, Frau Dossmann.« Thies versucht, in den Polstern Haltung anzunehmen, was ihm gründlich misslingt.
»Erika!«, pfeift Dossmann seine Frau zurück, worauf diese beleidigt das Wohnzimmer verlässt.
Nicole rutscht ungeduldig auf ihrem Polster herum. So kommt sie nicht weiter. »Herr Dossmann, ich werde das Gefühl nicht los, dass Sie meinen Fragen ausweichen.«
»Tja, Frau Stappen... ähhh ... dings, dann müssen Sie erst mal sagen, was Sie überhaupt von mir wollen.«
»Man sagt, Sie hatten zu dem Toten nicht das beste Verhältnis?« Die Kommissarin macht einen kurzen Schniefer. »Es hat da früher schon Auseinandersetzungen zwischen Ihnen gegeben?«
»Was wollen Sie damit denn sagen?«
Die Kommissarin macht eine längere Pause. »Wo waren Sie denn in der letzten Nacht, Herr Dossmann?«
Nach dieser Frage ist es bei Dossmann endgültig vorbei mit der Gemütlichkeit. »Mein liebes Fräulein, jetzt will ich Ihnen mal was sagen: Ein Motiv, diesen Ökoclown umzubringen, hat das halbe Dorf gehabt, was sag ich, dat ganze.«
»Das Frollein lassen Sie mal ruhig weg.« Nicole Stappenbek steigt leichte Zornesröte ins Gesicht. Aber vielleicht liegt es auch an der Temperatur in demWohnzimmer, die mittlere Saunagrade erreicht. Thies sieht auf dem Bildschirm, wie der Pfosten den HSV vor einem weiteren Rückstand bewahrt. Er mag gar nicht hinsehen.
Dossmann hat sich inzwischen wieder erhoben und steht breitbeinig wie ein echter Rancher neben seiner Polsterlandschaft, mit der Fernbedienung in der Rechten zeigt er auf die Kommissarin. »Ich kann Ihnen ganz genau sagen, wo ich gestern war ...«
Frau Dossmann betritt erneut das Wohnzimmer, diesmal mit einer dreistöckigen Kristalletagere voller Salzgebäck. Sie kommt gar nicht dazu, den Knabberkram abzustellen.
»Hier, du kannst unserer jungen Kommissarin gleich mal wat bestätigen. War ich gestern Nacht hier in Fredenbüll?«
»Nee, du warst nich da«, sagt Frau Dossmann.
»Und wo war Ihr Mann?«
»Ja, Hans-Werner, wo warst du? In Rendsburg beim Zentralverband, oder?«
»Ja, bitte, da ham Sie’s.« Dossmann macht eine ausladende Handbewegung.
»Zentralverband ...?«, fragt die Kommissarin.
»Zentralverband der Deutschen Geflügelwirtschaft!«, blökt Dossmann, dessen Laune sich merklich verschlechtert.
»Aber da waren Sie nicht dabei, Frau Dossmann?«
»Nee, was soll ich da?« Frau Dossmann stellt die Etagere auf dem Couchtisch ab. »Aber eins kann ich Ihnen mit Sicherheit sagen, mein Mann ist erst morgens wieder zu Hause gewesen.«
Nicole Stappenbek zieht die Augenbrauen hoch. »Herr Dossmann, das beweist aber noch nicht, dass sie nicht in Fredenbüll waren.«
»Tja, verehrte Kommissarin, da mögen Sie wohl recht haben, es beweist aber auch nicht, dass ich den Biofritzen auf dem Gewissen hab. Und jetzt würd ich gern meine Sportschau weitergucken.«
»HSV hat sowieso wieder verloren.« Thies setzt seinen traurigen Kuhblick auf und kämpft sich mühevoll aus dem Samtpolster heraus.
Thies muss zugeben, es ist doch ein bisschen was anderes, wenn die Kieler Mordkommission ermittelt. Wie Nicole den Geflügelkönig aus der Reserve gelockt hat, hat ihm gefallen. Andererseits, so schrecklich viel ist dabei auch nicht herausgekommen. Als die beiden Beamten wieder im Auto sitzen, sind sie sich einig: Dossmann hat etwas zu verbergen. Ob die Geschichte mit dem Zentralverband der Deutschen Geflügelwirtschaft stimmt? Aber das konnte man ja schnell klären.
Nicole und er könnten ein gutes Team werden, denkt sich Thies, als er die Kommissarin bei Pensionswirtin Renate vorbeifährt. Nur in die vielen Abkürzungen muss er sich erst noch einarbeiten. DSL, jetzt ist bei Thies der Groschen gefallenen. Er ist hier in Fredenbüll schließlich der Dienststellenleiter.
»KHK Stappenbek«, stellt Thies die Kommissarin der Zimmerwirtin Renate vor.
»KH... Entschuldigung, wie war das?«
»Nicole Stappenbek.« Sie reicht Renate die Hand.
»Ja, Tach, denn will ich Ihnen mal das Zimmer zeigen. Siebenunddreißig Euro ... mit Frühstück, wenn Sie wollen.«
In dem
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