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Rote Jägerin - Wells, J: Rote Jägerin - Red-Headed Stepchild

Titel: Rote Jägerin - Wells, J: Rote Jägerin - Red-Headed Stepchild Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jaye Wells
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Vermutlich wollte sie mir eine der zahllosen Fragen stellen, die ihr durch den Kopf gingen. Doch dann machte sie ihren Mund wieder zu, der denselben Schwung hatte wie der Vincas.
    »Wohin wird sie gebracht?«, wollte ich wissen.
    »Man bereitet sie für das Ritual vor. Kommen Sie, eine meiner Töchter wird Ihnen Ihr Zimmer zeigen.«
    Ich hätte ihr gerne noch ein paar Fragen gestellt. Woher hatte sie erfahren, dass ich kommen würde? Hatte sie gewusst, dass Vinca tot war? Wie Schmetterlinge flatterten mir diese und unzählige andere Fragen durch den Kopf. Doch auch ich hielt mich zurück.
    Ich war unendlich müde und erschöpft. Die Sonne war zwei Stunden zuvor aufgegangen, und ich fühlte mich inzwischen mehr tot als lebendig. Ich vertrug Sonnenlicht nur in kleinen Dosen, und die Strahlen, die nun auf mich niederbrannten, waren eindeutig zu viel. Später würde es bestimmt auch noch die Gelegenheit geben, mich mit Astrid zu unterhalten.
    Ich nickte und folgte einer jugendlich wirkenden Nymphe, die Vincas Mutter herbeigerufen hatte, um mich zum Haus zu geleiten. Sie schniefte mehrmals, während sie mich einen Trampelpfad entlang durch den Wald führte. Der Duft der Bäume, des Laubs und der feuchten Erde
umgab uns. Die anderen Feen gingen in gebührendem Abstand hinter uns her, wobei sie so leise miteinander redeten, dass ich kein einziges Wort verstehen konnte.
    Schon bald tauchte ein Haus vor uns auf. Im Gegensatz zu Briallens bescheidenem Cottage in Muir Woods hatte dieses Gebäude zwei Stockwerke und unzählige runde Fenster, die einladend im morgendlichen Sonnenlicht funkelten. Das Haus schien mit seinen geschwungenen Dächern und den glatten Wänden ein paar Fliegenpilzen nachempfunden zu sein.
    Mein Zimmer befand sich im ersten Stock unter dem weit heruntergezogenen Dach. Neben einem kleinen Fenster stand ein schlichtes Bett mit einer weißgrünen Steppdecke. Die Nymphe sagte nicht viel, während sie das Fenster mit einem Stück Stoff verhängte. Sie öffnete eine Tür, um mir das Badezimmer zu zeigen und wo ich frische Handtücher finden konnte. »Meine Mutter hat mich gebeten, Ihnen mitzuteilen, dass das Ritual morgen Abend bei Sonnenuntergang stattfinden wird. Bis dahin sollten Sie sich ausruhen. Falls Sie etwas brauchen, finden Sie mich jederzeit in meinem Zimmer auf der anderen Seite des Ganges.«
    Ich dankte ihr und sie ging. Allein gelassen, ließ ich mich erst einmal aufs Bett fallen. Mir kam es fast so vor, als sei ich in eine Art seltsame Märchenwelt gestolpert. Wenige Minuten später zuckte ich zusammen und schreckte aus dem Halbschlaf auf. Ich fuhr mir über das Gesicht und setzte mich auf. Ich musste dringend Adam anrufen, ehe ich ganz einschlief.
    Er hob nach dem dritten Klingeln ab. Seine Stimme klang ebenso müde, wie ich mich fühlte. »Lazarus.«
    »Adam, ich bin’s – Sabina. Ich bin jetzt da.«

    »Und wie ging es? Wie haben sie die Nachricht aufgenommen?«
    »Das war seltsam«, sagte ich. »Sie schienen mich bereits zu erwarten. Mir kam es so vor, als hätten sie schon gewusst, was passiert ist.«
    »Das würde mich nicht wundern. Nymphen haben ein unglaubliches Gespür für alles, was mit der Familie zu tun hat.«
    Ich musste einen Moment lang an Vincas Prophezeiungen denken und lächelte betrübt. »Das muss es dann wohl gewesen sein«, erwiderte ich. »Jedenfalls bin ich jetzt hier. Sie sind bereits mit der Beerdigung beschäftigt. Astrid, Vincas Mutter, meinte, das Ritual findet morgen Abend statt.«
    »Gut, dann bin ich morgen Vormittag da.«
    »Und wie läuft es bei euch?«
    Er ließ ein langes Seufzen hören. »So gut wie es das unter diesen Umständen kann. Die Familien der Toten wurden inzwischen informiert.«
    »Es tut mir sehr leid, dass ihr so viele verloren habt«, sagte ich.
    »Ich bin nur froh, dass wir sie angemessen und mit den richtigen Riten beerdigen können. Das verdanke ich dir, Sabina.«
    Sein Kompliment ließ mich innerlich zusammenzucken. »Wenn ich nicht gewesen wäre, hättest du sie wahrscheinlich retten können.«
    »Rede keinen Unsinn«, widersprach er. »Nur mit deiner Hilfe haben wir sie überhaupt gefunden.«
    Ich hörte eine gedämpfte Stimme am anderen Ende der Leitung. Jemand schien Adam zu unterbrechen. Er bat die Person, noch eine Minute zu warten, und sprach
dann wieder in den Hörer. »Sorry, aber ich muss mich jetzt mit dem Rat treffen. Ich werde aber auf jeden Fall morgen Vormittag da sein, dann können wir weiterstreiten. Einverstanden,

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