Rote Gruetze mit Schuss
Heike.
»Wir haben die Information, dass Sie Kontakt zu Hans-Werner Dossmann haben«, will die Kommissarin das Verhör voranbringen.
»Hans-Werrnerrr, nein, ich weiß nix!«
»Herr Dossmann, Kunde von dir«, radebrecht Thies.
»Nix Kunden!« Die Russin wedelt mit ihren violetten Fingernägeln durch die Luft. »Nix Kunden, nur Gäste.«
»Ja, ja, Gäste is gut! Ich seh die Fahrzeuge doch stehen, Berufspendler, Fernfahrer, alles auswärtige Kennzeichen. Und das Wohnmobil ist doch nich’ auf Sie zugelassen.«
»Nix illegal«, beteuert Irina aufgebracht.
»Deswegen sind wir nicht hier«, versucht Nicole Stappenbek die Frau zu beruhigen, »dafür sind wir nicht zuständig. Es geht uns nicht um Sie, sondern um Herrn Dossmann. Wann haben Sie ihn denn zuletzt ...«
»Dossmann behauptet, er wäre in der Nacht zum ...«
Nicole unterbricht Thies abrupt mit einem deutlichen Handzeichen. Da kapiert Thies, dass er sich fast verplappert hätte, und ärgert sich über sich selbst. Zuspät fällt ihm Kapitel 3, Absatz 2 in »Vernehmungstechniken I« ein: »Strategie der abtastenden Vernehmung«. Nicole signalisiert ihm, dass sie das Verhör erst mal weiterführen will.
»Frau Bereschnaja, wir wissen, dass Sie sich regelmäßig mit Herrn Dossmann getroffen haben. Es ist sinnlos, das verheimlichen zu wollen. Im Gegenteil, mit einer Aussage können Sie Herrn Dossmann möglicherweise sehr helfen.«
Die beiden Polizisten können richtig beobachten, wie es in Irina Bereschnaja arbeitet.
»Wir ermitteln hier in einem Mordfall«, verkündet Thies mit ernster tiefer Stimme. Genervt über diesen Einwurf schnaubt Nicole kurz durch die Nase.
»Sind Sie hier wegen totten Mann in ... sagt man Drrescherrr? Ich habe gehört! Hans-Werrnerrr damit nix zu tun.«
»Frau Bereschnaja!«, sagt Nicole energisch. »Beantworten Sie uns bitte einfach unsere Fragen: Wann waren Sie mit Herrn Dossmann in den letzten Tagen zusammen?«
Irina zieht nervös ihre blond gefärbten Haare durch ein rosa Haargummi aus Frottee. »Richtig. An diesem Abend, als dieser Mann ... na ja, in Drescherrr kam, Hans-Werrnerrr und ich waren zusammen.«
»Hier in diesem Wohnmobil?«, will die Kommissarin wissen.
»Ja. Eigentlich wir wollten zu alte Haus von Kutscher in Wald. Hans-Werrnerrr hat Schlüssel.« Angelique wird jetzt richtig gesprächig. »Aber habben gesehen Licht. Schon jemand war da.«
»Sie sprechen von der alten Remise auf dem Gut der von Rissens?« Thies weiß sofort, was die Russin meint. »Wissen Sie, wer sich dort aufhielt?«
»Nix weiß. Aber stand Auto vor Tür. Hans-Wernerr hat furchtbar geschimpft, dann wir sind etwas gefahren, in Hans-Wernerrs schönnen Waggen, und dann hierher.«
»Haben Sie das andere Fahrzeug erkannt? Wissen Sie vielleicht die Automarke oder den Fahrzeugtyp?«, fragt Nicole Stappenbek und rückt aufgeregt die Sonnenbrille zurecht.
»Genau wie Waggen von Hans-Wernerr. Waggen für Wald und Wiese«, antwortet Irina prompt.
»Jo, Geländewagen, haben sie hier neuerdings alle, Dossmann, Brodersen, von Rissen und auch der Professor, wenn er nich mit seinem alten Rad unterwegs ist.« Thies weiß ganz genau, wer hier welches Auto fährt.
»Können Sie das Auto näher beschreiben?«, insistiert Nicole.
Angelique schüttelt den Kopf. »Wie gesagt, Waggen für Gelände, ich glaube.«
Mit der Beschreibung des Autos kommen sie offensichtlich nicht weiter. Die Kommissarin wechselt das Thema. »In welcher Zeit waren Sie denn mit Herrn Dossmann zusammen?«
»War Frreitag.«
»Das sagten Sie bereits. Aber wann genau waren Sie beide zusammen?«
»Zusammen ganzen Abend. Ich kann bezeugen.« Angelique legt sich für den Hühnerbaron mächtig ins Zeug.
»Frau Bereschnaja, etwas genauer hätten wir es dann schon gern.« Nicole lässt, während sie mit dem Niesen kämpft, ihren Blick ungeduldig einmal über das gesamte Plüschensemble streifen und sieht die Russin dann wieder streng an. »Was ist Abend bei Ihnen? Sechs Uhr oder zehn?«
»Nein, nein, halb neun, so etwa.«
»Und dann bis ...?«
»Ganze Nacht«, verkündet Irina voller Stolz.
»Und die ganze Zeit war Dossmann hier im Wohnwagen?«, hakt Thies ungläubig nach.
»Ganze Nacht. Nur kurz mal weg.« Angelique kommt langsam ins Schwitzen. Kreuzverhör und Standheizung zeigen Wirkung.
»Was heißt kurz?«, fragt die Kommissarin.
»Nurr kurrz! Eine Flasche rrotten Sekt holen.«
»Wie lange hat das gedauert? Eine Stunde, eine halbe Stunde?«
»Vielleicht halbe
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