Rote Gruetze mit Schuss
geschmacklos!«, krächzt von Rissen.
»Onno, wer hatte denn alles Zugang zu der Remise?«
Inzwischen hat der Kriminaltechniker das nächste Fach, das mit der Eichel, geöffnet und fördert ein Gleitmittel, einen abgegriffenen Prospekt für »Gummikleidung für den Garten« und »Zwanzig Stück Latexhandschuhe, leicht gepudert, unsteril« hervor.
»Falls uns die Handschuhe ausgehen«, grient Mike. »Krieg ich aber irgendwie nicht zusammen, Sex, Gummistiefel und Einmalhandschuhe.«
»Latex, mein Süßer«, raunt Nicole ihm zu.
»Die Handschuhe sehen irgendwie nach Krankenhaus aus«, sagt Thies. »Könnten von unserem Hamburger HNO-Professor sein.«
»Na ja, Herr Professor Müller-Siemsen war tatsächlich ab und zu mal hier«, sagt Huberta von Rissen. »Er hatte mich damals gebeten, hier während der Renovierungsarbeiten an seinem Haus ein paar Sachen unterstellen zu dürfen.«
»Pah, Sachen unterstellen ist gut, der feine Herr Doktor«, kräht von Rissen.
»Hier geht ja scheinbar das ganze Dorf ein und aus«, sagt Thies.
»Ich weiß davon nichts«, sagt Frau von Rissen pikiert.
»Gibt es sonst noch jemanden, der sich hier aufhielt?«, fragt die Kommissarin.
»Ich habe auch keine rechte Vorstellung, wie diese Dinge hierherkommen.« Allmählich wird auch von Rissen die Sache peinlich.
»Übrigens, Ermittlungsergebnis von eben: Der Fingernagel ist wahrscheinlich von Swaantje Ketels«, flüstert Thies Nicole zu. Huberta von Rissen bekommt es trotzdem mit. Ihr Blick verfinstert sich schlagartig.
Aus einem weiteren Fach, auf dessen Tür noch ein verblichener Keilerkopf zu erkennen ist, holen die Kriminaltechniker eine Schachtel Viagra und einen aufgerissenen Sechserpack Piccolos hervor, von denen nur noch zwei Fläschchen übrig sind.
Begeistert und mit zunehmendem Tempo öffnet Börnsen ein Postfach nach dem anderen. In mehreren der Fächer liegt wirklich nur altes Werkzeug, doch dann fördern er und seine Kollegen genüsslich wieder Netzstrümpfe und Gleitcremes zutage und lassen sie in ihren Plastiktütchen verschwinden. Der Spaß an der Arbeit ist den Kriminaltechnikern deutlich anzusehen.
In allen Fächern werden die Kriminaltechniker fündig. Nur ein Fach ist leer, das Postfach mit dem Hasen.
»Verschlossen, aber leer. Komisch, oder?«, findet Börnsen.
»Jungs, ich will euch ja nicht ausbremsen, aber wir ermitteln hier nicht wegen abnormer Sexpraktiken«, sagt Nicole Stappenbek.
»Wir ermitteln wegen Mord!« Thies blickt ernst und wichtig.
»Aber wer hier welches Fach benutzt, das würde uns schon interessieren«, sagt die Kommissarin. »Wenn dies der Tatort ist, dann wollen wir natürlich wissen, wer hier so alles ein und aus geht.«
»Ich kann Ihnen da beim besten Willen nicht weiterhelfen«, sagt Huberta von Rissen spitz. Ihr Mann zuckt nur die Schultern. Die Kommissarin weiß nicht recht, ob sie ihm seine Ahnungslosigkeit abnehmen soll.
»Mich würde viel mehr interessieren, wer das Hasenfach hatte. Das hat doch offensichtlich jemand leergeräumt. Vielleicht Brodersen?« Sie macht eine Pause. »Oder sein Mörder?«
22
»Wat denn?! Ich versteh kein Wort!!«, schreit Hühnerbaron Dossmann. Er hält einen Laubpuster in den Händen und treibt ein paar vereinzelte Blüten über den Waschbeton seiner Hauseinfahrt vor sich her.
»Hans-Werneeer!«, versucht seine Frau gegen das röhrende Gartengerät anzubrüllen. »Wat machst du denn? Is doch noch gar kein Laub!«
»Ja, guck doch, hier sind wieder die ganzen Scheißkastanienblüten von der Straße reingeweht!« Wütend pustet er ein kleines Blütenhäufchen über einen angetrockneten Jaucheplacken, sodass jetzt alles vermischt durch die Luft wirbelt.
»Wenn du alles sauber hast, is Abendbrot fertig«, schreit Frau Dossmann ungnädig gegen den Laubbläser an. Nach einem gemütlichen Abendessen klingt das nicht.
»Ja, ja, is ja gut, Erika«, ruft Dossmann und bläst die Kastanienblüten jetzt resigniert unter die Thujenhecke. »Auch schon egal.« Der Geflügelzüchter bringt den Laubbläser in die Garage zurück.
Auf dem Couchtisch vor dem riesigen Fernseher steht eine Platte, auf der sich Käse- und Wurstschnittchen türmen. Im Fernsehen steht der Meteorologe des Regionalmagazins mit einem riesigen Puschelmikrofon, beide mit wehenden Haaren, auf Sylt und versprichtfür die nächsten Tage schönstes Frühlingswetter.
»Buddel Bier, Hans-Werner?«, fragt Frau Dossmann und dann schnippisch: »Oder lieber roten Sekt?«
»Erika, eins will ich dir
Weitere Kostenlose Bücher